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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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angedeutet habe, Ihre Pläne für eine private Rache zunichte machen würde.« Blofeld legte eine Pause ein. Dann sagte er ruhig: »Ich besitze eines der hervorragendsten Gehirne der Welt, Mister Bond. Haben Sie irgend etwas darauf zu erwidern? Sie sollten es sich aber lieber gut überlegen.«
    Bond nahm sich noch eine Zigarette und zündete sie an. Er antwortete gelassen: »Ich bleibe bei der Wahrheit, Blofeld. Wenn mir etwas zustößt, werden
    Sie - und als Zugabe wahrscheinlich auch die Frau - noch vor Weihnachten tot sein.«
    »Wie Sie meinen, Mister Bond. Ich bin mir meiner Sache allerdings so sicher, daß ich Sie jetzt eigenhändig töten und Ihre Leiche ohne alle weiteren Umstände verschwinden lassen werde. Nach näherer Überlegung möchte ich es lieber selbst tun, als es langsam von meinen Wächtern erledigen zu lassen. Sie waren zu lange ein Dorn in meinem Fleisch. Meine Abrechnung mit Ihnen ist rein persönlich. Haben Sie jemals den japanischen Ausdruck >kirisutegomen< gehört?«
    Bond seufzte. »Ersparen Sie mir das Rätselraten, Blofeld.«
    »Er geht auf die Zeit der Samurai zurück. Wörtlich bedeutet er >töten und fortgehen<. Wenn eine Person von niedrigem Stand die Fahrt eines Samurai auf der Straße behinderte oder es versäumte, ihm die gebührende Achtung zu bezeigen, war es das gute Recht des Samurai, ihr den Kopf abzuschlagen. Ich betrachte mich als einen Nachfahren der Samurai. Mein Schwert ist bis jetzt unbenutzt geblieben. Mit Ihrem Kopf werde ich es gebührend einweihen.« Er wandte sich an Irma Bunt. »Meinst du nicht auch, meine Liebe?«
    »Aber natürlich, Ernst. Deine Entscheidungen sind immer richtig. Aber sei vorsichtig. Dieses Tier ist gefährlich.«
    »Du vergißt etwas, meine Liebe. Seit letztem Januar ist er kein Tier mehr. Durch einen einfachen Anschlag auf die Frau, die er liebte, hatte ich ihn auf menschliche Maßstäbe zurückgeführt.«
    Die hohe schreckenerregende Gestalt trat vom Kamin weg und hob das Schwert.
    »Ich werde es dir beweisen.«
    20
    Bond ließ die brennende Zigarette auf den Teppich fallen. Sein Körper spannte sich. »Ich nehme an«, sagte er, »Sie beide wissen, daß Sie völlig verrückt sind.«
    »Das war auch Friedrich der Große, das war Nietzsche, das war van Gogh! Wir befinden uns in erlauchter Gesellschaft, Mister Bond. Was sind dagegen Sie? Ein ganz gewöhnlicher Mörder, ein plumpes Instrument, das Idioten in hohen Stellungen handhaben. Und wenn Sie auf Grund einer falschen Vorstellung von Pflicht oder Patriotismus Ihre Aufgabe durchgeführt haben, befriedigen Sie Ihre tierischen Instinkte mit Alkohol, Nikotin und Sex, während Sie darauf warten, daß man Sie zum nächsten Raubzug ausschickt. Zweimal bereits hat Ihr Chef Sie gegen mich eingesetzt, Mister Bond, und mit Glück und brutaler Gewalt haben
    Sie zwei Projekte meines Genies vernichten können. Sie und Ihre Regierung pflegen diese Projekte als Verbrechen gegen die Menschheit zu bezeichnen, und verschiedene Stellen bemühen sich immer noch, mich dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Aber versuchen Sie einmal. Ihren Verstand zusammenzunehmen, Mister Bond, und sie realistisch und von meiner höheren Warte aus zu sehen.«
    Blofeld stellte die Spitze des Samuraischwertes zwischen seine gespreizten Beine und stützte die kräftigen Hände auf den Knauf. Bond, der vom anderen Ende des Zimmers zu ihm aufsah, mußte zugeben, daß die drohende, gebieterische Gestalt etwas Außergewöhnliches ausstrahlte. Der in schwere Falten gelegte Kimono ließ ihn noch größer erscheinen, und der gestickte goldene Drache wand sich drohend über die schwarze Seide und schien echtes Feuer zu speien. Während Bond darauf wartete, daß Blofeld weitersprach, schätzte er seinen Gegner ein. Er wußte, was folgen würde - eine Rechtfertigung. Es war immer das gleiche. Wenn sie glaubten, einen dort zu haben, wo sie einen haben wollten, wenn sie wußten, daß sie die Oberhand hatten, war es für den Henker vor dem entscheidenden Schlag angenehm und beruhigend, seine Verteidigungsrede zu halten - das Vergehen zu rechtfertigen, das er gerade beging. Blofeld sprach weiter. Seine Stimme klang vernünftig, selbstsicher, erklärend.
    »Nehmen Sie zum Beispiel das Unternehmen Feuerball, Mister Bond«, sagte er. »Dieses Projekt brachte es mit sich, daß ich von der westlichen Welt Lösegeld für zwei Atomwaffen verlangte, die ich in meinen Besitz gebracht hatte. Worin liegt hier das Verbrechen, außer im Durcheinander der

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