Du kuesst so teuflisch gut
„Wir sind nie allein ausgegangen.“
„Warum nicht? Ist sie etwa auch nicht Ihr Typ?“
„Also … ich weiß nicht … wahrscheinlich nicht.“ Das klang nicht sehr überzeugend. Vielleicht hatte Colin längst die Hoffnung aufgegeben, dass eine Frau wie Betina sich für ihn interessieren könnte.
Als Jack den Shuttlebus kommen hörte, verabschiedete er sich von Colin und stieg die Treppe zum Büro hinauf. An dem Treppenabsatz, der zu den Schlafzimmern führte, blieb er stehen. Da Meri einfach bei ihm hereingeplatzt war, war es nur recht und billig, dass er das Gleiche tat. Der Kuss gestern hatte sie offenbar verwirrt. Vielleicht sollte er die Situation nutzen.
Ohne anzuklopfen öffnete er ihre Schlafzimmertür.
Die Vorhänge waren offen, und das Sonnenlicht drang ungehindert in den Raum. Meri stand neben dem Bett und trug lediglich einen winzigen Slip. Das Haar fiel ihr in üppigen Wellen über den Rücken, und ihre Haut schimmerte golden.
Jack konnte den Blick nicht von ihr lösen, nicht von der schmalen Taille, nicht von den vollkommenen Brüsten. In jeder Hand hielt sie einen BH, so als überlege sie, welchen sie anziehen sollte.
Schließlich sah er ihr ins Gesicht. Sie wirkte verwirrt und verletzlich.
Der Atem stockte ihm, so sehr überfiel ihn das Verlangen, sie zu besitzen. Doch sofort meldete sich sein schlechtes Gewissen. Er hatte Hunter versprochen, sie zu schützen. Vor Männern wie ihm.
„Entschuldige“, sagte er leise und verließ den Raum.
Meri zog sich schnell an und blieb dann unschlüssig in der Mitte des Zimmers stehen. Was sollte sie tun? Der Kuss gestern hatte sie vollkommen verwirrt. Denn sie hatte mit einer Leidenschaft reagiert, die sie nie für möglich gehalten hätte. Sie hatte Jack begehrt, und ein solches Gefühl sah ihr Racheplan nun wirklich nicht vor.
Sie hatte zwar versucht, sich einzureden, dass ihre Reaktion vollkommen normal war. Jack sah gut aus, und sie mochte ihn. Früher war sie sogar in ihn verknallt gewesen. Da war es kein Wunder, dass ihre Verführungsversuche sie selbst auch nicht kaltließen.
Und jetzt hatte sie auch noch deutlich gesehen, dass er sie begehrte. Irgendetwas musste geschehen, und zwar schnell.
Entschlossen stieg sie die Treppe zum Büro hoch. Jack saß vor seinem Laptop und starrte auf den Bildschirm.
„Wir müssen miteinander reden“, sagte sie.
„Nein, müssen wir nicht.“
„Ich bleibe so lange hier, bis du mit mir sprichst. Du begehrst mich. Das habe ich dir angesehen.“
„Wenn ein Mann eine schöne nackte Frau sieht, reagiert er eben so, das ist vollkommen normal und von der Natur so eingerichtet. Mehr war es nicht.“
Sagte er die Wahrheit? War das alles? „Das glaube ich nicht“, behauptete sie. „Es ging hier nicht um irgendeine Frau. Du willst mich. Na los, Jack. Gib schon zu, dass du mich begehrst. Warum fällt dir das so schwer?“
Er holte tief Luft und wandte sich zu ihr um. Sie hielt den Atem an. Würde er endlich das eingestehen, wonach sie sich schon so lange sehnte?
Nein.
„Ich habe mit Colin über Betina gesprochen“, sagte er stattdessen.
Sie setzte sich auf den Stuhl, der dem Schreibtisch gegenüberstand. „Tatsächlich? Und? Was hat er gesagt?“
„Nichts Eindeutiges. Aber du hast recht, er steht auf sie, glaubt allerdings, dass jemand wie er sie nicht interessieren kann.“
„Das wundert mich nicht.“
„Wieso denn?“ Jack sah sie fragend an. „Es spricht doch viel für ihn. Er ist intelligent, hat einen guten Job und scheint nett zu sein.“
„So einfach ist das nicht. Colin und ich sind uns da sehr ähnlich. Wir leben in unserem Elfenbeinturm und haben von der wirklichen Welt keine Ahnung. Betina dagegen gehört zu den Menschen, die mitten im Leben stehen. Sie steht mit beiden Beinen auf der Erde, ist witzig und überall beliebt. Colin weiß nicht, wie man normal mit anderen Menschen umgeht. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche.“
„Jetzt übertreibst du aber. Du warst nie so.“
„Doch. Sogar schlimmer. Ich hatte mich in einen Mann verknallt, den ich nicht haben konnte. Er hat mir das Herz gebrochen.“
Jack blickte aus dem Fenster. „Dafür habe ich mich entschuldigt. Ich kann es nicht ungeschehen machen.“
„Ich weiß, und dennoch habe ich das Bedürfnis, dich dafür zu bestrafen. Superintelligent zu sein ist kein Segen. Mir war immer klar, dass ich eine Außenseiterin bin, und Colin geht es genauso. Wir erkennen das Problem, aber wir scheinen nicht in der Lage zu sein,
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