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„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

Titel: „Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Gunschmann
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ungeschoren rauskommen könnte. Nötigenfalls gab es doch tausend Momente, in denen man seine Meinung änderte, sofern die Argumente schlagkräftig genug waren. Man fühlte sich überzeugt, und nein, überhaupt nicht gezwungen, seine Entscheidung über den Haufen zu werfen und das Gegenteil zu behaupten.
    Ähnlich war der harmlose Fall einer Burschenclique aus einer Schwabinger Studenten-WG gelagert. Die fünf Jungs hatten sich die Woche zuvor gleich zwei- oder dreimal die Ansage »Nur für Stammgäste« bei mir abgeholt. Obwohl sie eigentlich ganz nett waren und lustige Argumente brachten, waren sie nun mal wirklich keine Augenweide mit ihren Trevira-Hosen und den geschniegelten Ausgehschuhen. Sie hatten sich schwer ins Zeug gelegt und entweder eigens neue Klamotten gekauft oder waren heim zu Mama gefahren, um den verstaubten Kommunionsanzug zu reaktivieren. Stefan, der Langzeit-BWL-Student, war mit seinem orangefarbenen Käfer, Baujahr 1973, sogar bis nach Passau zu seinen Eltern gefahren, um seine grauen Anzughosen von der Mama aufbügeln zu lassen. Das P-1-Klischee, das ihnen nicht unbekannt war, gab schließlich den eleganten Gentleman im Anzug und die Lady im kurzen Schwarzen vor, und diesem Klischee wollten sie nicht unbedingt mit Jogginghosen und Sweatshirt zuwiderhandeln. Umso deutlicher war die Verwirrung in ihren Gesichtern abzulesen, als ich sie aufklärte, dass die Abfuhr doch etwas mit ihrer Verkleidung zu tun haben könnte. Traurig und erschöpft zogen die schicken Herren von dannen, doch ihr innerer Drang, die Tür des P1 zu erstürmen, war noch nicht gebrochen. Schleunigst riefen sie einen Stammgasttisch ins Leben und entwickelten Strategien, wie die Tür zu bezwingen sei. Am Samstag sah ich die Jungs schon von Weitem auf die Tür zukommen. Irgendwie wunderte ich mich noch kurz über die Farbe ihrer Klamotten und dass sie noch was Größeres, Längliches dabeihatten, dann musste ich mich wieder um die anderen Leute vor der Tür kümmern. Der Trupp aus etwa fünfzig Wartenden teilte sich plötzlich und aus der Mitte kam – ich konnte es nicht wirklich glauben, ich wollte es gar nicht sehen – ein Nackter, ja, der Junge war splitterfasernackt. Ich war so einiges gewöhnt an der Tür und einmal ließen wir fünfzig Japaner, mit Trenchcoats, Hüten und Fotoapparaten bewaffnet, in den vollen Samstagabend rein. Als vorbildliches Beispiel für Völkerverständigung hätten wir sicher einen Ehren-Bambi verdient gehabt! Dann standen sie mitten auf der Tanzfläche und fotografierten, was ihnen im P1 vor die Linse kam.
    Der erste Nackte war einigermaßen verdaut, da kamen doch glatt die anderen vier WGler hinterher, und auch sie präsentierten ihre durchwegs mittelmäßigen Körper in natura, unverhüllt, völlig entblößt. Jetzt musste man sich das vorstellen, etwa fünfzig Menschen in Mänteln und Jacken standen bei lausigem Februarwetter um die null Grad vor der P-1-Tür und mitten unter ihnen fünf Kerle, nackt, wie Gott sie schuf: Es hatte etwas von einem grotesken Trauerspiel. Vom Akt der Jungs war ich noch nicht richtig überzeugt, um Tor und Tür für die Nudisten aufzureißen, da holten sie flugs einen dicken, dunklen Baumstamm hervor. Noch stand ich auf der Leitung, aber als Stefan nach vorne trat, klärte er auch den Langsamsten unter uns auf. Er deutete auf den Baum. »Das ist der Stamm«, sagte er, »und wir, wir sind die Gäste.« Darauf folgte so eine Situation, die man von schlechten Witzeerzählern kennt: Die Pointe ist raus und kein Mensch lacht. Nachdem es zehn Sekunden mucksmäuschenstill gewesen war, fuhr ich fort mit Nichtssagen und sah rüber zu den Entblößten, die darum baten, den Stamm ablegen zu dürfen, denn der alte Baum war unseren Naturburschen einfach zu schwer geworden. Jetzt musste auch ich schmunzeln und schaltete die Ampel von Rot auf Grün. So änderte man doch gerne seine Meinung, da passierte wenigstens was, und wir alle hatten mit unseren Enthüllten noch die ganze Nacht mächtigen Spaß auf der Tanzfläche vom P1 .
    Die Sache mit »Charles Bronson« ging dann leider nicht so amüsant weiter. Er hatte mir ein paar unverständliche Worte ins Ohr genuschelt. Ich konnte sein billiges Rasierwasser riechen, als er ganz nah an mich heranrückte und sein Pistolenhalfter unter dem Jackett an meine Rippen presste. In diesem Moment änderte ich meine Meinung über ihn. Ich fand ihn nun extrem nett und gut aussehend, und ganz sicher war er kein böser Mensch, von seiner Knarre

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