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DU HÖRST VON MIR

DU HÖRST VON MIR

Titel: DU HÖRST VON MIR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luis Algorri
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Vernunft, ihn nicht streicheln zu wollen; besessen, ihn nicht streicheln zu dürfen, klammerte sich an den letzten klaren Gedanken, ihn nicht anzufassen. Meine Hand jedoch strafte mich Lügen, verhöhnte mich, so wie  schon an diesem Morgen. Sie näherte sich seinem Körper ungestüm und ohne zu zögern, wurde magisch von seiner Haut angezogen, mir einredend, dass diese Berührung immer noch die eines Kindes war, die einer Eidechse, eines unlöschbaren Feuers, der letzte Rest meines Widerstandes gegen die Liebe, die mich überwältigte, die mich überspülte wie eine Welle ein Loch im Sand. Hör auf, lass ihn! Lass deine Finger von ihm. Ein neuerlicher kleiner Kuss, der meine Nase, meinen Mund und meine Augen in sein schwarzes Haar versenkte. Und noch ein Kuss, und noch einer.
    »Nein«, hörte ich ihn sagen, »mach es wie heute Morgen.«
    »Was sagst du?«
    »In der Hose«, seine Stimme war kaum hörbar, »streichele mich da, das war sehr geil, wie du das gemacht hast.«
    Ich wurde puterrot. Tu es nicht, tu es nicht, hörte ich die Stimme irgendwo aus meinem Inneren, immer schwächer.
    Sag Nein, sag ihm, dass ihr besser schlafen geht, dass ihr betrunken seid, todmüde, während meine Hand langsam, unaufhaltsam an seinem Arm, seiner Flanke, seinen Bauch wanderte, bis meine Finger seine Hose erreichten und begannen am Bund endlang von einer Seite zur anderen zu streicheln, mit bitterer Süße, mit brennendem Durst, mit einem schuldbeladenen Zittern. Meine Augen beobachteten, wie meine Finger mir nicht gehorchten und langsam über den warmen, pochenden Bauch von José wanderten, mit welcher Langsamkeit sie den Bund seiner verschlissenen Jeans entlangstrichen, wie sich das Glied Josés heftig versteifte, der Seufzer, mit dem sich seine Lungen entluden, seine geschlossenen Augen.
    »Ich habe noch nie einen Jungen geküsst«, flüsterte er.
    »Ich weiß, mein Kleiner.«
    »Also ich habe all das noch nie mit einem Jungen gemacht.  Nur das heute Morgen.«
    »Das hast du mir schon gesagt. Komm, schlaf jetzt, du bist hundemüde. Ich decke dich zu, oder?«
    Er öffnete die Augen und sah mich durchdringend an. Das flackernde Licht des Feuers ließ mich erkennen, wie der Alkohol seinen sonst so klar strahlenden Blick trübte.
    »Mann, was hast du denn?«
    »Ich hab nichts, José.«
    »Na und, küsst du mich jetzt oder nicht?«
    »Nein, Bonaparte«, seufzte ich und lächelte ihn mit einer unendlichen Traurigkeit an. »Ich werde dich nicht küssen.«
    »Was ist denn los? Jetzt willst du auf einmal nicht mehr, oder was?«
    »Richtig. Ich will nicht.«
    Seine Bewegung war so schnell, dass ich nicht einmal Zeit hatte, mich zu rühren. Er packte mich von hinten mit beiden Händen am Nacken und zog meinen Kopf zu sich. »Du bist ein Idiot«, er spuckte mir ins Gesicht, lächelnd dabei, mit halb heraushängender Zunge, die mich fast berührte, »du bist ein Scheißidiot.«
    Er zog meinen Kopf weiter runter, umfasste ihn mit beiden Händen und küsste mich wild, biss mich fast. Unser erster Kuss, der allererste. Aber doch nicht so, mein Gott; so hätte unser erster Kuss nicht sein dürfen. Ich sah plötzlich rot. Ich machte mich aus seiner Umarmung frei, brutal, wütend, schubste ihn, kniete mich auf das Gras, packte ihn unter den Achseln, wie eine Puppe, zog ihn zu mir heran, zog ihn am Genick zu mir herauf, sein Kopf schwankte, ich sah sein Gesicht, seine Lippen, seine verlorenen Augen eine Handbreit von meinen entfernt.
    »Du hast es dir so ausgesucht«, brüllte ich heiser, »wenn du es schon machst, dann mach es wenigstens gut.«
    »Ja, entschuldige«, hörte ich ihn kraftlos sagen.
    Ich fuhr langsam mit meinen Lippen über seine zitternden, trockenen Lippen. Leckte sie mit der Zunge ab, benetzte sie mit meinem Speichel. Dann zwang ich ihn, seinen Mund zu öffnen und leckte mit meiner Zunge ganz langsam hinein und suchte seine Zunge. José kam mir leidenschaftlich mit seinem Mund entgegen, drückte ihn auf meinen Mund und stieß mir seine Zunge fast bis ans Zäpfchen, heftig an meiner Zunge saugend, erfüllte meinen Mund mit seinem alkoholisierten Speichel. Ich machte mich frei und fuhr ihn an: »So nicht.
    Zarter, vorsichtiger, langsamer.«
    »Ah.«
    »Und mach die Augen auf.«
    »Mir ist ein bisschen schwindelig«, lächelte er.
    Da musste ich lachen. Ich bedeckte seine Lippen mit kleinen, kindlichen Küssen, jeden an einer anderen Stelle, ohne dass er erraten konnte, wo der nächste Kuss landen würde.
    Dann ließ ich meine

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