Du lebst nur zweimal
leicht auf den Knauf seines mächtigen Schwertes gestützt. Es war, als seien sie eben von einem kleinen Zeitvertreib nach dem Essen zurückgekommen: einem Billardspiel, einem Blick in die Briefmarkensammlung, einer langweiligen Viertelstunde bei Schmalfilmen. Bond entschied: zum Teufel mit dem Bergarbeiter aus Fukuoka! Vor dem Bücherregal stand ein Schreibtisch, auf dem Zigaretten und Streichhölzer lagen. Er zog den Stuhl hervor und setzte sich. Er zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich zurück und inhalierte genußvoll. Warum sollte man es sich nicht gemütlich machen, bevor man sich zum Großen Schlaf hinlegte! Er klopfte die Asche auf den Teppich und schlug die Beine übereinander.
Blofeld deutete auf Bonds Habseligkeiten am Boden. »Bring das hinaus, Kono. Ich werde es mir später ansehen. Du kannst dann mit den anderen in der äußeren Halle warten. Bereitet inzwischen die Bogenlampe und die Elektromaschine für weitere Vernehmungen vor - falls das nötig sein sollte.« Er wandte sich an Bond. »Und jetzt - sprechen Sie, und Sie werden ehrenvoll und schnell durch das Schwert sterben. Haben Sie keine Angst. Ich kann damit umgehen, außerdem ist es haarscharf. Wenn Sie nicht sprechen, werden Sie langsam und qualvoll sterben
- und trotzdem reden. Sie wissen aus eigener Erfahrung, daß es so ist. Es gibt Schmerzen, die kein Mensch ertragen kann. Nun?«
»Blofeld«, sagte Bond, »Sie waren nie dumm. Eine Menge Leute in London und Tokio wissen, daß ich heute nacht hier bin. Im Augenblick können Sie vielleicht noch um ein Todesurteil herumkommen. Sie haben genug Geld und könnten sich die besten Anwälte nehmen. Aber wenn Sie mich umbringen, werden Sie ganz bestimmt sterben.«
»Mister Bond, Sie sagen nicht die Wahrheit. Ich kenne die Wege der Bürokratie so gut wie Sie. Deshalb macht Ihre Geschichte nicht den geringsten Eindruck auf mich. Wenn meine Anwesenheit hier offiziell bekannt wäre, hätte man eine kleine Armee von Polizisten losgeschickt, um mich zu verhaften. Und mit ihnen wäre ein hoher Beamter der CIA erschienen, auf deren Fahndungsliste ich zweifellos stehe. Dies hier ist amerikanisches Einflußgebiet. Man hätte Ihnen vielleicht erlaubt, mich nach meiner Verhaftung zu verhören, aber ein Engländer würde niemals die Hauptrolle bei der entscheidenden Polizeiaktion spielen.«
»Wer sprach von einer Polizeiaktion? Als ich in England Gerüchte über diesen Besitz hörte, dachte ich mir gleich, daß das ganze Unternehmen von Ihnen aufgezogen sein mußte. Ich bekam die Erlaubnis, hierherzufahren und mich umzusehen. Mein Aufenthaltsort ist bekannt, und man wird die nötigen Schritte unternehmen, wenn ich nicht zurückkomme.«
»Das glaube ich nicht, Mister Bond. Es wird keinerlei Anzeichen dafür geben, daß Sie mich jemals gesehen, daß Sie diesen Besitz überhaupt betreten haben. Ich habe nämlich gewisse Informationen. Einer meiner Agenten berichtete kürzlich, daß der Leiter des japanischen Geheimdienstes, ein gewisser Tanaka, in Begleitung eines als Japaner verkleideten Fremden hierher unterwegs sei. Ich sehe jetzt, daß Ihr Äußeres mit der Beschreibung meines Agenten übereinstimmt.«
»Wo ist der Mann? Ich würde ihm gern ein paar Fragen stellen.«
»Er ist nicht greifbar.«
»Sehr bequem.«
Ein rotes Feuer begann tief in den schwarzen Augen Blofelds zu glimmen. »Sie vergessen, daß nicht ich hier verhört werde, Mister Bond, sondern Sie! Ich weiß zufällig sehr gut über diesen Tanaka Bescheid. Er ist ein völlig skrupelloser Mensch, und ich möchte eine Vermutung äußern, die den Tatsachen entspricht und durch Ihre unüberlegten Ausreden fast zur Gewißheit wird. Tanaka hat bereits einen seiner fähigsten Agenten verloren, den er hierhergeschickt hatte, um mich zu überprüfen. Sie standen zur Verfügung, vielleicht im Zusammenhang mit einer beruflichen Angelegenheit, und gegen eine Entschädigung oder als Gegenleistung für einen Gefallen haben Sie sich bereit erklärt, hierherzukommen und mich zu töten und so eine Situation zu bereinigen, die der japanischen Regierung äußerst unangenehm ist. Ich weiß nicht, wann Sie herausgefunden haben, daß Dr. Guntram Martell in Wirklichkeit Ernst Stavro Blofeld ist. Es interessiert mich auch nicht. Sie haben Ihre privaten Gründe dafür, mich umbringen zu wollen. Und ich hege absolut keinen Zweifel, daß Sie Ihr Wissen für sich behalten und niemand weitergegeben haben - aus Angst, daß ein offizielles Eingreifen, wie ich es
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