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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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sollte. Leute ohne Highschool-Abschluss hielten Frauen, die von ihren Ehemännern erwarteten, dass sie sich mit ihnen unterhielten, für übermäßig anspruchsvoll. Sie fanden, dass Ehefrauen sich mit weiblichen Verwandten unterhalten und ihre Männer in Ruhe lassen sollten.

Gegenseitige Vorwürfe
    In Anbetracht dieser Verhaltensmuster ist es nicht überraschend, wenn viele Frauen sich darüber beklagen, dass ihre Partner ihnen nicht zuhören. Aber auch Männer erheben diesen Vorwurf, wenn auch weniger häufig. Die Beschuldigung »Du hörst nicht zu« bedeutet in Wahrheit oft: »Du verstehst das, was ich sage, nicht so, wie ich es gemeint habe.«, oder: »Ich bekomme nicht die Reaktion von dir, die ich wollte.« Zuhören kann eine Metapher für Verständnis und Anerkennung sein. In früheren Arbeiten habe ich darauf hingewiesen, dass Frauen oft den Eindruck haben, dass Männer ihnen nicht zuhören, obwohl sie es tun. Das liegt daran, dass Männer ihr Interesse anders zeigen als Frauen. Wie die Anthropologen Maltz und Borker darlegen, neigen Frauen eher dazu, Fragen zu stellen. Sie zeigen auch mehr bestätigende Reaktionen – lassen immer wieder kleine Wörter wie mhm, aha, ja einfließen, wenn sie jemandem zuhören, und sorgen so für ein fortlaufendes Feedback. Und sie reagieren positiver und begeisterter, indem sie zum Beispiel zustimmen und lachen.
    Mit diesem ganzen Verhalten leisten sie Zuhörerarbeit. Es ist auch eine Form der Beziehungssprache, weil Gemeinsamkeiten unterstrichen werden und der andere zum Weitererzählen ermutigt wird. Die entsprechenden Strategien der Männer – sie zeigen insgesamt weniger Reaktionen, neigen mehr zu Behauptungen als zu Fragen und ziehen eher etwas in Zweifel, als dass sie Zustimmung äußern – kann man als Wettkampftaktik auffassen, die eher dem Ziel dient, selbst zu Wort zu kommen, statt anderen zuzuhören. Ref 60
    Maltz und Borker zufolge signalisieren Frauen nicht nur stärkeres Interesse, die gegebenen Signale haben auch unterschiedliche Bedeutungen für Männer und Frauen, die der Sprecher-Hörer-Aufstellung (alignment) entspricht. Frauen benutzen »Ja« als Ausdruck von »Ich bin bei dir, ich kann dir folgen«, während Männer nur »Ja« sagen, wenn sie dem Sprecher zustimmen. Es ist klar, dass sich daraus Missverständnisse ergeben können. Wenn ein Mann mit einer Frau konfrontiert wird, die »Ja«, »Ja«, »Ja« gesagt hat, und es sich dann herausstellt, dass sie ihm eigentlich gar nicht zustimmt, könnte er daraus schließen, dass sie unehrlich war oder beigepflichtet hat, ohne wirklich zuzuhören. Wenn eine Frau mit einem Mann konfrontiert wird, der nicht »Ja« – oder irgendetwas in der Art – sagt, könnte sie daraus den Schluss ziehen, dass er nicht zugehört hat. Der Gesprächsstil von Männern ist stärker auf die Mitteilungsebene eines Gesprächs fixiert, während Frauen sich auf die Beziehungs- oder Metaebene konzentrieren.
    Ein Mann erwartet, dass man ihm ruhig und aufmerksam zuhört, und wird deshalb eine Frau, die dauernd ein Feedback einfließen lässt, für zu geschwätzig halten. Eine Frau erwartet von einem Zuhörer, dass er aktiv und begeistert Interesse, Aufmerksamkeit und Unterstützung demonstriert, und wird deshalb von einem Mann, der einfach nur still dasitzt, glauben, er höre überhaupt nicht zu; sie wird denken, dass er sich stattdessen aus dem Gespräch ausgeklinkt, seine Zuhör-Murmeln eingesammelt und sich im Geiste verabschiedet hat.
    Aufgrund dieser Verhaltensmuster haben Frauen oft den Eindruck, dass Männer ihnen nicht zuhören, obwohl sie es eigentlich tun. Allerdings bin ich in letzter Zeit zu der Ansicht gekommen, dass Männer tatsächlich seltener zuhören als Frauen, weil das Zuhören verschiedene Bedeutungen für sie hat. Manche Männer hören nicht gern längere Zeit zu, weil sie glauben, es würde sie als unterlegen einrahmen. Viele Frauen hören durchaus gern zu, erwarten aber, dass das Zuhören reziprok ist: »Jetzt höre ich dir zu, später hörst du mir zu.« Sie sind frustriert, wenn immer jetzt und nie später ist.

Beiderseitige Unzufriedenheit
    Viele Frauen finden es unbefriedigend, immer nur zuhören zu müssen, aber die Unzufriedenheit ist vielleicht gegenseitig. Wenn eine Frau das Gefühl hat, in die Rolle des schweigenden Zuhörers gedrängt zu werden, bedeutet das nicht, dass der Mann sie in diese Rolle drängen wollte – und auch nicht, dass ihm diese rigide Aufstellung unbedingt

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