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Du lebst, solange ich es will

Du lebst, solange ich es will

Titel: Du lebst, solange ich es will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Henry
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Ich esse ihn bis auf das Kerngehäuse auf und spuckte die Kerne auf den weißen Keramikteller.
    Dann nehme ich zwei Flaschen Wasser aus dem untersten Fach des Regals und trinke sie aus. Ich würde gerne mehr trinken, aber halte mich davon ab. Was, wenn er keinen Nachschub bringt? Schließlich hat er das Wasser, das ich schon getrunken habe, nicht ersetzt. Ich stelle alle leeren Flaschen neben den weißen Teller, der auf einem schwarzen Plastiktablett steht. Das Tablett ähnelt denen in der Schulcafeteria. Der Gedanke an Schule erscheint schon völlig unrealistisch. Es gibt nur noch diesen winzigen Raum mit den weißen Wänden und dem marineblauen Futonbett. Ich existiere nicht außerhalb dieses Raumes. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich innerhalb des Raumes existiere.
    Es gibt keine Uhr, daher weiß ich nicht, wie spät es ist. Und das Sandwich ist auch kein großer Hinweis. Es könnte mein Mittagessen sein, Abendbrot oder gar keine bestimmte Mahlzeit. Es könnte auch zwei Uhr morgens sein. Ich weiß noch nicht einmal, welcher Tag heute ist. Aber ich habe das Gefühl, hier schon sehr lange zu sein. Schon seit einer Ewigkeit.
    Ich wünschte, es gäbe einen Stuhl, den ich unter den Türknauf stemmen könnte, zumindest wenn ich schlafe. Wenn ich ihn nicht hereinlasse, bekomme ich kein Essen mehr. Aber ich will auch nicht aufwachen, und er steht vor mir. Das ist das Schlimmste.
    Und ich will nicht aufwachen und merken, dass er hier gewesen war, ohne dass ich davon etwas mitbekommen habe. Vielleicht kann ich das Regal vor die Tür schieben. Ich muss es später versuchen. Im Moment bin ich zu schwach, um den Fernseher herunterzuheben und das Regal auszuräumen.
    Der Fernseher! Wenn ich einen Nachrichtensender finde, bringt er vielleicht etwas über mich und ich erfahre, wie weit sie mit der Suche nach mir sind. Ich will meinen Namen hören. Ich will hören, dass sie nah dran sind.
    Also stelle ich den Fernseher an. Aber es gibt kein Antennenkabel, nur ein Netzkabel. Ich zappe durch alle Kanäle. Doch ich sehe und höre nur graues Rauschen. Zwischen dem Surren und Knacken bilde ich mir ein, Wörter zu hören. Beinahe.
    Vielleicht.
    Bilde ich mir ein.
    Aber ich höre nie den Namen Kayla Cutler.

DURCHSUCHUNGSBEFEHL
    Beim zu durchsuchenden Objekt handelt es sich um den Wohnsitz des Tatverdächtigen Cody Renfrew, wohnhaft in 3707 NW Hazelfern, Portland. Der Wohnsitz ist ein Einfamilienhaus, weiß mit blauer Verkleidung, und das letzte Haus links in Hazelfern. Die Hauseingangstür zeigt nach Norden. Auch das zu durchsuchende Kraftfahrzeug gehört der tatverdächtigen Person. Beim Kraftfahrzeug handelt es sich um einen braunen (vorher weißen) Ford Lieferwagen, registriert im Bundesstaat Oregon mit dem Kennzeichen NWE 530.
    Es gilt zu überprüfen, ob sich auf besagtem Grundstück und im Kraftfahrzeug Gegenstände befinden, die Beweise für eine Straftat liefern, als da wären:
    Beweismittel betreffend der Ermittlungen in einem Mordfall, darunter die sterblichen Überreste von Kayla Cutler, des Weiteren Blut, Körperflüssigkeiten und Absonderungen, Haare, Fasern, Fingerabdrücke, Handabdrücke, Fußspuren, Fußabdrücke, Schuhe, Bekleidung und andere Utensilien, Waffen, Schneidewerkzeuge, Seile oder andere Knebelmaterialien, Gegenstände zur Ausübung von Gewalt oder Gegenstände, die Hinweise auf eines der aufgeführten Objekte liefern.

Der siebte Tag
DREW
    Ich sitze im Unterricht wie ein Zombie. In Englisch redet Mrs Lorton ohne Unterlass über Symbolismus. Ich mache das, was ich am besten kann: ziehe den Kopf ein und verhalte mich unauffällig.
    Warum hat Gaby mich geküsst? Warum hat sie mich weggestoßen?
    Nur, weil ich zufällig da war, jemand, der sie halten konnte, als sie zitterte. Und hat sie mich dann weggestoßen, als ihr einfiel, dass nur ich es bin, Drew Lyle, der kiffende Dreierschüler?
    Natürlich habe ich schon andere Mädchen geküsst. Hinter unserem Haus ist ein großer Park. Ein Teil davon wuchert wild vor sich hin, getrennt vom Rest durch einen kleinen Bach. Dort stehen ungefähr hundert alte hohe Tannen, aber es gibt keine Tennisanlagen, keine Wege und keine Spielplätze. Nur weiche Nadeln. Keiner geht dort mit seinem Hund Gassi oder schiebt einen Kinderwagen. Es ist wie ein kleiner Wald. Manchmal hängen dort ein paar Kids nach der Schule rum und kiffen. Vielleicht machen sie auch noch andere Sachen, wenn es dunkel wird.
    Ich habe dort bisher nur einmal einen Erwachsenen gesehen, als ein

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