Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
Mann und ihrem Sohn davon berichtete, fragten beide vorwurfsvoll, warum sie sich entschuldigt hätte, obwohl gar kein Anlass bestand. Die beiden Männer interpretieren »Tut mir leid« ebenfalls als Entschuldigung.
Mehrere Faktoren wirken zusammen, wenn der Eindruck entsteht, dass Frauen sich zu oft entschuldigen. Einerseits neigen Frauen vielleicht eher dazu, weil sie nicht instinktiv vor dem Risiko einer untergeordneten Position zurückschrecken. Das soll nicht heißen, dass sie gern unterlegen sind, es ist nur weniger wahrscheinlich, dass solche Situationen automatisch Alarmglocken in ihren Köpfen auslösen. Ein weiterer Faktor ist, dass Frauen oft unterstellt wird, sie würden sich entschuldigen, auch wenn sie gar nicht die Absicht haben. Frauen sagen oft »Tut mir leid«, um Sympathie und Anteilnahme auszudrücken, und nicht, weil sie sich entschuldigen wollen.
Diese Verwirrung hängt damit zusammen, dass die Formulierung »Tut mir leid« mehrdeutig ist. Die folgende kleine Geschichte liefert ein gutes Beispiel dafür. Ein zwölfjähriges japanisches Mädchen, das in den USA lebte, schrieb einen Beileidsbrief an ihre Großmutter in Japan, weil der Großvater gestorben war. Das Mädchen schrieb auf Japanisch, obwohl Englisch ihr eigentlich geläufiger war. Sie begann den Brief in angemessener Form mit: »Tut mir leid, dass Großvater gestorben ist.« Aber dann hielt sie inne und sah sich den Satz genauer an. »Das hört sich irgendwie falsch an«, sagte sie zu ihrer Mutter. »Ich hab ihn ja nicht umgebracht.« Weil sie in einer Sprache schrieb, die ihr nicht zur zweiten Natur geworden war, wurde dem Mädchen bewusst, dass ein Ausdruck, den die meisten Leute ganz automatisch benutzen, etwas anderes bedeuten kann, wenn man ihn wörtlich nimmt. »Tut mir leid«, eine Aussage, mit der man ganz allgemein seine Anteilnahme bekundet, könnte, wörtlich genommen, als »Ich entschuldige mich« ausgelegt werden.
Der Unterschied zwischen gewohnheitsmäßigem und buchstäblichem Sprachgebrauch spielt auch im folgenden Beispiel eine Rolle. Eine Geschäftsfrau namens Beverly kehrte von einer Reise zurück und fand auf ihrem Anrufbeantworter eine Nachricht ihres Abteilungsleiters. Die Nachricht lautete, dass er in einem Bericht, den ihre Assistentin geschrieben hatte, eine enorme Anzahl von Fehlern entdeckt habe. Er teilte ihr mit, dass er die Fehler angestrichen, den Bericht an die Assistentin zurückgegeben und einen Terminaufschub erwirkt habe, damit sie die Korrekturen einfügen könne. Beverly war überrascht, weil sie den Bericht vor ihrem Urlaub selbst gelesen und für gut befunden hatte, aber sie sagte: »Tut mir leid« – und war gekränkt, als er entgegnete: »Ich geb ja niemandem die Schuld.« Das schien zu implizieren, dass er ihr doch die Schuld gab, weil er das Thema angeschnitten hatte.
»Bitte nimm meine Entschuldigung nicht an«
Beverly bat die Assistentin um den korrigierten Bericht und wurde wütend, als sie entdeckte, dass zwar auf der Hälfte aller Seiten »Fehler« angestrichen waren, aber nur weniges tatsächlich falsch war. Die Korrekturen betrafen fast ausschließlich die Interpunktion, und zwar meistens in Fällen, wo es eine persönliche Ermessensfrage war, ob man Zeichen setzte oder nicht, wie zum Beispiel nach kurzen Einleitungssätzen oder vor der Konjunktion und . Bei vielen Stellen hatte sie den Eindruck, dass der Abteilungsleiter Interpunktionsfehler in Sätze eingeführt hatte, die vorher völlig korrekt gewesen waren.
Später an diesem Tag traf sie den Vorgesetzten auf einer Bürofeier und platzte sofort damit heraus, wie wütend sie auf ihn sei und warum. Sie erkannte an seiner Reaktion, dass sie seine Gefühle verletzt hatte, weil das Thema in Gegenwart Dritter angeschnitten worden war. Sie entschuldigte sich, weil sie ihrem Ärger so ungestüm Luft gemacht und sich nicht diplomatischer ausgedrückt hatte; später suchte sie ihn dann noch einmal in seinem Büro auf, um sich ein zweites Mal zu entschuldigen. Sie war überzeugt, dass, wenn sie es bedauern würde, den falschen Ton zur falschen Zeit angeschlagen zu haben, er sich im Gegenzug dafür entschuldigen würde, dass er lauter überflüssige Korrekturen in dem Bericht angebracht und sich dann statt an sie an die Assistentin gewandt hatte. Stattdessen sagte er großmütig: »Ich nehme Ihre Entschuldigung an« und ging leutselig zu einem firmenpolitischen Thema über.
Nun ist das Annehmen einer Entschuldigung wohl in jedem Fall
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