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DU HÖRST VON MIR

DU HÖRST VON MIR

Titel: DU HÖRST VON MIR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luis Algorri
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natürlich nicht.
    Ich hab's nicht vergessen.«
    »Und? Was denkst du?«
    José rauchte, schaute auf die Felsen.
    »Nichts. Ich denke nicht darüber nach... ich meine, doch ich denke natürlich. Ich meine, es ist nicht der Rede wert, oder?
    So was kommt unter Freunden eben vor, oder? Das hat aber nichts zu bedeuten, das heißt nicht, dass... Na ja, du weißt schon.«
    »Ja. Hast du so was schon mal vorher gemacht?«
    »Niemals, nein.«
    Und dann passierte es. Es war ein bodenloses Fettnäpfchen, ich weiß. Aber ich schwöre, dass mir die Frage wie von selbst, unschuldig, unüberlegt über die Lippen kam. Es war einer jener Momente, in denen der Kopf das eine denkt und die Zunge das andere sagt.
    »Und? Würdest du es wieder tun?«
    José schaute mir brüsk in die Augen. Seine Miene blieb unbewegt, aber tief im Blick lag etwas Wildes, Schreckliches.
    »Klar, wieso nicht?«
    Ich schluckte.
    »Nein, du hast mich falsch verstanden. Ich meinte...«
    »Ich weiß, was du meintest. Und ich habe dir gesagt, ich habe kein Problem damit. Klar?« Er zog lang an der Zigarette und schnippte sie weit von sich, »Aber setz nicht so einen Blick auf, verdammt...« Er lächelte mich ruhig an und gab mir einen leichten Klaps auf die Schulter. »Los und jetzt komm, sonst wird's ganz finster«, sagte er und stand auf.
    Wir wanderten weiter. José war wie verändert. Er wurde plötzlich ganz merkwürdig gesprächig, lachte, stellte mir Fragen über die Felsspitzen, die uns zu überwachen schienen, über die Entfernung zum Fluss, über den Regenschirm-Pedro aus Caín, er zwang mich zum Reden und riss Witze. Ich hatte nur wissen wollen, ob er es sich überhaupt vorstellen konnte, Liebe, Sex oder wie er immer er es nennen möchte, mit einem Jungen zu machen; irgendwann, irgendwo, mit irgendwem. Aber ich hatte meine Frage so ungeschickt gestellt, dass er sie als sofortigen Vorschlag verstanden hatte, für heute Nacht, zwischen ihm und mir. Und er hatte Ja gesagt.
    Mein Stolz war am Boden zerstört. Ich verzehrte mich nach ihm, aber ich schwor mir hundert, tausend Mal, dass ich heute Abend um nichts in der Welt keine Faser seiner Kleidung  auch nur flüchtig streifen würde. Das war es nicht, in keinster Weise war es das, wovon ich träumte. Ich wünschte mir sehnlichst, versuchte und bemühte mich, dass er mich lieben möge, aber keinesfalls würde ich von ihm schnellen Sex erbetteln. Ich wollte Liebe, keine Almosen. Da gab es keine Kompromisse.
    »Warum bist du denn auf einmal so schweigsam, Herr Lehrer? Uiii, und so ernst...«
    »Bin ich schweigsam?«
    »Warte, komm, ich mache mal ein Foto von dir.«
    »Es ist doch viel zu dunkel, José.«
    »Wieso? Mit Blitz... Sag, hat diese Spielzeugkamera einen Selbstauslöser?«
    Die Kamera, auf einen Stein gestellt, lichtete das Bild ab: Ich, wie ein Idiot mit verkrampftem Lächeln, mit vor den angezogenen Knien verschränkten Armen; José breit grinsend und mit dem Arm um meine Schulter, sein Gesicht so nah an meinem.

    »Gibt es Kerzen?«
    »Kerzen? Klar, mein Junge, hier sind die Kerzen. Wie viele sollen's denn sein?
    »Zwei von den langen. Na, besser drei.«
    »Bitte sehr, drei lange Kerzen. Braucht ihr sonst noch etwas?«
    »Eine Flasche Ballantine's.«
    »Eine Flasche was?«
    Die Señora Casilda, riesenhaft hinter dem Ladentisch, immer schwarz gekleidet, hörte schwer. Ich versuchte, José aus dem Laden zu schleifen.
    »Nichts weiter. Hören Sie nicht auf ihn. Los jetzt. Komm, wir gehen.«
    »Nein, nein«, José zeigte mit dem Finger auf das Regal,
    »eine Flasche Whiskey, bitte, diese dort.«
    »Ihr macht wohl ein Fest, was? Na, mir soll's recht sein.
    Aber treibt es nicht zu bunt. Ei, diese Jugend... Also was haben wir da denn nun? Zwei Dosen Muscheln, Sardellen, Brot, die Zigaretten, die Kerzen, die Flasche... macht zusammen...«
    Wir zahlten. José wartete nicht einmal, bis wir aus dem Dorf raus waren, bevor er die Whiskeyflasche öffnete und sich einen ersten Schluck in die Kehle goss, worauf ihn ein Hustenanfall schüttelte. Ich fing an, mir Sorgen zu machen.
    »Sag mal, was soll denn das? Wozu brauchen wir denn den Whiskey?«
    »Na, die Señora hat es doch schon gesagt: wir machen heute ein Fest, oder nicht?«
    »Wenn du meinst... aber warte, bis wir oben sind. Wenn du noch so einen Schluck nimmst wie den eben, wirst du vom Weg abkommen.«
    »Ja, o.k.... Sag mal, woher nehmen wir das Feuerholz?«
    »Was für Feuerholz?«
    »Du hast gesagt, wir machen heute Abend ein Lagerfeuer.«
    Ich

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