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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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sie gerade tanzte – wieder mal ein Loser, aber die Narbe an seinem Hals war irgendwie sexy –, schnappte sich ihre Hand und sagte: »Komm… ’ne Prügelei!«
    Sie hefteten sich an Mikes Fersen, und obwohl sie von der Schlägerei selbst nichts mitbekamen, sah sie, wie Julie Mike kurz darauf wegführte, während Richard sich am Barhocker hochzog. Auch andere waren ihm behilflich, und aus den Worten der Umstehenden konnte sich Andrea zusammenreimen, was vorgefallen war.
    »Er ist einfach auf den Typen losgegangen…« »Der stand da, ganz harmlos, als diese Lady ihn auf einmal anschrie, und dann kam auch schon der andere angestürmt…«
    »Er hat überhaupt nichts gemacht!«
    Andrea sah die Platzwunde an seiner Wange, das Blut im Mundwinkel, und hörte abrupt auf, ihr Kaugummi zu kauen. Sie war fassungslos. Noch nie hatte sie erlebt, dass Mike laut wurde, geschweige denn dass er jemanden angriff. Er konnte zwar manchmal ziemlich mürrisch sein, aber gewalttätig wurde er nie. Doch nun hatte sie den Beweis für das Gegenteil vor sich. Und als sich Richard schwankend hochrappelte, reagierte sie instinktiv.
Er ist verletzt! Er braucht mich!
Sie stieß ihren Begleiter weg und stürzte sich förmlich auf Richard.
    »O mein Gott… sind Sie okay?«
    Richard sah sie wortlos an, und da er leicht wankte, legte Andrea sogleich den Arm um seine Hüfte. Kein Gramm Fett am Leib, fiel ihr auf.
    »Was ist passiert?«, fragte sie und merkte, wie ihr heiß wurde.
    »Er hat mich geschlagen«, sagte Richard.
    »Aber warum?«
    »Keine Ahnung.«
    Er wankte wieder und stützte sich dann auf Andrea.
    Er legte seinen Arm um ihre Schulter. Ebenfalls muskulös, vermerkte sie.
    »Sie müssen sich hinsetzen. Kommen Sie – ich helfe Ihnen.«
    Sie machten einen zögerlichen Schritt, und die Menge vor ihnen teilte sich. Das gefiel Andrea. Es war fast, als befänden sie sich in der Schlussszene eines Films, kurz vor dem Abspann. Geschmeichelt klimperte sie mit den Wimpern, als plötzlich Leaning Joe mit seiner Prothese angehumpelt kam, um Richard ebenfalls zu helfen.
    »Kommen Sie«, bellte er. »Ich bin der Besitzer hier. Wir müssen uns unterhalten.«
    Er lotste Richard fort, und da er plötzlich die Richtung änderte, wurde Andrea abgedrängt und musste Richard loslassen. Wenig später waren die beiden Männer an einem Tisch ins Gespräch vertieft.
    Andrea, ärgerlich über die verpatzte Gelegenheit, behielt sie von weitem im Auge. Als ihr Begleiter wieder zu ihr trat, hatte sie längst entschieden, was sie tun musste.
    So einen Tag wollte Julie nie wieder erleben.
    Seit dem Morgen hatte sie ein wahres Wechselbad der Gefühle durchlebt. Insgesamt kam dieser Tag, wenn sie eine Rangliste erstellte, auf Platz eins der Kategorie Angst (schlimmer als ihre erste Nacht unter einer Autobahnbrükke in Daytona), auf Platz drei in der Sparte Verzagtheit (Jims Todestag und die Beerdigung rangierten nach wie vor auf den obersten Plätzen) und auf Platz eins, was die Kategorie allgemeine Erschöpfung anging. Hinzu kamen einige Prisen Liebe, Wut, Tränen, Gelächter, Überraschung, Erleichterung und die permanente Unruhe bei dem Gedanken, was wohl als Nächstes geschehen mochte.
    In der Küche löffelte Mike koffeinfreies Kaffeepulver in den Filter. Auf der Fahrt war er schweigsam gewesen und er sagte auch jetzt kaum etwas. Gleich nach ihrer Ankunft hatte er um Aspirin gebeten und dann vier Tabletten mit einem Glas Wasser hinuntergespült.
    Julie saß am Tisch, Singer lehnte sich an sie. Geduldig wartete er, dass sie ihm die Aufmerksamkeit schenkte, die er seiner Ansicht nach in letzter Zeit nur relativ selten bekam.
    Mike hatte völlig Recht. Das Ganze war bestimmt geplant gewesen, und mehr noch, Richard hatte ihre Reaktion mit einkalkuliert. Keine Frage. Seine Antworten, seine Lügen kamen ihm so rasch, so
glatt
über die Lippen – es konnte gar nicht anders sein.
    Und Richard hatte sich überhaupt nicht gewehrt. All dies beschäftigte sie. Besonders dieser letzte Aspekt beschäftigte sie.
    Irgendetwas ergab an der Sache keinen rechten Sinn. Mike mochte ja das Überraschungsmoment auf seiner Seite gehabt haben, aber so überraschend kam der Schlag nun auch wieder nicht. Sie selbst hatte Mike kommen sehen und sich in Sicherheit bringen können, aber Richard hatte nicht nur keinerlei Gegenwehr geleistet, er hatte sich überhaupt nicht gerührt! Wenn Richard
ihr
Verhalten vorausgesehen hatte, hätte er da nicht auch Mikes Reaktion mit einkalkuliert? Oder

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