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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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hinaufgekrabbelt, und dieses bojutsu wäre sehr wirksam gegen einen nächtlichen Überfall mit Fahrradkette oder Stellmesser. Ich muß mir unbedingt einen zwei Meter langen Spazierstock anfertigen lassen.«
    Tiger gab einen unwilligen Laut von sich. »Sie sprechen wie ein Mann, der nur die Kampfmethoden kennt, wie man sie in einem Wildwestfilm zu sehen bekommt. Sie würden mit Ihren Methoden nicht weit kommen, wenn Sie als einfacher Bauer verkleidet nach Nordkorea einzudringen versuchten.«
    James Bond war von den Erlebnissen des Tages erschöpft. Außerdem tat ihm der Rekrut leid, der bei der Vorstellung für ihn und Tiger gestorben war. Er sagte kurz: »Und keiner Ihrer ninja würde in Ostberlin lange überleben!« Dann hüllte er sich in mürrisches Schweigen.
    11
    Zu Bonds großer Erleichterung übernachteten sie diesmal im »Miyako«, dem besten Hotel Kiotos. Das komfortable Bett, die Klimaanlage und die anderen westlichen Einrichtungen schienen einer anderen Welt anzugehören. Es kam aber noch besser: Tiger teilte ihm mit, er müsse leider mit dem Polizeichef der Präfektur zu Abend essen, und Bond ließ sich eine Flasche Whisky und eine doppelte Portion Eier »Benedikt« auf sein Zimmer bringen. Dann sah er sich aus Pflichtbewußtsein »Die sieben Detektive«, eine berühmte japanische Fernsehreihe, an, konnte aber den Schurken nicht identifizieren. Schließlich legte er sich ins Bett und schlief zwölf Stunden.
    Verkatert und reuevoll fügte er sich am nächsten Morgen willig Tigers Vorschlag, dem ältesten Bordell Japans einen Besuch abzustatten, ehe sie nach Osaka weiterfuhren, von wo sie nach Kiushiu übersetzten. »Ein bißchen früh für einen Besuch in einem Bordell«, war Bonds einziger Kommentar gewesen.
    Tiger lachte. »Es bekümmert mich sehr, daß Ihre niedrigen Instinkte immer das Übergewicht haben, Bondo-san. Prostitution ist heute in Japan illegal. Was wir besuchen wollen, ist ein nationales Denkmal.«
    »Ach du lieber Himmel!«
    In dem Bordell kam zunächst die übliche gegenseitige Verbeugerei an die Reihe. Es war ein geräumiges Gebäude in der jetzt verbotenen Straße der roten Lampen in der alten Hauptstadt. Der ernste Verwalter drückte ihnen ein paar hübsch gebundene Broschüren in die Hand. Auf polierten Böden schlenderten sie von Zimmer zu Zimmer und betrachteten feierlich die Schwerthiebe in den hölzernen Stützbalken, die, wie Tiger erklärte, von ungeduldigen Samurais stammten. Bond erkundigte sich, wie viele Schlafzimmer es gegeben habe. Seiner Meinung nach schien das ganze Haus aus einer riesigen Küche und vielen Eßzimmern zu bestehen.
    »Vier«, antwortete der Verwalter.
    »Das ist doch keine Methode, ein Bordell zu betreiben«, kritisierte Bond. »Man muß einen schnellen Umsatz erzielen - wie in einem Spielkasino.«
    »Bondo-san«, beklagte sich Tiger, »bitte versuchen Sie, Vergleiche zwischen unserer und Ihrer Lebensweise aus Ihrem Kopf zu verbannen. In früheren Zeiten war das hier ein Ort der Ruhe und Erholung. Man servierte Essen, machte Musik und erzählte Geschichten. Die Leute schrieben tankas . Lesen Sie nur die Inschrift da an der Wand. Sie bedeutet: >Morgen wird alles neu sein.< Irgendein scharfsinniger Mann hat sie wohl geschrieben.«
    »Und dann warf er seine Feder weg, langte nach dem Schwert und schrie: >Wann wird Zimmer vier endlich frei?< Nationales Denkmal! Es ist wie bei den neuen afrikanischen Staaten, die behaupten, im Kannibalenkochtopf in der Hütte des Häuptlings habe man Breichen für hungrige Kinder gekocht. Jedermann versucht, seine gewalttätige Vergangenheit zu vergessen, statt stolz auf sie zu sein. Sie sollten mir nicht einreden, daß euer ältestes Bordell eine Art Shakespeare-Festspielhaus ist.«
    Tiger brach in ein schallendes Gelächter aus. »Bondo-san, Ihre Kommentare zu der japanischen Lebensweise werden immer unverschämter. Kommen Sie, es ist Zeit, daß Ihnen der heilsame Wind der Überfahrt wieder einen klaren Kopf
    verschafft.«
    Die Murasaki Maru war ein ganz moderner Dreitausendtonner mit allem Luxus eines Ozeandampfers. Menschenmassen winkten zum Abschied, als fahre das Schiff über den Atlantik und nicht nur über einen größeren See. Unmengen von Luftschlangen wurden von Gruppen geworfen, deren Plakate anzeigten, wen sie vertraten - Betriebe, Schulen, Clubs: Teile der ständig umherreisenden japanischen Bevölkerung, die Betriebsausflüge unternahm, Verwandte oder Schreine besuchte oder einfach die Sehenswürdigkeiten des

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