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„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

Titel: „Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Gunschmann
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Zentimeter langen Klinge für derartigen Eindruck gesorgt, dass alle Kämpfer innerhalb von Sekunden zu Totempfählen erstarrten und zu folgsamen Schafen wurden. Selbst die anwesenden Mädchen mutierten zu Squaws und himmelten den Häuptling ehrfürchtig an. Manitu sei Dank war dieser von der letzten Friedenspfeife noch ganz benebelt und konnte allein durch seine Erscheinung den gesamten Stamm der P-1-Indianer unmissverständlich davon überzeugen, das Kriegsbeil an diesem Abend zu begraben. Häuptling Thunder drehte sich zur DJ-Kanzel von Speedy nach oben und hieß ihm, das passende Lied zu spielen: »Brauner Bär und weiße Taube«. An einem normalen Freitagabend hätten sie den DJ dafür gelyncht, an diesem Abend verehrten sie ihn als erlösenden Medizinmann. Selbst die verfeindeten Krieger wurden zu Stammesbrüdern und als sich um vier Uhr morgens Campino, die Toten Hosen und die Jungs von der Münchner Freiheit mit einer großen Flasche Feuerwasser in den Armen lagen, dankten auch wir dem Großen Manitu, dass er uns an diesem Abend nicht in die ewigen Jagdgründe geschickt hatte.
    Munich on the rocks
    Kaum zu glauben, dass München seit Mitte der Siebziger- bis in die Achtzigerjahre hinein einmal die Hauptstadt des Rock ’n’ Roll war. Rockclubs wie das legendäre Sugar Shack – hier feierten Bands wie Barclay James Harvest oder Blue Öyster Cult nach ihren Auftritten regelmäßig bis spät in die Nacht –, das Crash oder das Romy’s Finest konnten sich sogar über volle Tanzflächen unter der Woche freuen. Die Einladungen von Sugar-Besitzer Kurti Müller zu seinen Partys waren handverlesen und jeder wollte hin. Der bizarre Ruf der Sugar-Events lockte unbekannte Rock-Rookies aber auch Superstars wie Freddie Mercury und Brian May von Queen zum gegenseitigen Kennenlernen und Abrocken. Weltklassebands und -sänger wie die Rolling Stones, AC/DC, Deep Purple, David Bowie oder Elton John nahmen in Tonstudios wie dem Musicland oder dem Weryton ihre Platten auf. Und allen Unkenrufen zum Trotz brachte die bayerische Weltstadt sogar mehr oder minder international bekannte Bands wie die United Balls, die Spider Murphy Gang oder die Münchner Freiheit hervor. Der Musikjournalist Arno Frank Eser wusste es: »Ganz besonders hat der Rock seine Wurzeln mit Isarwasser genährt.« Heute ist das Sugar Shack zur Teeniedisco mutiert und die Metalltüren der Rockclubs Big Apple oder Romy’s Finest sind längst geschlossen. München hat abgerockt.

SECHS
    In bester Gesellschaft
    D amals, in den frühen Neunzigern, war Münchens Nachtleben die Höchststrafe, und die Türsteher waren die Vollzugsbeamten. Es war ein Verfahren, das jede Nacht von Neuem wieder aufgerollt wurde. Wie wird heute das Urteil lauten? Wird der Antrag auf Einlass angenommen oder abschlägig beschieden? Rein oder nicht rein? Das war hier die Frage. Oh, natürlich kann ich Menschen verstehen, die sich diese Tortur nicht antun wollten. Und erst recht nicht mussten die Münchner Mädchen Shakespeare zitieren, um sich drinnen die Füße wund zu tanzen oder draußen die High Heels vor der Türe platt zu stehen. Manchmal konnte man die Abgewiesenen schon heulen hören, bevor man um die Ecke zur Tür bog. Sie probierten es nahezu jeden Abend, sie peinigten sich selbst, Folter war nichts dagegen. Alle unterzogen sich der Prozedur dennoch gern, denn alle hatten ein Ziel: Das erlösende Handzeichen an der Tür war doch eigentlich das Geilste am P1. Ein gleichsam höheres Wesen hatte mit dem Club einen Garten Eden erschaffen, ein gelobtes Land für Genusssüchtige, hier berauschte man sich an lauter Musik und an schönen Menschen. Leider schickte jenes höhere Wesen den Türsteher gleich mit, denn der homo monacensis war noch nicht wirklich reif fürs Paradies. Wer nicht reindurfte, fühlte sich von dieser höheren Macht ungerecht behandelt. Was mag sich diese Macht davon versprechen, so viele Menschen enttäuscht ziehen zu lassen, ihres Rechts zu berauben, die Marktwirtschaft voranzutreiben, am Konsum zu hindern? Wer konnte es wagen, einem den Zutritt zum Glück zu verwehren?
    Sie hassten uns. Die meisten Leute hielten mich und meinen Kollegen damals für unterkühlte Wichtigtuer, für machtgierige Kotzbrocken, denen es Spaß bereitete, mit dem Gestus von brachialer Autorität über den Fortgang der Nacht zu richten. Na ja, es hatte schon etwas, jeden Abend über Freud’ und Leid zu urteilen. Und besonders mochte ich es damals, wenn uns die süßen Mädchen

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