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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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ein ziemlich rüdes Benehmen. Vom Bindungsaspekt her sollte eine Entschuldigung mit einer entsprechenden Gegenentschuldigung beantwortet werden. Und vom Statusaspekt her sollte man davon ablenken. Von dieser Perspektive aus übernimmt eine Person, die sich entschuldigt, eine untergeordnete Position, und die Annahme der Entschuldigung bewahrt diese Asymmetrie, während die Ablenkung vom Thema das Gleichgewicht wiederherstellt. Beverly fühlte sich einen Moment lang spontan unbehaglich. Doch erst nachdem sie das Büro in bestem Einvernehmen verlassen hatte, wurde ihr bewusst, dass der Bereichsleiter ihre Entschuldigung grob akzeptiert und sich selbst nicht entschuldigt hatte.
    Männer und Frauen sind sich des Statusaspekts nicht gleichermaßen bewusst, und das berührt Beverlys Problem vielleicht noch in einem grundsätzlicheren Sinn. Sie hatte eine gute Meinung von ihrem Vorgesetzten; sie mochte ihn; sie betrachtete ihn als Freund. Für sie, wie für viele Frauen, bedeutet Freundschaft, dass Statusunterschiede heruntergespielt, wenn nicht sogar völlig ignoriert werden. Als sie mit ihrem Ärger herausplatzte, verstand sie das nicht als Kritik an einem Vorgesetzten in Gegenwart anderer. Doch weil der Abteilungsleiter sich des Statusunterschiedes trotz der freundschaftlichen Beziehung bewusst blieb, wäre es für ihn einer öffentlichen Erniedrigung gleichgekommen, wenn er ihre Kritik akzeptiert hätte. Wäre sie auf den Statusunterschied statt auf ihre Freundschaft konzentriert gewesen, hätte sie ihn anders behandelt. Dem Firmenpräsidenten gegenüber hätte sie zum Beispiel ein anderes Verhalten gewählt.

Frauen passen sich männlichen Normen an
    Bei all diesen Beispielen werden die eher männertypischen Sprechweisen positiver bewertet und als Norm anerkannt. Zu einer ähnlichen und vielleicht noch gravierenderen Asymmetrie kommt es, wenn Männer und Frauen in größeren Gruppen zusammen sind, weil die Spiele, die dann gespielt werden, fast immer die Spiele der Männer sind.
    In Ursula K. Le Guins Geschichte »In and Out« erinnert sich eine ehemalige Sekretärin an ein reines Frauentreffen:
    Wie damals, als die Sekretärinnen alle zusammenkamen, um eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Frauen in der Stadtverwaltung zu planen; das Treffen war so toll gelaufen, man sagte Sachen, von denen man nicht mal gewusst hatte, dass man sie dachte, und alle machten Vorschläge, und niemand wurde schikaniert.
    Die Aussage lässt darauf schließen, dass es bei den Zusammenkünften, an denen die Sekretärin sonst teilgenommen oder die sie beobachtet hatte, nicht die Norm war, dass die Beteiligten sagten, was sie dachten, und niemand schikaniert wurde, sondern dass es ein hervorstechendes Merkmal dieses reinen Frauentreffens war. Ref 110
    Eine Professorin bemerkte einmal, wie angenehm sie es finde, in reinen Frauenkomitees zu arbeiten, verglichen mit den gemischten Komitees, denen sie sonst meistens angehöre. Aber als sie diese Äußerung auf einer gemischten Dinnerparty wiederholte, erhob einer der anwesenden Männer energisch Einspruch. Er sagte, er habe zwischen reinen Männer- und gemischten Komitees nicht den geringsten Unterschied feststellen können. Nach der Erfahrung des Mannes war das zweifellos die Wahrheit, denn wenn Frauen und Männer zusammenkommen, folgt die Interaktion männlichen und nicht weiblichen Normen. Für einen Mann macht es daher kaum einen Unterschied, ob er an einer gemischten oder an einer gleichgeschlechtlichen Zusammenkunft teilnimmt.
    Untersuchungen aus den unterschiedlichsten Disziplinen zeigen, dass Frauen sich in gemischten Gruppen stärker anpassen als Männer. Elizabeth Aries verglich die Körperhaltungen von jungen Männern und Frauen in reinen Männer-, reinen Frauen-und gemischten Diskussionsgruppen und stellte fest, dass die Männer mehr oder weniger in derselben Haltung saßen, ob Frauen dabei waren oder nicht: Sie streckten sich »entspannt« aus und beanspruchten viel Platz um sich herum. Die Frauen in Aries Untersuchung nahmen dagegen in Gesellschaft von Männern eine enge und »damenhafte« Haltung an, saßen aber offen und entspannt, wenn sie unter sich waren. Mit anderen Worten, die Männer zeigten dieselbe Körperhaltung, gleichgültig, ob Frauen anwesend waren oder nicht, die Frauen jedoch fühlten sich in Gegenwart von Männern offenbar »auf der Bühne«, während reine Frauenrunden ihnen das Gefühl gaben, »hinter den Kulissen« zu sein. Ref 111
    Ein ähnlicher Aspekt taucht

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