„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
alter Mathelehrer hätte jetzt schon wieder eine Wahrscheinlichkeitsrechnung aufgestellt, wer denn nun von den insgesamt 121 Leuten durch die Tür ins »Paradies« durfte und wer nicht. Der Capote-Mann hatte nun genügend Luft geschnappt und versuchte, mir zu erklären, dass er zwei Superpromis dabei habe und die hätten hier im Pulk Riesenprobleme, weil sie so klein seien. Noch dazu habe er sich allein nach vorn gekämpft und die zwei einfach ihrem Schicksal überlassen. Ich stellte mir gerade vor, wie es sein mochte, wenn zwei Einsfünfzig-Typen wie Statler und Waldorf, die beiden Opas aus der Muppet Show , zwischen einer Dragqueen-Gang stehen, deren Mitglieder alle über einsneunzig waren? Schließlich wurde unsere nette Unterhaltung durch ein bitteres Teeniegekreische unterbrochen; entweder war sie unsittlich angefasst worden, oder sie hatte einen Star erkannt, was ihre Reaktion auch ausgelöst haben konnte.
Das Gekreische wurde jedoch von keinem Teenie ausgestoßen, sondern von einer Mittvierzigerin in einem grau-grün karierten Faltenrock. Sie trug eine Brille mit dicken Gläsern und hatte offenbar erst nach genauerem Hinsehen ihren Filmschwarm Danny DeVito direkt neben sich erkannt, den sie so wahnsinnig süß und knuffig fand, seit sie ihn 1975 in der Rolle des Martini in Einer flog übers Kuckucksnest gesehen hatte. Sie kippte ohnmächtig um, als neben Danny DeVito auch noch Dustin Hoffman auftauchte.
Ich half dem kleinen Danny DeVito über die Absperrung. Mein Türsteherkollege Jochen kniete sich neben ihn und richtete ihn auf, bis er wieder ganz auf den Beinen war. Inzwischen winkte Dustin Hoffman ganz aufgeregt, weil er wohl dachte, er würde in der Menge unerkannt vergessen werden. Jetzt war auch der Capote-Mann zu Jochen und mir gestoßen; er presste seine Beine gegen das Gitter und beugte seinen kompletten Oberkörper im Neunzig-Grad-Winkel in die Menschenmenge und streckte dabei beide Arme nach Dustin Hoffman aus, und dieser wiederum versuchte, die Arme des Capote-Mannes zu fassen zu bekommen. Dustin Hofffman ging in der Menge jedoch wieder unter und man sah dem Capote-Mann an, dass er sich jetzt lieber in der Hotelbar das Gehirn wegsaufen würde als vor einer Münchner Disco athletische Verrenkungen zu vollführen, um seinen kleinen Schützling aus der Monster-Menschenmasse zu befreien. Endlich bekam er Hoffmans rechtes Handgelenk zu packen und ein paar kräftige Jungs hoben Hoffman in die Höhe und reichten ihn unter dem Applaus der Wartenden an den Capote-Mann weiter. Dustin Hoffman war angekommen und die beiden Kleinen endlich wieder zusammen.
Maike zog die Augenbrauen hoch und staunte nicht schlecht, als auf einmal Hoffman, DeVito und der Capote-Mann bei ihr an der Bar standen und mexikanisches Bier bestellten. Niemand trank mehr mexikanisches Bier und Kurt wollte es eigentlich schon längst von der Getränke karte genommen haben, weil sich hanebüchene Geschichten um die Brauerei in Mexiko rankten; dort hätten sie angeblich reingepisst, bevor die Flaschen in den Export gingen. Die drei hatten davon allerdings noch nichts gehört.
Sie bestellten eine weitere Runde und gaben Maike eins aus. Zaghaft nuckelte sie an der Bierflasche. Sie war Mitte zwanzig, ihr Hintern etwas zu breit und ihre Brüste flach, aber sie war von magischer Anziehungskraft. Sie hatte ihren Abschluss an einer Eliteschule im Elsass oder irgendwo gemacht, total streberhaft, und dann ging sie nach New York auf die Columbia High. Eines Nachts hatte ihre Freundin Macy sie auf einer Vernissage von James Rizzi in einer aufgelassenen Bäckerstube im Meatpacking District in Manhattan mit dem Gitarristen einer gerade sehr angesagten Band bekannt gemacht; dann war sie für ein halbes Jahr wie vom Erdboden verschwunden, weg, abgetaucht. Irgendwann hatte die Band ein Konzert in München und sie kamen spät nachts ins P1 . Der Gitarrist war schon mächtig weggetreten und benahm sich Maike gegenüber wie ein Vollidiot. Kurt mischte sich ein: »Du bist also die Freundin von dem Typen da?« Nemo, so nannten sie den Gitarristen, lallte in einem abartigen NYC-Slang zu Kurt rüber: »Was geht dich das eigentlich an?« Kurt sah Maike an, sie sah ihn an und beide dachten sich, was der denn hören wolle. Die Wahrheit? Kurt also: »Um die Wahrheit zu sagen, du lässt sie jetzt ganz schnell in Ruhe und ziehst Leine.« Maike hatte schon seit ein paar Tagen die Schnauze voll von Nemo. Sie hatte bereits viele blaue Flecke an den Oberarmen
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