Du gehörst zu mir
blickte zum Seitenflügel, wo Mr. Scott auf seinen Auftritt wartete. Er bot einen faszinierenden Anblick in seiner eleganten Garderobe, wie er entspannt und doch beherrscht hinter dem Vorhang stand.
Plötzlich dachte Madeline daran, dass man in hundert Jahren in den Geschichtsbüchern von ihm lesen und sich fragen würde, wie seine Darstellungskunst gewesen sein musste. Niemals könnte man mit Worten seine Stimme mit ihrem tiefen, sonoren Klang oder sein außergewöhnliches Talent beschreiben. Logan Scott schien zwei unterschiedliche Persönlichkeiten zu verkörpern: den distanzierten Geschäftsmann und den gefühlsbetonten Schauspieler, der sich während jeder Vorstellung total verausgabte. Mrs. Florence hatte recht gehabt – die Bühne war der richtige Ort, um sich ihm zu nähern.
Logan, der die Probe aus der Seitenkulisse beobachtete, wurde von aufkeimender Verärgerung übermannt. Zum Teufel mit Julia und ihrem Vorschlag, Madeline vorübergehend für Arlyss einspringen zu lassen … zum Teufel mit Arlyss und ihrer Zweitbesetzung, jetzt unbedingt krank werden zu müssen … zum Teufel mit ihm und seiner so starken Faszination für Madeline, dass er beinahe seinen Text vergaß. Wer wollte Charles Haversley seinen Mangel an Konzentration vorwerfen? Logan bezweifelte, dass es ihm auch nur einen Deut besser ergehen würde. Wenn er Madeline in ihrem durchsichtigen Gewand gegenübertrat, würde er am liebsten in die Knie gehen und sein Gesicht in ihrem Busen vergraben. Sie wirkte so jung und frisch, ihr heller Teint schimmerte wie Porzellan. Aber es war nicht allein ihre Schönheit, die ein solches Verhalten provozierte; es war der verzehrende Wunsch, sie den bewundernden Blicken der anderen zu entziehen …. sie als einziger zu besitzen.
Irgendwie hatte sich Madeline in sein Leben eingeschlichen und ihn gezwungen, Kenntnis von ihr zu nehmen, und jetzt gab es kein Zurück mehr. Nachdem er die Vorstellung, sie zu verführen, weit von sich gewiesen hatte, war sie zum Mittelpunkt seines Denkens und Fühlens geworden. An jeder anderen Frau störte ihn mittlerweile irgend etwas, und es trieb ihn beinahe in den Wahnsinn dass er sich unbewusst nach Madelines Nähe sehnte. Ständig dachte er daran, wie es wäre, sich ihrer jugendlichen Energie hinzugeben. Sie animierte ihn zum Spiel, zur Rückbesinnung auf eine Kindheit, die er nie gehabt hatte … und das war bislang noch keiner seiner Geliebten gelungen.
Er kochte innerlich vor Verärgerung und war bereit die Szene sofort zu beenden. Als er seinen Einsatz hörte, nahm er die ihm von einem Bühnenarbeiter gereichte Flasche und schwenkte sie in seinen Händen, während er die Bühne betrat. Die anderen Schauspieler hatten sich entfernt und ihm und Madeline das Feld überlassen.
Als trauernder Witwer sollte er einen Betrunkenen mimen, was keineswegs einfach war. Die meisten Schauspieler neigten dazu, diese Rolle zu überziehen oder, was noch schlimmer war, sie nicht deutlich genug herauszustellen.
Diese Aufgabe verlangte ein überaus hohes Maß an darstellerischem Können, um überzeugend zu wirken. Logan zwang sich zur Konzentration und ahmte die fahrigen Bewegungen und den schlurfenden, unsicheren Gang eines dem Alkohol verfallenen Mannes nach.
Er setzte sich auf einen riesigen Eichenstuhl vor einer Kulisse, die eine Bibliothek darstellte. Seine Gedanken voll und ganz auf seinen Text konzentriert, setzte er zu einem längeren, von beißender Ironie und tiefer Verzweiflung geprägten Monolog an.
Mitten in diesem Monolog spürte Logan, dass Madeline hinter ihn getreten war und ihre schlanken Hände auf die Stuhllehne legte. Die Inszenierung sah vor, dass sie sich über ihn beugte und während seiner Gesprächspausen sanft auf ihn einredete.
Logan bewegte sich nicht. Er war sich ihres an seinen Stuhl geschmiegten Körpers, ihres Geruchs, dem Gefühl ihres Atems auf seiner Haut bewusst.
Schweißperlen traten auf seine Stirn. Eine ihrer langen goldbraunen Locken berührte seine Schulter und kitzelte seinen Nacken. Ein schmerzhafter Druck lastete auf seiner Männlichkeit. Er spürte seine Erektion, eine unbändige Lust die seinen Körper zu verzehren schien.
Logan hielt es nicht mehr aus. Mitten im Satz brach er genau wie Charles ab …
allerdings war ihm nicht zum Lachen zumute.
Im Theater war es mäuschenstill. Logan versuchte sich zu sammeln; ihm war klar, dass ihn das Ensemble beobachtete. Vielleicht dachten sie, dass er eine Zeile vergessen hatte, was ihm
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