Du Durchschaust Mich Nicht
Magiern hinweg
das
Hilfsmittel, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu lenken. Ich empfand schon als Jugendlicher das Hantieren mit einem Zauberstab als zu künstlich und theatralisch. Ich habe meine Arme, Hände, Finger, ich kann mit dem Kopf in eine Richtung deuten, wozu also dieses veraltete Requisit bemühen.
Bewegungen, Haltung, Gestik, Mimik
Ich selbst habe nie Schauspielunterricht genommen, weil es für mich nicht darauf ankommt, dass ich möglichst viele verschiedene Rollen verkörpern kann. Ich werfe aber sowohl im Theater als auch im Kino und zu Hause beim Filmgucken oft einen intensiven Blick auf die Arbeit der Schauspieler. Dabei achte ich sehr genau darauf, welche Bewegungen, Gesten sie in welchen Szenen machen und wie sie ihre Mimik einsetzen.
Um Lichtstimmungen, Orte oder Kunstwerke – eben alles, was inspirieren könnte – zu archivieren, mache ich meist Bilder oder notiere bzw. diktiere ins Handy. Sogar Notizzettel mit Stichworten fotografiere ich ab und sammle sie digital als Bilddatei. Dann probiere ich eine Stimmung an geeigneter Stelle aus, wenn ich sie in eine Illusion einbauen möchte.
Wenn mich zum Beispiel die Figuren in einer Filmszene besonders berührt haben, dann schaue ich mir jede Einstellung genau an. Wodurch vermitteln sie die Emotionen? Wie ist der Blick? Wie die Haltung des Körpers? Wie bewegt sich die Figur?
Glaubhaft wird das Schauspielern dadurch, dass jede auch noch so kleine Bewegung und Geste motiviert ist und zum Inhalt der Szene passt. Und das gilt auch auf meiner Bühne. Jeder Handgriff, jeder Blick muss motiviert sein, natürlich abgesehen von den Bewegungen, die im Verborgenen, also abseits der Aufmerksamkeit der Zuschauer, passieren und gar nicht wahrgenommen werden sollen. Es muss nachvollziehbar sein, wieso ich eine sichtbare Bewegung mache. Unnötige Bewegungen sind unbedingt zu vermeiden, sie stören den Gesamteindruck empfindlich.
Bewegungen sind auch hilfreich, um damit anderes zum Verschwinden zu bringen. Ein Faden, der zum Beispiel bei einer Variante der schwebenden Kugel eingesetzt wird, ist manchmal auch aus großer Entfernung noch zu sehen, selbst wenn der Faden die gleiche Farbe hat wie der Bühnenhintergrund. Wenn der Magier aber seine Arme bewegt, dann lenkt die Bewegung von dem Faden ab, und das heimliche Requisit ist für die Zuschauer nicht zu erkennen.
Deshalb ist es auch so wichtig, eine bewusste Körperhaltung zu haben. Wenn ich beispielsweise mit dem Kopf oder einer Hand in eine Richtung deute, in die ich die Aufmerksamkeit der Zuschauer lenken möchte, dann sollten meine Füße nicht in eine andere Richtung zeigen. Unser ganzer Körper verrät etwas über uns, und je harmonischer alles zusammenspielt, desto glaubwürdiger ist man.
Improvisationsfähigkeit
In einer Illusion, die vielleicht gerade mal drei Minuten dauert, kann ich nicht lange darauf hinarbeiten, dass eine Stimmung entsteht, ich muss sie durch kurzfristig verfügbare Mittel oder gekonnte Technik im Moment erzeugen. Daher braucht es auch schauspielerische Improvisationsfähigkeit sowie rhetorische Schlagfertigkeit.
Dafür wiederum muss man hundertprozentig konzentriert sein, alle Antennen ausgefahren haben, ohne jedoch angespannt zu wirken. Alles muss leicht und locker aussehen, von einer auf die nächste Sekunde muss ich manchmal eine neue Richtung einschlagen, die Illusion auf einem anderen Weg produzieren, als ich es anfangs geplant habe. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, wie ich es vor dem Publikum präsentiere: In manchen Situationen ist es für den Verlauf der Illusion günstiger, wenn es so aussieht, als würde alles ablaufen wie geplant. Oftmals spiele ich aber auch gern mit dem ungewissen Fortgang einer Illusion, dann lasse ich das Publikum daran teilhaben, dass eine Illusion im Entstehen ist und, weil sie Teil davon sind, sie auch bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen, wie die Nummer abläuft.
Einmal fragte mich der Veranstalter einer Gala-Show, ob diese neu sei, weil es so ausgesehen habe, als ob ich das meiste improvisiert hätte. Er sei das von Zaubershows, wie er sie kenne, gar nicht gewohnt.
Ich musste schmunzeln, denn genau das ist mein Ziel: Ich »spiele« meine Magie so, dass es improvisiert und spontan aussieht!
Als Magier bin ich Schauspieler, Entertainer, also Unterhaltungskünstler. Und weil du vielleicht noch nicht in einer Show von mir warst, beschreibe ich dir einmal, wie so ein Abend losgehen kann:
Im Zuschauerraum und auf der Bühne
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