Du Durchschaust Mich Nicht
Schraubendreher leicht zu öffnen war. Auf alt getrimmt, sah sie wie jede andere leicht verwitterte Streusandkiste aus. Mit mehreren Säcken Granulat und einem Miniempfänger lud ich sie in meinen Transporter und fuhr erneut zu der kleinen selbstangelegten Baustelle. Weil der neue Beton deutlich heller aussah als der Rest, kehrte ich etwas Erde darüber, Problem gelöst, Streusandkiste mit Granulatfüllung darauf und fertig.
Ich ließ nicht viel Zeit vergehen und schickte meine ersten Anweisungen für die neue Geldübergabe an den Karstadt-Konzern. Und bald darauf stapfte ich durch die unterirdischen Kanäle zu meinem Kanaldeckel aus Holz. Die Präsentation der Illusion hatte begonnen. Mit Hilfe eines Funkmikrophons konnte ich hören, wenn sich in der Kiste etwas tat. Ich musste nicht lange warten.
Du, ich dachte schon, prima, hat alles geklappt, und schlug mit einem Hammer gegen die zwei Zentimeter dicke Betondecke. Das war eindeutig zu laut. Ich war selbst erschrocken darüber. Und dann hörte ich wieder ein Buddeln in der Kiste und bin weggerannt. Durch ein paar feuchte Gänge. Als längere Zeit alles still war, bin ich zurück. Und diesmal habe ich die dünne Betonschicht mit dem Kopf und den Schultern eingedrückt.« Jetzt guckt er mich an.
»Und?«, frage ich.
Arno Funke scheint sich selbst bestens zu amüsieren. »Die Illusion war wohl perfekt gewesen, alles täuschend echt! Bis auf den Inhalt der Tüte. Im Lichtkegel meiner Taschenlampe erkannte ich, dass es wieder bloß weiße Papierschnipsel waren. Ich konnte das erst gar nicht glauben, dass die sich das getraut haben.«
Die Kunst der Ablenkung beherrschte Dagobert. Nur bei seiner Frau, einer Philippinin, kam der Verdacht auf, dass er sie betrüge, weil er so viel unterwegs war und wenig über seine Arbeit als Schildermaler und Fotograf erzählte. Sie hatte keinen blassen Schimmer, dass sich hinter ihrem Ehemann und dem Vater ihres Kindes der größte Erpresser Deutschlands verbarg. Arno Funke ging dieses Aufrechterhalten einer doppelten Identität an die Nieren. Sein Sohn war ihm wichtig, aber die ewigen Geldprobleme trieben ihn dazu, immer wieder an eine Geldübergabe zu glauben und sich neue Vorgehensweisen auszudenken.
Doch die sowieso angeschlagenen Nerven machten ihm zu schaffen; Arno Funke war immer wieder schwer depressiv und hatte sich seine Nerven auch als Kunstlackierer in der Kfz-Werkstatt eines Freundes geschädigt, wo er regelmäßig Lösungsmitteldämpfe eingeatmet hatte. Weil er es als Künstler nie zu etwas gebracht hatte, wollte er diesmal an seinen Erfolg glauben, an eine Geldübergabe, die gelingt.
Aber auch die Polizei täuschte ihn immer wieder, und so zog sich die Erpressung von Karstadt weit über ein Jahr in die Länge. »Ich war am Ende völlig durch den Wind«, meinte er zu mir.
Der Richter im späteren Prozess hatte die Polizeibeamten gefragt, ob denn überhaupt eine Übergabe hätte klappen können. Und sie sagten, dass sie das zu verhindern gewusst hätten. Somit gaben sie in gewisser Weise zu, die Menge an Anschlägen auch provoziert zu haben. Was sich günstig für Dagobert auswirkte: Zwar hatte es bei einer Detonation zwei Personen erwischt, sie waren allerdings nur leicht verletzt worden.
Dagobert hat sich lange nicht durchschauen lassen, dann wurde er unvorsichtig und gefasst. Und ich habe am Ende des Interviews zwei Flieger verpasst – es hat sich gelohnt!
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Kapitel Fünf: Werde selbst ein Meister der Ablenkung: Sich durchschauen lassen war gestern!
S tell dir vor, du bist schrecklich aufgeregt vor einem Vorstellungsgespräch, aber dein hoffentlich neuer Chef soll das nicht merken. Oder du bist in eine Kollegin verliebt, aber im Betrieb ist es ein stilles Gesetz, dass man Privates und Beruf zu trennen hat. Manchmal ist es besser, seine Gefühle nicht zu zeigen. Menschen, die deine Situation zu ihrem Vorteil ausnutzen könnten, sollen gar nicht erst verspüren, was dich bewegt.
Mit Hilfe von Ablenkung kannst du verbergen, was du nicht von dir preisgeben möchtest. Und wenn du dann noch dein Wirken und Handeln auf das konzentrierst, was du erreichen willst, kommst du fast spielerisch ans Ziel. Im Folgenden erzähle ich dir von Begebenheiten und Ereignissen, die auf diese oder ähnliche Weise passiert sind, und gebe dir Tipps, wie du selbst ein Meister der Ablenkung werden kannst.
Wer sich ablenken kann, wird belohnt!
Vorschulkind, 6 Jahre
Ich darf heute in den »Überraschungsraum« unserer Krippe,
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