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„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

Titel: „Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Gunschmann
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anhimmelten und uns einfach nur kennenlernen wollten, weil wir die Türsteher waren. Da spielte unsere äußere Erscheinung keine Rolle, ob abgefuckt oder bescheuert, unsere Chancen bei den Girls waren in jedem Fall immer hundertprozentig. Dennoch würde ich lügen, behauptete ich, dass wir es oft genossen hätten, eine Schar von hundert Ausgehhungrigen vor uns stehen zu haben, die darauf wartet, wie wir urteilen werden. Dann waren nämlich zweihundert Augen auf dich gerichtet und manchmal machte ich mir vor lauter Schiss fast in die Hosen. Wenn ich abends um halb elf im Zwei-Quadratmeter-Bad meiner Schwabinger Studentenbude vor dem Spiegel stand, spielte ich immer alle möglichen Situationen, die in der Nacht auf mich zukommen konnten, durch.
    Ich übte das Nein-Sagen mindestens genauso oft wie das Begrüßungszeremoniell bekannter Stammgäste. Und dann die Sache mit den Klamotten. Schließlich musst du ja eine gewisse Vorbildfunktion haben, was das Outfit angeht, denn viele Leute urteilen über das Image der Disco bereits anhand des Hosenschnitts der Türsteher. Nicht, dass ich jeden Abend mit Manschettenknöpfen und Button-down-Hemden erschien, nein, auch die Budapester und den Markengürtel ließ ich lieber im Schrank. Mann, ich liebte den ungläubigen Gesichtsausdruck der Anklopfenden, wenn ihre Idealvorstellung von der Schickeria-Hochburg der Nation innerhalb von Sekunden zusammenbrach, weil der Türsteher und somit das Aushängeschild des deutschen Jet-Sets, der Amigo aller Tanzmäuse und der Steigbügelhalter der berühmten Münchneria, ihnen in verwaschenen Jeans, abgetretenen Sneakers und weißem T-Shirt klarmachte, dass die Fünftausend-Mark-Handtasche nicht gleich den erkauften Eintritt ins Lotterleben des Luxus bedeutete.
    Doch manchmal kam es auch anders. Doc Emmerich war so ein Fall. Er wusste genau, dass er durch seine Connections zu unserem Besitzer reinkommen würde, wollte mich aber in der Rolle des reumütigen Hundes sehen, da klar war, dass er, so wie er aussah, an der Tür keine Chance haben würde. Dr. Walter Emmerich besaß in Bayrischzell eine Fabrik für Spezialdrucksachen, er druckte diese Zuckertütchen für die Firma unseres Besitzers. Er machte für ihn Spezialpreise und deshalb versprach ihm unser Besitzer, dass er, wann immer er wollte, ins P1 kommen könne. Er fiel unter die Kategorie »Zombies« – so nannten wir die ganz klaren Fälle, die draußen zu bleiben hatten. Für diese Abgemeldeten reichte ein kurzer Blick und es war glasklar, dass da nichts ging, wir schauten sie dann auch gar nicht mehr an und ließen sie vor der Tür vermodern. Jedes Mal musste ich dran denken, was mir unser Besitzer wieder und wieder eintrichterte. »Ihr könnt sie wegschicken und abweisen, ihr könnt sie stehen lassen und rausschmeißen, aber bitte, bitte seid nett und freundlich zu ihnen.« Ich hatte höchsten Respekt davor, dass er solch wegweisende Worte fand, die er uns predigte – bis ich den Film Roadhouse sah. Schlimm genug, dass darin Dirty Dancer Patrick Swayze den Cheftürsteher mimte, der seinem abgehalfterten Team in einer runtergekommenen Fernfahrerdisco genau diesen Sinnspruch so lange injizierte, bis seine dämlichen Rausschmeißer ihr Gegenüber erst schön freundlich grüßten, bevor sie ihnen die Fresse polierten. Jetzt trat der nun wirklich peinlichste Fall für den Türsteher ein. Doc Emmerich nahm sein Handy, rief unseren Besitzer an und als dieser dran war, sollte ich mit ihm reden. Das Gespräch dauerte knapp zehn Sekunden, dann durfte er – stolz wie Oscar – an mir vorbei ins P1 paradieren. Von wegen harte Tür. Da muss man nur der Hoflieferant vom Discokönig sein und schon sind alle guten Vorsätze über eine strenge Tür dahin. Ich darf nun allen Leuten raten, die vor irgendwelchen Clubs schon mal gescheitert sind: Macht ein Geschäft für Zuckertütchen und Cocktailschirmchen auf, verkauft die Dinger superbillig an den Besitzer der Disco eurer Sehnsucht, ruft diesen nachts auf dem Handy an, wenn der Türsteher euch nicht reingelassen hat, und – it’s a kind of magic – ihr seid drin.
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich in gewisser Art und Weise mit der Hautevolee vertraut zu machen, schließlich sollte ich als zweiundzwanzigjähriger Türsteher die Liste der A- bis C-Promis aus dem Kopf deklinieren können. Nur wusste ich damals nicht unbedingt, wie die Prinzengarde oder der Schlagerklüngel Deutschlands denn nun in natura aussah. Kurt rief mich zweimal

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