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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Wunden meines Körpers reagieren auf den Moment und be-ginnen zu jucken. Ich habe keine Angst. Es ist ein schönes Gefühl, wieder da zu sein.
    Ich befreie mich aus dem Schlafsack und stehe auf. Das Feuer wirft meinen Schatten über den Boden und an die Wände. Ich fülle den gesamten Raum aus. Meine Finger zucken, so ungeduldig bin ich.
    Ein Scharren erklingt, dann fallt ein Lichtstreifen durch eines der Fenster und verlischt. Rascheln ist im Schnee zu hören. Etwas wischt über das Fensterglas, sucht einen Eingang, sucht weiter.
    Ich warte.
    Als ich mich bewege, geht es so schnell, daß meine Füße den Boden kaum berühren. Ich gleite über die Dielen zum Fenster und öffne es. So schnell ich zum Fenster gekommen bin, so schnell kehre ich wieder an meinen Platz vor dem Kamin zurück. Ich habe die Kälte des Zimmers kaum gespürt und warte weiter.
    Kommt, kommt doch endlich.
    Schatten füllen das Fenster, etwas Dunkles gleitet herein, und ein Mann steht im Raum. Er ist von Kopf bis Fuß eingeschneit. Als er sich schüttelt, steigt Schnee von ihm auf und schwebt wie dichter Staub in der Luft.
    —    Hier seid ihr also, sagt Marek und kommt näher. Er tritt durch die schwebende Schneewolke und öffnet seinen Mantel. Hinter ihm sinkt der Schnee langsam zu Boden.
    —    Ich wußte, daß du uns findest, sage ich,
    —    Ihr habt es mir auch nicht schwer gemacht.
    Marek sieht sich um.
    —    Habt ihr es durchschaut, oder war das Zufall?
    —    Ich habe es durchschaut, antworte ich, Theo hatte keinen Schimmer. Ich kam darauf, als Bettina auf dich gezeigt hat. Der Rest paßte dann zusammen. Bettina hat es losgetreten, dabei war es eigentlich die ganze Zeit offensichtlich.
    Marek breitet die Arme aus, als wollte er sagen, was soll ich machen, so ist es nun mal.
    —    So ist es nun mal, sagt er und zieht sich den Mantel aus. Er wirft ihn über einen Stuhl und streicht sein Haar zurück.
    —    Und jetzt? frage ich.
    —    Jetzt beenden wir das Ganze, antwortet Marek und ist verschwunden.
    -Wo...
    Ich spüre ihn hinter mir. Ein Arm legt sich um meinen Bauch, der andere quer über meine Brust.
    —    Du fühlst dich gut an, sagt Marek.
    Ich will ihn von mir stoßen, ich will ihm den Ellenbogen in die Rippen rammen, da steht er wieder am Fenster.
    —    Zu langsam? fragt er, Soll ich das alles noch mal in Ruhe für dich wiederholen? Schritt für Schritt?
    —    Nein danke, sage ich und bringe das Sofa zwischen uns.
    Marek lacht.
    —Als ob du eine Wahl hättest.
    Er steigt über den schlafenden Theo und bleibt vor dem Kamin stehen, um sich die Hände zu wärmen.
    —Was ist, wenn Theo wach wird?
    -Was soll dann sein? fragt Marek zurück, Ich erzähle ihm, wie ich euch gesucht und hier gefunden habe. Denkst du, ich komme ohne eine gute Geschichte hierher?
    Er steht im nächsten Moment neben mir. Seine Hände legen sich glühend heiß um mein Gesicht.
    —    Denkst du, er könnte dir helfen? Mh, denkst du das? Theo erwacht, schnappt sich Marek, und die Geschichte ist vorbei? Denkst du das wirklich?
    Ich will nicken, kann aber meinen Kopf nicht bewegen.
    —    Ich könnte deinen Kopf knacken wie eine Nuß, sagt Marek. Ich stoße ihn vor die Brust, so daß er meinen Kopf freiläßt und nach hinten taumelt.
    -    Wirst du aber nicht tun, sage ich, Denn ihr traut euch nicht an mich heran. Ich bin in Sicherheit.
    -    Oh, was macht dich denn sicher? Nur weil du in der Sauna verschont wurdest, heißt das noch lange nicht, daß du tabu bist. Für mich ist nichts tabu.
    Ich sehe zwar sein Gesicht deutlich, kann aber seiner Mimik nicht folgen. Es geht zu schnell. Mal lächelt er, mal verzieht er die Mundwinkel spöttisch nach unten, mal sieht er mich fragend, dann wieder wütend an.
    -    Langsamer, sage ich.
    -Langsamer geht nicht, antwortet er und sitzt auf dem Sessel, Willst du nicht zu mir kommen?
    Ich begreife erst in dem Moment, daß ich nackt vor ihm stehe. Erschrocken greife ich mir Theos Pullover vom Sofa und ziehe ihn über. Er ist lang genug, um meine Scham zu bedecken.
    -Wieso bist du nach Kassel gefahren? frage ich.
    -    Ah, Kassel, sagt Marek, Kassel war ein Fehler. Woher sollte ich wissen, daß du Gerald anrufst? Sehr clever. Aber es wurde so oder so Zeit, diese Geschichte zu beenden. Du verstehst doch, daß es nur eine Geschichte ist. Nichts Besonderes. Eine von vielen.
    -    Meine Geschichte, sage ich.
    -Wenn es dich stolz macht, ja, deine Geschichte.
    -

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