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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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    Während ich an diesem Buch arbeitete, war ich einmal zu einer Buch-Party eingeladen, auf der viele Leute waren, die ich kaum kannte. Ich begann ein Gespräch mit einem charmanten jungen Mann, der sich als Maler entpuppte. Ich erkundigte mich nach seiner Arbeit und fragte ihn, nachdem er mir darüber Auskunft gegeben hatte, ob es in der zeitgenössischen Kunst eine Rückkehr zur gegenständlichen Malerei gebe. Er beantwortete meine Frage, indem er mir eine Menge über Kunstgeschichte erzählte  – so viel, dass er zum Schluss meinte: »Das war eine lange Antwort auf Ihre Frage.« Ich hatte längst vergessen, dass ich eine Frage gestellt, geschweige denn, was für eine Frage ich gestellt hatte. Es hatte mich nicht gestört, dass er einen Monolog gehalten hatte – es war sehr interessant gewesen –, aber mir wurde schlagartig bewusst, dass ich gerade ein Opfer der Dynamik geworden war, über die ich geschrieben hatte.
    Ich beschloss, das Risiko einzugehen, meinen sympathischen neuen Bekannten vor den Kopf zu stoßen, um etwas über seine Meinung zu diesem Thema zu erfahren. Schließlich war es ja eine Buch-Party, und ich konnte vielleicht mit etwas Nachsicht rechnen, wenn ich die Regeln des Dekorums im Interesse eines neuen Buches brach. Ich fragte ihn, ob es ihm oft passiere, dass er lang und breit erzähle, während jemand anders zuhöre. Er dachte einen Moment nach und meinte dann, ja, das würde ihm öfter so gehen, weil er Ideen gern in allen Einzelheiten erkläre. Ich fragte ihn, ob es einen Unterschied mache, ob er sich mit einem Mann oder einer Frau unterhalte. Er dachte wieder einen Moment nach und meinte dann: »Nein, mit Männern habe ich mehr Probleme.« Ich fragte, was er mit Problemen meine, und er entgegnete: »Männer unterbrechen immer. Sie wollen es mir erklären.«
    Nachdem dieser junge Mann mit so entwaffnender Offenheit über unsere Unterhaltung und über seinen eigenen Gesprächsstil gesprochen hatte, fragte ich ihn schließlich, was er vorziehe: dass eine Frau ihm still zuhöre und ihn zum Reden ermutige oder dass sie eigene Meinungen und Ideen anbiete. Er meinte, es wäre ihm lieber, wenn sie auch etwas beizusteuern hätte, weil das Gespräch dadurch interessanter würde.
    Wenn Männer anfangen, anderen Männern Vorträge zu halten, haben die Zuhörer Erfahrung darin, die Vorlesung zu sabotieren, sie abzubrechen oder es dem Vortragenden gleichzutun. Bei diesem System können gebieterische Behauptungen einen Austausch von Informationen einleiten. Aber Frauen sind nicht darin geübt, auf diese Weise zu reagieren. Sie sehen kaum eine andere Möglichkeit für sich, als aufmerksam zuzuhören und darauf zu warten, dass man ihnen das Wort erteilt, statt es selbst zu ergreifen. In derartigen Situationen ist der Mann vielleicht genauso gelangweilt und frustriert wie die Frau, wenn sein Versuch, einen Informationsaustausch einzuleiten, damit endet, dass er einen Vortrag hält. Für ihn stellt es sich so dar, dass die Frau passiv Informationen aufsaugt, sie also aller Wahrscheinlichkeit nach keine eigenen Kenntnisse hat, die sie beisteuern könnte. Wenn das Gespräch zwischen Mann und Frau so oft in einen Monolog des Mannes ausartet, dann zum Teil deshalb, weil Frauen aufmerksam zuhören und die Aussagen nicht in Frage stellen, nicht vom Thema ablenken oder eigene Informationen anbieten.
    Bei der Konversation mit meinen Kollegen, von der ich zu Beginn dieses Kapitels berichtete, war dies vielleicht der entscheidende Unterschied. Als ich mich mit der Frau unterhielt, erzählten wir beide von unseren Forschungsgebieten, weil wir uns gegenseitig dazu ermutigten. Als ich den Mann ermunterte, von seiner Arbeit zu berichten, kam er der Aufforderung nach, ohne später mit einer entsprechenden Gegenfrage zu reagieren. Das kann bedeuten, dass es ihn nicht interessierte, muss aber nicht notwendigerweise so gewesen sein. In ihrer Studie über Diskussionsgruppen von Collegestudenten kommt Aries zu dem Schluss, dass Frauen, die viel redeten, sich mit der Zeit unwohl fühlten; sie zogen sich zurück und baten oft stillere Gesprächsteilnehmer um ihre Meinung. Das fügt sich nahtlos in das weibliche Harmonie-und Gleichheitsbedürfnis. Frauen erwarten, dass man sie zum Weiterreden ermutigt. Männer fordern einen stilleren Gesprächspartner für gewöhnlich nicht zum Sprechen auf, weil sie davon ausgehen, dass jemand, der etwas zu sagen hat, das schon tun wird. Wenn der andere schweigt, sind Männer

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