„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
Messer-Charly zehn Flaschen Champagner, fünf zum Verspritzen, fünf zum Saufen. Die smarte Kellnerin hatte so ihre Mühe, beim Zapfenstreich die kompletten achttausend Mark zu kassieren. Aber Ludenschulden sind halt Ehrenschulden, da lassen die Herren aus dem Milieu nichts drauf kommen. Hinter dem Zelt warteten sie geschlagene zwanzig Minuten im strömenden Regen auf die Stretchlimousine, die sie ins P1 chauffieren sollte. Der Berliner Hans passte nicht mehr rein. Bonzen-Bernd hatte falsch gerechnet. Aber es war nicht seine Schuld: Der Messer-Charly hatte nämlich zwei Schnecken im Schlepptau, und die machten sich jetzt auf dem Platz vom Berliner Hans oben frei. Charly, das war so einer, der wusste schon am Montag die Woche zuvor, dass am Wochenende drauf irgendein Oberfreier eine Lokalrunde Schampus im Etablissement des Berliner Hans schmeißen wollte. Das wussten die anderen nicht. Er hatte so eine Nase für schräge Sachen und bildete sich was drauf ein, wenn es dann wirklich so kam.
Der Chauffeur lenkte die Limousine auf den Parkplatz vom P1. Was der Fahrer nicht oder zu spät sah, war eine Kabelabdeckung, auf der das lange Gefährt nun mit dem Bodenblech aufsaß und wie ein Schaukelpferd auf und ab wippte. Das brauchten die Jungs wie das Bauchweh und sie stiegen nicht gerade leichtfüßig aus der wackligen Karre mitten in die riesige Menge von Leuten, die vor der Tür warteten. Als Erste erkannte ich die Mama vom Berliner Hans; ihre bläulich getönte Grauhaarfrisur spiegelte sich im Scheinwerferlicht und ich: »Küss die Hand, Gnädige.« Das liebte sie und warum sollte man der alten Mama nicht das Gefühl geben, sie wäre etwas Besonderes? Hinter ihr folgte der ganze Schwanz an Zuhältern, Nutten und Hartgeld-Luden. Ich schickte meinen Kollegen Jochen mit nach drinnen, damit unsere anderen Gäste keine Panikattacken bekamen, wenn die halbe Unterwelt im P1 auftauchte.
Wäre Jochen nicht gewesen, hätte es schon beim Hinsetzen im VIP-Bereich gekracht. Irgend so ein Vollpfosten träumte mit geschlossenen Augen auf der Couch an jenem Tisch vor sich hin, der für den Berliner Hans reserviert war – keine Ahnung, wie der da hinkam. Postman, unser zuständiger Kellner, hätte ihn eigentlich gar nicht erst reinlassen dürfen. Bevor sich die ehrenwerte Gesellschaft nun den schlafenden Jüngling vornehmen würde, nahm ihn Jochen am Schlafittchen und bugsierte ihn rüber zur Bar von Postman und Theo. Da war er erst mal ganz gut aufgehoben. Nach zwei Minuten schlief er auch dort wieder ein.
Die Russen hatten drei usbekische Hühner dabei, die strippten für Wodka, und die eine hatte gleich zwei BHs an, die hängte sie dann dem Russenboss um den Hals. Die Mama gab nach zwei Stunden den Löffel ab, der Berliner Hans machte eine halbe Stunde später den Französischen, und Bonzen-Bernd, die Frankfurter Jungs und die Kiezkönige aus St. Pauli feierten, bis der Arzt kam. Ein prima Abend, eine weitere Nacht ohne Tote und Verletzte.
Ich wachte mit dem schrecklichen Gefühl auf, dass die Zuhälter heute Abend wiederkommen würden. Die Sonne, die strichlinienartig durch das Rollo schien, hatte mich sogar durch die geschlossenen Augenlider geblendet. Ich ließ den Rollladen ganz runter, aber die Helligkeit war trotzdem noch da. Ich setzte mich wieder aufs Bett, blinzelte, suchte nach einem Mädchen, weil über den Telefonhörer ein Damenslip gespannt war, und versuchte, mich zu sammeln. Erstens: Das Telefon klingelte seit etwa einer Minute. Zweitens: Kurt war am Apparat. Drittens: Er war fuchsteufelswild. Und viertens: Ich sollte in zehn Minuten im Büro erscheinen. Ich tastete mich an der Raufasertapete entlang die zwei Meter ins Badezimmer. Zimmer? Selbst die Nasszelle in der alten Pionierkaserne in Nordschwabing war größer und besser ausgestattet als mein Puppenhausbad. Eigentlich aber war es richtig praktisch, weil ich alles auf den zwei Quadratmetern gleichzeitig machen konnte: Zähneputzen, pinkeln, gerade mal fünf Zentimeter vom Waschbecken entfernt, und duschen, denn der Brausekopf befand sich direkt über der Kloschüssel. Nach der Katzenwäsche sprang ich in die Jeans, irgendwie wollte sie heute nicht richtig sitzen, und ab ins Büro. Die Straßen waren wie ausgestorben am Sonntag um neun Uhr morgens. Fuck!? Neun Uhr? Ich verfluchte Kurt und begrüßte ihn artig, als ich im Büro, das sich unter dem P1 befand, ankam. Auf seinem Schreibtisch lagen zwei Fünfhunderter.
Aus der Schublade, von der ich glaubte, dass
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