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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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eine Diskussion einzulassen, war zur Vermeidung eines Streits nicht nur äußerst ungeeignet, sondern löste im Gegenteil einen wütenden Angriff der erbosten Spanierin aus. Sie mussten eine Stunde lang diskutieren, bis sie eine teilweise Einigung erzielten – nicht über die Katalanen, sondern über die Einstellung zu Streitgesprächen.

Auf der Suche nach Flexibilität
    Wenn gewohnte Verhaltensweisen nicht den gewünschten Erfolg haben, kann eine Intensivierung dieses Verhaltens das Problem nicht lösen. Von mehr Flexibilität jedoch könnten sowohl Männer als auch Frauen profitieren. Für Frauen, die Konflikte um jeden Preis vermeiden, wäre es besser, wenn sie lernen würden, dass ein kleiner Konflikt sie nicht umbringt. Und für Männer, die gewohnheitsmäßig in Opposition gehen, wäre es besser, wenn sie sich von ihrer Streitsucht befreien würden.
    Weil die Menschen verschieden sind, nicht nur was das Geschlecht, sondern auch was ihren kulturellen Hintergrund angeht, werden Freunde, Liebende und Fremde auch weiterhin geteilter Meinung sein, wenn es um das Thema verbale Opposition geht. Aber diese unterschiedlichen Haltungen sind besonders wahrscheinlich – und besonders problematisch – in langwährenden Beziehungen, bei denen es in der Natur der Sache liegt, dass Machtkämpfe und widersprüchliche Bedürfnisse entstehen. Wenn man nach verschiedenen Regeln spielt – oder verschiedene Spiele spielt –, ist es ziemlich schwierig, das Beziehungsspiel zusammen zu spielen.
    Weil Männer und Frauen grundsätzlich anderer Auffassung darüber sind, was Konflikte bedeuten und wie man damit umgehen sollte, ist dies eine Arena, in der die unterschiedlichen Vorgehensweisen von Männern und Frauen mit hoher Wahrscheinlichkeit aufeinanderprallen. Die einfache Erkenntnis, dass ein scheinbar unfaires oder irrationales Verhalten das Ergebnis eines anderen Gesprächsstils sein könnte, hilft, Frustrationen abzubauen. Konflikte wird es trotzdem geben, aber man könnte sich dann wenigstens über wirkliche Interessenkonflikte statt über den Gesprächsstil des anderen streiten.

VII Wer unterbricht wen? – Von Dominanz und Kontrolle
    Dies ist ein Lieblingswitz meines Vaters:
    Eine Frau will sich scheiden lassen. Als der Richter sie nach den Gründen fragt, erklärt sie, dass ihr Mann seit zwei Jahren nicht mehr mit ihr geredet habe. Der Richter fragt den Mann: »Warum haben Sie seit zwei Jahren nicht mehr mit Ihrer Frau gesprochen?« Er erwidert: »Ich wollte sie nicht unterbrechen.«
    In diesem Witz spiegelt sich das verbreitete Klischee, dass Frauen geschwätzig sind und den Männern ins Wort fallen. Ref 88
    In offenem Widerspruch zu diesem Klischee steht eines der am häufigsten zitierten Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen zu Geschlecht und Sprache, das besagt, dass es die Männer sind, die Frauen unterbrechen. Ich habe noch nie einen populärwissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema gelesen, in dem dieses Ergebnis nicht zitiert wurde. Es ist zutiefst befriedigend, weil es dem frauenfeindlichen Klischee weiblicher Geschwätzigkeit entgegentritt und weil es den Erfahrungen der meisten Frauen, die das Gefühl haben, dass Männer ihnen oft das Wort abschneiden, Rechnung trägt.
    Beide Behauptungen – dass Männer Frauen unterbrechen und dass Frauen Männer unterbrechen – spiegeln und bestätigen die Annahme, dass derjenige, der einem anderen ins Wort fällt, sich feindselig verhält und eine Art »Konversationsrowdy« ist. Der Unterbrechende wird als böswilliger Aggressor betrachtet, der Unterbrochene als unschuldiges Opfer. Diese Ansichten gehen von der Voraussetzung aus, dass es eine persönliche Beeinträchtigung, ein Herumtrampeln auf den Rechten anderer und ein Herrschaftsversuch ist, wenn man jemanden unterbricht.
    Der Vorwurf, anderen ins Wort zu fallen, ist besonders schmerzlich in engen Beziehungen, wo dieses Verhalten mit einer Last von Metamitteilungen beladen ist – wie zum Beispiel, dass man gleichgültig ist, nicht zuhört, kein Interesse hat. Diese Klagen berühren den Kern einer Beziehung, weil die meisten von uns von ihren Beziehungen vor allem Aufmerksamkeit und Anerkennung erwarten. Doch wenn man das Gefühl hat, dass jemand einem ins Wort fällt, muss das nicht unbedingt heißen, dass der andere es darauf angelegt hat. Und der Vorwurf, jemanden unterbrochen zu haben, wenn man genau weiß, dass man nicht die Absicht hatte, ist genauso frustrierend wie die Erfahrung, dass jemand

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