Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
ich jetzt, lass mich in Ruhe, Mensch.«
»Ey, gib sie her. Wenn du das da fertig hast, gibst du sie mir.«
»Verschwinde.« Ref 67 , Ref 68
Die Mädchen, die Glasringe aus Flaschenhälsen anfertigten, gaben sich keine Befehle. Sie machten Vorschläge, die sie mit »Lasst uns« einleiteten:
»Lasst uns zu Subs und Suds gehen« (ein Lokal an der Straßenecke).
»Lasst uns fragen, ob sie ein paar Flaschen für uns haben.«
»Kommt schon, lasst uns ein paar besorgen.«
»Ach was, lasst uns umkehren, diese haben wir schon mal sicher.«
»Lasst uns erst diese wegbringen.«
Andere Formulierungen, die die Mädchen benutzten, um ihre Vorschläge einzuleiten, lauteten: »Wir machen« (»Wir machen eine richtige Ausstellung mit den Ringen«), »Wir könnten« (»Wir könnten etwas Sandpapier gebrauchen« – [um die spitzen Kanten der Glasringe abzuschmirgeln] ), »Vielleicht« (»Vielleicht könnten wir sie so schneiden«) und »Wir sollten« (»Wir sollten noch ein paar Flaschen sammeln«). Bei all diesen Formulierungen handelt es sich um Versuche, die Handlungen der anderen zu beeinflussen, ohne ihnen Kommandos zu geben. Gleichzeitig stärken sie das Gemeinschaftsgefühl der Mädchen.
Vielleicht werden Kinder von den Sprechweisen ihrer Eltern beeinflusst, so, wie Erwachsene von dem geprägt sind, was sie selbst als Kinder gelernt haben. Die Psycholinguistin Jean Berko Gleason untersuchte, wie Eltern mit ihren Kindern reden; sie fand heraus, dass Väter öfter Befehle geben als Mütter und dass sie Söhnen häufiger Anordnungen erteilen als Töchtern. Die Soziolinguistin Frances Smith beobachtete ein ähnliches Verhaltensmuster in einer Situation öffentlichen Sprechens. Sie verfolgte Übungspredigten von Studenten an einem Baptistenseminar: Die Männer erteilten der Gemeinde häufig Anordnungen, wenn sie auf Kapitel und Psalme in ihrer Exegese hinwiesen, wie »Hören Sie aufmerksam zu, wenn ich Lukas, Kapitel siebzehn, vorlese«. Die Frauen dagegen benutzten kaum Imperative, sondern forderten die Zuhörer eher zur Teilnahme auf, wie zum Beispiel mit: »Lassen Sie uns nun zurückkehren zu den Versen fünfzehn und sechzehn.«
In Anbetracht dieses Verhaltensmusters liegt Nathan nicht völlig falsch, wenn er die Aufforderung »Lass uns« mit einem Befehl gleichsetzt. Es ist ein Versuch, eigene Vorstellungen durchzusetzen. Und doch hat auch Diana recht, wenn sie sagt, er hätte keinen Grund, sich eingeengt zu fühlen. Sie sind unterschiedlicher Meinung, weil die Sozialstrukturen von Jungen und Mädchen, Männern und Frauen vollkommen anders sind. Im Rahmen der hierarchischen Ordnung, in der Jungen und Männer sich befinden oder zu befinden glauben, gewinnt man tatsächlich Status, indem man anderen Anordnungen gibt oder sich weigert, Anordnungen zu befolgen. Nachdem Nathan erkannt hat, dass Diana mit »Lass uns« auf ihre Weise versucht, ihren Willen durchzusetzen, ist die logische Konsequenz, dass er sich weigert, ihren Wünschen zu entsprechen. Doch die Gemeinschaft, in der Mädchen und Frauen sich befinden oder zu befinden glauben, wird durch Konflikte gefährdet. Deshalb formulieren sie Forderungen als Vorschläge und nicht als Befehle, denn das gibt den anderen die Gelegenheit, Gegenvorschläge zu machen, und verhindert Konfrontationen. Weil Mädchen nicht daran gewöhnt sind, dass jemand ihnen ihren Willen einfach nur deshalb aufzwingen will, um eine überlegene Position zu begründen, haben sie nicht gelernt, Forderungen anderer einfach aus Prinzip abzulehnen, und glauben auch nicht, dass andere sich so verhalten würden.
Es ist nicht so, dass Frauen ihren Kopf nicht durchsetzen wollten, aber sie wollen es nicht um den Preis eines Konflikts. Die Ironie von Interaktionen wie der zwischen Nathan und Diana liegt darin, dass der unterschiedliche Gesprächsstil von Männern und Frauen ihre Anstrengungen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die von Frauen angewandten Methoden der Konfliktvermeidung sind häufig genau diejenigen, die im Gespräch mit Männern den Konflikt auslösen. Sobald Männer den Eindruck gewinnen, dass jemand versucht, sie zu bevormunden, ohne das direkt und offen auszusprechen, fühlen sie sich manipuliert und von einem Feind bedroht, der umso heimtückischer ist, weil er sich nicht offen zeigt. Ref 69
»Ich bin der Doktor, und du bist das Baby«
Dieses unterschiedliche Konfliktverhalten zeigt sich auch in vielen anderen Gesprächssituationen. Sachs fand bei ihrer Untersuchung des
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