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Du lebst, solange ich es will

Du lebst, solange ich es will

Titel: Du lebst, solange ich es will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Henry
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Eindruck, aber bald bist du nicht mehr da. Du willst ihn doch sicher nicht verletzen.«
    Jetzt beobachte ich Drew aus den Augenwinkeln. Ich mache mir keine Sorgen, dass ich ihn verletze.
    Ich mache mir Sorgen, dass er mich verletzt.

Der siebte Tag
„JOHN ROBERTSON"
    »Hi!« Gaby lächelt mich unter dem Rand ihrer Baseballkappe hervor an. »Lassen Sie mich raten. Ein Stück Margarita und einmal Roma spezial?« Sie hält den Stift über den Bestellblock.
    Bei meinem letzten Besuch in der Pizzeria habe ich gewartet, bis Gaby sich umgedreht hat. Dann habe ich mir ihren Stift vom Tresen genommen und zu meinem Schablonenmesser in die Brusttasche von meinem Poloshirt gesteckt. Später habe ich dann auf dem dämmrigen Parkplatz gesessen und bin mit dem Stift über meine Lippen gefahren. Und dazwischen. Habe an Gaby gedacht. Und an Gabys Finger und an ihre Lippen.
    »Du weißt genau, was ich will«, sage ich. Gaby hat keinen Schimmer, was ich wirklich will.
    Sie hat dunkle Augenringe, als hätte sie nicht gut geschlafen. Jedes andere Mädchen - Kayla zum Beispiel - würde dadurch gleich nicht mehr so hübsch aussehen. Aber Gabys Augen wirken durch die dunklen Ringe noch geheimnisvoller. Ich könnte mich darin verlieren.
    »Tja, ich weiß nun mal, dass Sie Vegetarier sind«, sagt sie. »Und dass Sie wahrscheinlich ein Rootbeer dazu wollen.«
    »Schon wieder richtig.« Jeder weiß, dass ich kein Fleisch esse. Das ist einer der Gründe, warum »John Robertson« drei große Fleischmonster bestellt hat. Die Behörden suchen wahrscheinlich nach einem Typen, der Fleisch mag. Sie suchen nicht nach einem unauffälligen Vegetarier mit Brille, der sich mit Architekturmodellbau sein Geld verdient.
    »Und zum Hier-Essen, hab ich recht?« Ihr macht unser kleines Spiel Spaß. Sie hält sich für die Gewinnerin. Sie ahnt noch nicht, dass es ein richtiges Spiel gibt, das wir bald spielen werden.
    Hinter ihr geht die Tür vom Kühlraum auf. Einer der Schüler, die in der Pizzeria arbeiten, kommt mit einem Edelstahlbehälter voller blassem, geraspeltem Käse heraus. Als Gaby hört, wie er die Tür mit dem Fuß zustößt, dreht sie sich um und lächelt.
    Der Anblick dieses Lächelns - breiter und irgendwie echter als das Lächeln, das sie mir geschenkt hat - verärgert mich. Ich bin hier der Kunde. Mir sollte sie ihre ganze Aufmerksamkeit widmen. Stattdessen flirtet sie fast mit diesem Jungen direkt vor meiner Nase.
    Ich bekomme Lust, ihr wehzutun. Nur ein klein wenig.
    »Das mit deiner Freundin tut mir leid. Das mit Kayla Cutler.« Ich widerstehe dem Drang, mir an den Hals zu fassen. Die bereits abheilenden Kratzwunden liegen unter einer dünnen Schicht Make-up verborgen. Ich musste fünf verschiedene Sorten kaufen, bevor ich eins fand, das zu meiner Hautfarbe passt. Beim Treffen mit einem Kunden erzählte ich eine Geschichte von wegen, ich hätte Brombeeren geerntet. Zuvor hatte ich meine Arme in ein Gestrüpp am Straßenrand gesteckt, um es glaubhafter aussehen zu lassen. »Wie lange ist das jetzt her - eine Woche? Haben sie denn Kaylas Leiche bereits gefunden?«
    Gaby wird kreidebleich und beißt sich auf die Lippen. Jetzt sieht sie sogar noch schöner aus, wenn das überhaupt möglich ist.
    »Nein.« Sie schüttelt den Kopf und die Stirnfransen fallen ihr ins Gesicht. »Nein.«
    Ein wohliger Schauer durchläuft mich, aber ich darf mir nichts anmerken lassen. Gaby hat keine Ahnung. Sie weiß nicht, dass Kayla noch am Leben ist - zumindest, solange ich es will.
    Und sie hat keine Ahnung, dass Kayla sterben muss ... um für sie Platz zu machen.

 
Der siebte Tag
DREW
    »Ich würde gern eine Pizza und einen Salat bestellen.« Am Telefon ist eine Dame mit einer ganz normalen Frauenstimme, trotzdem zieht sich mein Magen zusammen. Jetzt ist es also so weit. Der Moment ist gekommen, in dem ich tatsächlich Gabys Auto fahren muss. Bis jetzt hat Pete an diesem Abend die Pizzas ausgefahren, aber mittlerweile sind alle gegangen und wir sind nur noch zu zweit.
    Ich lege meine Hand über den Hörer. »Es ist eine Lieferbestellung«, sage ich zu Gaby.
    »Na los, nimm sie an.«
    »Bist du dir sicher?« Denn ich bin es nicht, absolut nicht.
    »Ja«, sagt Gaby, schüttelt dabei aber leicht den Kopf.
    Es dauert nur ein paar Minuten, die Pizza zu machen. Nachdem ich sie in den Ofen gesteckt habe, sehe ich mich um. Auf den ersten Blick erscheint der Tresen wie eine schützende Barriere zwischen uns und der Welt da draußen. Doch auf den zweiten fühlt es

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