Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du lebst, solange ich es will

Du lebst, solange ich es will

Titel: Du lebst, solange ich es will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Henry
Vom Netzwerk:
sich mehr wie ein Käfig an, in den wir eingesperrt sind. Wenn irgendein Irrer hereinkommt, sitzt Gaby in der Falle. Es bleibt zwar noch die Hintertür zum Parkplatz, aber um dort hinzukommen, müsste sie erst durch den Vorraum, an Petes Büro, an der Küche und dem Pausenraum vorbei und dann die Hintertür aufschließen. Das dauert viel zu lange, wenn man verfolgt wird.
    »Ich sollte dich hier nicht allein lassen. Ich rufe die Frau zurück und sage ihr, dass es leider nicht geht.«
    »Es wird schon nichts passieren. Die ganzen anderen Geschäfte haben noch geöffnet. Sollte jemand etwas Dummes versuchen, würde es jede Menge Zeugen geben. Außerdem habe ich mein Handy griffbereit.« Gaby klopft auf ihre Schürzentasche.
    Trotzdem fühlt es sich nicht gut an. Aber was soll ich machen? Immerhin ist Gaby hier viel sicherer, als wenn sie selbst die Pizza ausfahren würde. Ich gehe in den Kühlraum und hole den Salat. Sunny bereitet ihn immer schon am Morgen vor, sodass ich den Salat jetzt nur in eine Plastikbox füllen und einen kleinen Behälter mit Dressing dazulegen muss. Als ich die Tür aufstoße, wird mir klar, dass der Kühlraum wie eine Festung ist. Keine Fenster. Die Tür ist mindestens zwei Zentimeter dick und aus solider Eiche. In einer Ecke liegt ein kleines Stück Holz, das von einer Palette abgebrochen ist. Ich schiebe es unter den Türgriff, sodass es über den Rahmen hinausragt. Dann versuche ich, die Tür aufzustoßen. Sie rührt sich nicht.
    Ich nehme das Holzstück wieder heraus und hole Gaby, um es ihr zu zeigen. Unser Atem bildet zwei Wolken, die miteinander verschmelzen. »Pass auf, wenn dich jemand bedroht, rennst du einfach in den Kühlraum und schiebst dieses Holzstück unter den Griff. Probier es mal.« Ich stoße die Tür auf, gehe raus, warte kurz und versuche sie dann wieder zu öffnen. Sie bewegt sich keinen Millimeter. Und da die Tür nach außen aufgeht, kann man sie auch nicht mit einem Tritt oder mit den Schultern einrammen.
    Die Pizza ist im Handumdrehen fertig. Ich schiebe sie in die Pappschachtel und packe sie in eine rote Isoliertasche. Der Salat kommt oben drauf.
    Ich hole tief Luft. »Okay. Sieht so aus, als wäre ich so weit. Wenn jemand reinkommt, der dir verdächtig vorkommt, rennst du in den Kühlraum und rufst die Polizei. Du musst dir nicht albern vorkommen.«
    Sie gibt mir die Schlüssel. »Ich bin vorsichtig. Und du sei bitte auch vorsichtig.« Sie funkelt mich an, dann sieht sie weg. Wir stehen so nah beieinander, dass ich die Pfefferminze in ihrem Atem riechen kann. Sie hat den ganzen Abend über Kaugummi gekaut, schnell gekaut und schnell gearbeitet.
    Ich gehe zur Hintertür raus. Der Parkplatz ist nur spärlich beleuchtet. Ich werde Gaby nachher zum Auto bringen, bevor ich nach Hause gehe. Ich drücke auf den Knopf des seltsamen Autoschlüssels, um aufzusperren. Meine Hand zittert. Ich stelle die Tüte mit der Pizza und dem Salat auf den Beifahrersitz und fasse vorher kurz an den Tütenboden, um sicherzugehen, dass auch kein Käse daran kleben geblieben ist. Ihr Auto ist so sauber. Die Sitze im Ford Tempo meiner Mutter sind voller Krümel und Brandlöcher von Zigaretten.
    Da mich meine Mutter nur selten ihr Auto benutzen lässt, habe ich kaum Fahrpraxis. Ich werde mich davor hüten, Gaby das jemals zu sagen. Außerdem habe ich nicht vor, mich mit ihrem Mini Cooper einem anderen Auto auf weniger als drei Meter zu nähern.
    Nachdem ich rückwärts ausgeparkt habe, biege ich auf die Straße. Ich fahre, als würde ein Ei zwischen meinem Fuß und dem Gaspedal kleben.
    Es läuft gerade das Stück »Cage of Bones« von einer CD von Flea Market Parade. Ich singe mit, achte nicht auf den düsteren Text und versuche etwas lockerer zu werden.
    Zehn sehr nervöse Minuten später parke ich vor einem Haus. Ich gehe die Stufen zum Eingang hoch und klopfe an die Tür. »Pete’s Pizza«, sage ich, als eine Frau aus dem Fenster schaut. Das ist wohl kaum zu übersehen. Ich trage ein weißes Baseballcap und ein rotes Poloshirt. Auf beiden steht PETE’S PIZZA.
    Die Frau öffnet und kramt in ihrer Handtasche. Sie hat dieselbe Stimme wie die Frau, die angerufen hat. Das Ganze war also kein Ablenkungsmanöver, um mich von der Pizzeria wegzulocken. Im Hintergrund sehen zwei kleine Kinder eine Wiederholung der Simpsons.
    »Hat man Kayla schon gefunden?«, fragt die Frau, während sie noch immer nach dem Portemonnaie sucht.
    Die Leute nennen sie alle nur bei ihrem Vornamen, als würden sie sie

Weitere Kostenlose Bücher