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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Sessel sitzen. Val hat seine Füße mit einem Gürtel und die Hände mit einem Kabel gefesselt. Marek sitzt zusammengesunken da und hat eine blutige Wunde am Hinterkopf. Unter seinen Augen sind Schatten, und er wirkt abgemagert. Ich habe mich erschrocken, als ich ihn sah. Wann hat er das letzte Mal etwas gegessen? war mein erster Gedanke.
    Wir warten seit zwei Stunden, daß er aus seiner Ohnmacht erwacht. Um ehrlich zu sein, bin ich froh, daß es so lange dauert. Ich brauche Zeit zum Nachdenken, denn ich habe keine Ahnung, wie ich reagieren soll. Als mich Val weckte, war alles schon passiert — Marek saß gefesselt auf dem Sessel, und ich hatte seinen Auftritt verpaßt.
    —    Ich mache mir Sorgen, sage ich zu Val, ich will nicht durchdrehen und etwas tun, was ich später bereue.
    -    Du wirst nicht durchdrehen, beruhigt mich Val, Und du hast genausoviel Recht, wütend und enttäuscht zu sein, wie ich.
    Wut?
    Ich sehe Marek an. Ich wünschte, ich wäre einfach nur wütend oder enttäuscht. Hier geht es um Haß, puren Haß. Ich könnte ihm den Schädel einschlagen. Aber auch wenn ich Marek eine Menge Dinge antun könnte, will ich ihn erst einmal verstehen. Daran kommt er nicht vorbei. Ich will hören, was er zu sagen hat.
    Val steht am Fenster und raucht. Zwischen den hastigen Zügen an ihrer Zigarette beißt sie auf einem Fingernagel herum und sieht vom Kamin zu Marek und wieder zum Kamin zurück. Was bei mir Haß ist, ist bei ihr Nervosität.
    -Vielleicht solltest du ein wenig schlafen, schlage ich vor, Leg dich auf das Sofa, ich wecke dich dann.
    —    Und was tust du, wenn die Schnellen kommen? fragt mich Val, Du würdest es nicht einmal merken, wenn sie direkt vor dir stehen.
    Sie klingt arrogant, aber ich sage es ihr nicht. Ich habe große Zweifel, daß Marek die Schnellen einfach so rufen kann.
    -    Ich kann jetzt auf keinen Fall schlafen, sagt Val und zündet die nächste Zigarette an. Wir sind beide nervös, Marek ist ohnmächtig, und die Schnellen lassen auf sich warten.

    Ich schließe mich im Bad ein und nehme meine Brille ab. Nachdem ich mich gewaschen habe, sehe ich in den Spiegel. Ich bin noch immer ich. Keine Ahnung, was gestern abend mit mir los war. Vals Kuß kam überraschend, mein erster Impuls war Ablehnung, dann wollte ich mich plötzlich darauf einlassen. Der Gedanke an Jenni hat mich zurückgehalten. Der Rest war ein Fiasko. Seit Tagen ist der Rest ein Fiasko. Val war danach gereizt und spielte mit mir, und ich muß zugeben, daß es mich erregt hat. Ich lag lange neben ihr wach und hoffte, sie würde etwas versuchen. Ich habe auf eine zufällige Berührung gewartet, auf den kleinsten Kontakt. Dennoch habe ich mich nicht umgedreht. Ich hatte Angst vor einer Ablehnung. Mensch, ich muß auch nicht mehr richtig ticken. Kann ich deswegen Marek nicht in die Augen sehen? Was tue ich nur?

    Ich halte die Ruhe nicht mehr aus und gehe ins erste Stockwerk, um weiterzuarbeiten. Ich bin gerade dabei, den Schlafzimmerboden fertigzustellen, als Val mich ruft. Ich höre sie unten mit Marek reden. Vor der Küche treffe ich auf sie.
    -Alles okay?
    —    Ja, sicher, flüstert sie, Aber ich bin froh, daß er festgebunden ist. Du solltest mit ihm reden, mich beschimpft er nur.
    Während Val Wasser aus der Küche holt, betrete ich das Wohnzimmer. Marek wird vom Feuer beleuchtet. Seine Augen sind wach, er reibt die Hände aneinander, um das Kabel um seine Handgelenke zu lockern.
    —    Hallo, Theo, begrüßt er mich.
    Ich sehe ihn an und warte. Ich habe Angst vor meiner Reaktion. Es ist jetzt schlimmer. Wach ist er echt, wach ist er die wirkliche Bedrohung und nicht eine Alptraumgestalt.
    —    Wie geht es deinem Kopf? frage ich, obwohl mich sein Kopf keinen Zentimeter interessiert.
    —    Schmerzt. Aber schlimmer sind die Fesseln. Er hebt Füße und Hände an.
    —    Bitte, mach mich los. Val ist völlig durchgedreht. Ich war
    in Kassel und---
    Val kommt mit einem Glas Wasser herein. Marek sieht sie an. Sein Blick ist merkwürdig. Ängstlich und fragend zugleich. Er trinkt das Glas leer. Val tritt zwei Schritte zurück, wir sehen Marek an, Marek sieht uns an.
    —    Könntet ihr mich jetzt losbinden? fragt er.
    —    Es tut mir leid, sage ich und muß mich räuspern, weil nur ein Krächzen rauskommt.
    —    Wir können dich nicht losbinden, spreche ich weiter, Du bist zu gefährlich.
    Marek verzieht das Gesicht.
    —    He, mal langsam, mal ganz langsam. Was heißt

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