Du kuesst so teuflisch gut
bin nicht der Typ für so etwas.“
Meri auch nicht, aber bisher kam das für sie auch nicht infrage. Ihr Vater gab sein Geld mit vollen Händen für immer jüngere Frauen aus. Hunters Stiftung lief gut, und sie hatte das Geld aus ihrem Treuhandfonds, das sie allerdings noch nie angerührt hatte. Da sie ein gutes Gehalt bekam, konnte sie problemlos davon leben. Wenn Hunter noch da wäre …
„Irgendwann musst du dich dem Ganzen stellen“, meinte sie.
„Der Stiftung?“
„Nein, deiner Trauer um Hunter.“
Jack presste kurz die Lippen zusammen. „Das habe ich bereits getan.“
„Das glaube ich nicht. Da schwelt noch viel unter der Oberfläche.“ Meri blickte Jack nachdenklich an. Er hatte nicht gehalten, was er seinem besten Freund versprochen hatte. Dieses Wissen musste ihn quälen. Er hatte auch sie im Stich gelassen, aber zum ersten Mal war sie deshalb nicht wütend auf ihn. Wahrscheinlich hatte es ihr gutgetan, sich ordentlich auszuheulen, als sie die Bilder in dem Schuhkarton fand.
„Wenn ich schlecht drauf bin, bist du für mich ein selbstsüchtiger Mistkerl, der uns alle betrogen und enttäuscht hat. Wenn ich gut drauf bin, sage ich mir, dass du bleiben und das halten wolltest, was du versprochen hast, dass aber der Verlust des Freundes zu schwer zu ertragen war. Was stimmt denn nun?“
„Wahrscheinlich beides.“
Meri wartete bis kurz vor Mitternacht, dann ging sie die Treppe zum Büro hinauf. Von dem Balkon dort hatte man sicher einen fantastischen Blick auf den Nachthimmel. Zu ihrer großen Überraschung saß Jack immer noch vor seinem Laptop.
„Was machst du denn noch hier?“, sagte sie, als er überrascht hochsah. „Es ist schon spät, und du brauchst deinen Schlaf.“
„Hast du deine Verführungsstrategie geändert?“ Er grinste. „Nicht uninteressant, aber nicht so wirksam, muss ich sagen.“
„Ich bin nicht hier, um dich zu verführen. Ich habe Besseres zu tun.“
„Ach so.“ Er blickte durch die Balkontür in den sternenklaren Himmel. „Und dabei störe ich dich?“
„Du würdest wahrscheinlich eine Menge Fragen stellen, was mich wahnsinnig machen würde. Und auch wenn ich mir Mühe gebe, irgendwann ist auch meine Geduld zu Ende, und dann bist du beleidigt.“
Stattdessen wollte sie den Himmel betrachten. Die klare Schönheit der Sterne war Balsam für ihre Seele. Sicher, Jack zu verführen war ihr eigentliches Ziel, aber das konnte warten.
„Ach, ich glaube, so ein kleines Donnerwetter von deiner Seite würde ich gerade noch überstehen. Ich kann mich ganz gut zusammennehmen“, meinte er lächelnd.
„Das glaube ich nicht. Du wirst wimmern wie ein kleines Mädchen, damit ich wieder nett zu dir bin.“
Das hätte sie wahrscheinlich lieber nicht sagen sollen, das war ihr sofort klar. Sie hatte auch gar nicht die Absicht gehabt, ihn herauszufordern, sondern wollte das Gespräch nur möglichst bald beenden. Denn sie wollte endlich ihr neues Teleskop ausprobieren.
Schweigend stand er auf, ging um den Schreibtisch herum und blieb dicht vor Meri stehen. Da er so groß war, musste sie den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können.
„Du glaubst also, ich könnte dir nicht widerstehen?“, fragte er leise. Seine Stimme klang dunkel und gefährlich. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass er sehr viel größer und stärker war als sie und dass sie hier oben keiner hören konnte, wenn sie um Hilfe rief.
„Nein, nein, das wollte ich nicht sagen“, behauptete sie schnell. „Das ist mir nur so herausgerutscht. Entschuldige. Du willst jetzt bestimmt erst mal deine Ruhe haben. Geh nur, ich versteh das.“
Doch er dachte nicht daran, sondern nahm eine ihrer weichen Haarsträhnen zwischen die Finger und drehte sie leicht. „Spielst du mit allen Männern, denen du begegnest?“
„So ziemlich.“
„Hat es die Wirkung, die du dir erhoffst?“
„Ja, meistens.“
„Diesmal nicht.“ Damit legte er ihr die Hand an den Nacken, beugte sich vor und küsste sie.
Sie hatte das geahnt und hätte eigentlich Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Es war ja nur ein Kuss, was war schon dabei? Sie hatten sich schon einmal geküsst, und auch da hatte sie äußerlich ziemlich gut die Fassung bewahren können, auch wenn der Kuss sie einigermaßen durcheinandergebracht hatte.
Aber diesmal war es anders. Sowie sie seine Lippen spürte, schien sie innerlich dahinzuschmelzen. Rein technisch war das natürlich nicht möglich, aber genauso fühlte es sich an. Ihr wurde
Weitere Kostenlose Bücher