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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Flammen, dann nehme ich den Kessel vom Kamin und gieße in der Küche frischen Tee auf. Es sind kleine, banale Handgriffe, an die ich mich klammere. Dort in der Küche, dort am Tisch mit einer Zeitschrift vor mir, die mich nicht interessiert. Val taucht imTürrahmen auf und sagt, sie würde sich hinlegen.
    —Weckst du mich in einer Stunde?
    -    Natürlich, sage ich und bin froh, daß sie schlafen will. Ich höre sie auf dem Sofa, dann ist es drüben still. Ich gieße mir Tee nach und lese einen Absatz zum vierten Mal, ohne zu
    wissen, was da steht. Ich sollte rausgehen oder einfach den Kopf kurz aus dem Fenster halten, aber ich bin müde und zu faul, um irgend etwas zu tun. Die Kerzen haben die Küche aufgeheizt, es ist warm. Ich kann sogar meine Zehen spüren und streife die Stiefel ab, lege die Brille zur Seite und reibe mir übers Gesicht. Ich will die Augen nur für einen Moment schließen. Dann will ich aufstehen und etwas tun. Holz holen oder nach dem---

3

    Schon beim Erwachen weiß ich, daß etwas passiert ist.
    Die Uhr in der Küche zeigt halb neun. Ich habe eineinhalb Stunden geschlafen. Im Wohnzimmer ist das Feuer heruntergebrannt. Auch der Großteil der Kerzen ist verloschen.
    Val schläft auf dem Sofa, Marek hebt den Kopf, als ich hereinkomme. Wir haben kurzen Blickkontakt, dann senkt er das Kinn auf die Brust.
    -    Möchtest du was trinken? frage ich.
    -    Nein. Du könntest mich aber befreien und diesen verdammten Irrsinn beenden.
    Ich gehe an ihm vorbei zum Kamin und hocke mich davor, um Holz nachzulegen. Genau in diesem Moment fällt mir auf, was anders ist. Das Jagdmesser ist von meiner Hüfte verschwunden. Ich gehe in die Küche. Da liegt es auch nicht. Ich schaue oben nach. Habe ich es beim Arbeiten abgelegt?
    Die Taschenlampe in meiner Hand zittert, das Messer liegt nicht oben. Ich renne runter. Val ist von meinem Lärm wach geworden und streckt sich. Ich kniee vor dem Sofa nieder und taste nach der Axt darunter.
    -    Ich hab’s dir doch gesagt, sagt Marek.
    -Was? frage ich.
    -Daß es keine so gute Idee ist, die Axt unters Sofa zu tun.
    —Was ist passiert? fragt Val.
    —Wo ist dein Messer?
    -Auf dem ...
    Sie verstummt, ich folge ihrem Blick zum leeren Couchtisch.
    Wir durchsuchen das Haus. Die Schubladen in der Küche, das Werkzeug neben der Eingangstür. Keine Messer, keine Schraubenzieher, keine Axt. Sogar der Hammer ist verschwunden.
    -    Ich ... ich versteh das nicht, sagt Val und reibt sich nervös die Arme, Sie können doch noch nicht dagewesen sein, ich meine ... Ich hätte das doch gemerkt, oder?
    -    Ja, sicher, sagt Marek, Wahrscheinlich haben sie vergessen, dich zu wecken.
    -    Könntest du ruhig sein?! fahre ich ihn an und sage zu Val, Wenn sie da waren, haben sie Spuren hinterlassen.
    Ich gehe in die Küche, um mir die Stiefel anzuziehen. Als ich wieder ins Wohnzimmer komme, sitzt Val in Mantel und Schal auf dem Sofa.
    -    Ich bleibe nicht allein mit ihm hier, sagt sie.
    Ich nicke und hole eine zweite Taschenlampe aus der Küche.

    Es hat aufgehört zu schneien, nur der Wind weht unverändert. Wir steigen durch das Fenster und umrunden das Haus. Nichts. Keine einzige Spur, nur vereinzelte Abdrücke von Vogelkrallen sind zu sehen, das ist alles.
    -    Ihre Spuren könnten längst verweht worden sein, wir wissen ja nicht, wann sie da waren.
    -    Sag das nicht, sagt Val, Ich will nicht, daß sie da waren.
    -Auf jeden Fall war jemand da.
    -Vielleicht hat sich Marek befreit und---
    -    Dann wäre er doch längst abgehauen, unterbreche ich sie und leuchte in die Nacht hinaus. Der Lichtstrahl reicht nicht weit, ein paar Meter nur, bevor er von der Dunkelheit verschluckt wird. Val fummelt eine Zigarette aus ihrem Mantel und kehrt dem Wind den Rücken zu.
    -    Ich habe Angst, sagt sie und dreht sich wieder um. Sie muß es nicht sagen. Die Angst ist deutlich in ihren Augen zu sehen.
    —    Du solltest dein Medikament nehmen, sage ich, Wenn die Schnellen schon da waren, gibt es keinen Grund, daß du mir eine Panikattacke bekommst.
    Sie gibt mir recht, zieht an ihrer Zigarette, sieht zum Haus.
    -    Ich wünschte, es wäre vorbei. Auch wenn ich nicht weiß, was vorbei sein soll, wünsche ich es mir. Es ist...
    Sie sucht nach den Worten.
    —    ... so anstrengend, Theo. Es war kein guter Plan. Ich meine, wer sind wir beide schon gegen ...
    Val erstarrt.
    -Oh...
    —Was ist?
    -Das Licht.
    -Was?
    Jetzt sehe ich es auch. Das Licht im

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