Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
einen Krieg mit den Japanern. Also, Charles, ein Krieg mit den Japanern ist nicht gerade sehr wahrscheinlich, das verstehst du doch, oder?«
Es endet damit, dass der Vater seinem Sohn einen Vortrag über die Japaner, die Russen, die amerikanische Regierung und Gesellschaft hält. Er macht Witze. Er sagt nichts über sich selbst, über seine Gefühle, über den Umzug oder über die Beziehung zur Mutter des Jungen und zum Jungen selbst. Die Geschichte ist ironisch und traurig, weil klar ist, dass der Vater seinen Sohn so nicht »gewinnen« wird. Der Vortrag über einen Krieg mit Japan ist weder interessant für den Jungen, noch ist es das, was der Vater eigentlich sagen wollte. Er fing an zu erklären, was in der Welt passierte, weil es ein vertrauteres Thema für ihn war. Darüber zu reden fiel ihm leichter, als zu erklären, was mit der Familie passierte.
Der Vater scheint seiner Furcht nachgegeben zu haben, dass er nicht »klar genug ausdrücken« könnte, warum er in die Garage zog. Er glaubt, er müsse wie bei einem Gespräch über Politik fertige Antworten und Erklärungen parat haben. Vielleicht könnte er freier über seine Gefühle sprechen, wenn er nicht überzeugt wäre, dass all seine Aussagen genauestens durchdacht sein müssten. Sein Sohn hätte mehr davon gehabt, wenn er etwas über die Gedanken und Gefühle seines Vaters erfahren hätte, auch wenn sie nicht perfekt formuliert gewesen wären. Der Mann in dieser Geschichte war durch seinen gewohnheitsmäßigen Gesprächsstil gehandicapt.
Es bedeutet eine erhebliche Einschränkung für Frauen, wenn sie immer nur eine reaktive und kaum eine aktive Rolle übernehmen. Diese Tendenz hat weitreichende Konsequenzen für sexuelle Beziehungen. Philip Blumstein und Pepper Schwartz stellen in ihrer Studie American Couples fest, dass lesbische Frauen seltener Sex machen als schwule Männer oder heterosexuelle Paare. Die beiden Soziologen glauben, dass das darauf zurückzuführen ist, dass – wie sie feststellten – bei heterosexuellen Paaren meistens der Mann die Initiative ergreift und die Frau entweder darauf eingeht oder von ihrem Einspruchsrecht Gebrauch macht. Bei homosexuellen Männern übernimmt zumindest einer der Partner die aktive Rolle. Aber bei lesbischen Frauen fühlt sich laut Blumstein und Schwartz häufig keine der Partnerinnen in der aktiven Rolle wohl, weil keine als zu fordernd erscheinen möchte.
Hoffnung für die Zukunft
Was können wir für die Zukunft hoffen? Müssen wir die uns zugewiesenen Rollen weiterspielen, bis der Vorhang fällt? Obwohl wir leicht in unseren gewohnten Sprachgebrauch zurückfallen, oft dieselben Ausdrücke und Sätze wiederholen, lassen sich Gewohnheiten durchbrechen. Wenn Frauen und Männer den Gesprächsstil des anderen Geschlechts verstehen und lernen, ihn gelegentlich zu benutzen, können beide Seiten viel gewinnen.
Frauen, die sich unfreiwillig in die Rolle des Zuhörers gedrängt fühlen, sollten üben, aus dieser Rolle auszubrechen, statt geduldig zu warten, bis der Vortrag vorüber ist. Vielleicht müssen sie die Überzeugung aufgeben, dass sie darauf zu warten haben, bis ihnen das Wort erteilt wird. Wenn sie etwas zu einem Thema zu sagen haben, sollten sie sich dazu zwingen, es auch zu tun. Wenn ein Thema sie langweilt, könnten sie den Gesprächsverlauf beeinflussen und ein Thema anschneiden, das sie mehr interessiert. Ref 63
Wenn Frauen die befreiende Erfahrung machen, dass sie nicht immer nur zuhören müssen, empfinden es vielleicht auch die Männer als gewisse Erleichterung, dass sie nicht dauernd einen interessanten Gesprächsstoff auf den Lippen haben müssen, wenn sie einer Frau gefallen oder sie unterhalten wollen. Eine Journalistin interviewte mich einmal zu der Frage, wie man am besten ein Gespräch anfängt. Sie erzählte mir, dass ein anderer – männlicher – Experte vorgeschlagen habe, dass man mit einer interessanten Information aufwarten solle. Ich fand das sehr amüsant, weil es so typisch für die männliche Vorstellung von einem guten Gespräch und so untypisch für die weibliche schien. Männer könnten so viel unbefangener an ein Gespräch herangehen, wenn sie wüssten, dass sie nur zuhören müssen. Eine Frau, die einen Brief an den Herausgeber von Psychology Today schrieb, formulierte es folgendermaßen: »Wenn ich einen Mann treffe, der mich fragt: ›Wie war dein Tag?‹, und es wirklich wissen will, dann bin ich im siebten Himmel.«
VI Gemeinsam und gegeneinander:
Weitere Kostenlose Bücher