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Du lebst, solange ich es will

Du lebst, solange ich es will

Titel: Du lebst, solange ich es will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Henry
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entführt, meinst du, es würden Berge aus Blumen vor meinem Schließfach liegen? Meinst du, Leute müssten meinetwegen zu einem Psychologen gehen?« Tränen schießen mir in die Augen. Ich versuche verzweifelt sie wegzublinzeln, aber eine entkommt mir und läuft die Wange hinab.
    Drew beugt sich vor und streicht sie weg. Ich spüre kaum seine Fingerspitzen. Vielleicht liegt es einfach daran, dass meine Wangen bereits taub sind. Bisher hatte ich höchstens mal einen kleinen Schluck Wein von meiner Mom beim Abendessen genommen.
    Ich atme zitternd aus. »Wenn ich mit Kayla zusammenarbeite, ist es, als wäre ich gar nicht da. Keiner sieht mich.«
    »Ich sehe dich«, sagt Drew. Und dann gibt es keinen Abstand mehr zwischen uns.

Der siebte Tag
DREW
    Schon mal davon gehört, dass der Rausch von einer Person unter Drogen auf eine nüchterne Person übergehen kann? Ich werde betrunken, wenn ich Gaby küsse. Der Kahlua macht ihren Mund süß und weich. Nach einer Weile weiß ich nicht mehr, wo sie anfängt und ich aufhöre. Wir sind allein bei ihr zu Hause, keine Eltern, kein Niemand, und die Welt um uns herum schläft. Gaby rutscht nach hinten, bis sie auf dem Sofa liegt und ich obenauf, und eine ganze Weile sagen wir gar nichts.
    Zumindest nicht mit Worten.
    Schließlich richte ich mich mit einem Ellbogen auf. »Was, wenn deine Eltern nach Hause kommen?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Tun sie nicht.« Sie reißt Mund und Augen auf. »Tun. Das ist ein komisches Wort, oder? Tun, tun, tun. Klingt wie eine Hupe, wie der Schrei eines einsamen Vogels, der davonfliegt.«
    Gaby ist eindeutig vollkommen betrunken. Sie grinst mich breit an, schließt die Augen und küsst mich. Ihre Hände gleiten unter mein T-Shirt und zerren es nach oben. Dann zieht sie ihr T-Shirt aus, sodass sie nur noch im BH vor mir sitzt, der weiß mit roten Pünktchen ist und eine kleine seidene, rote Schleife in der Mitte hat. Ihre Haut ist weich und fühlt sich unglaublich gut an.
    Es ist ziemlich offensichtlich, dass ich mit Gaby machen kann, was ich will, und sie würde zu allem Ja sagen.
    Aber etwas hält mich zurück. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich es noch nie zuvor gemacht habe. Oder daran, dass ich mir zu 99,9 % sicher bin, dass Gaby es noch nie gemacht hat. Oder daran, dass sie immer wieder zum Glas greift und einen Schluck Kahlua nimmt. Je mehr sie trinkt, desto mehr verdreht sie die Augen. Ich weiß nur, dass ich morgen noch mit Gaby reden können will, egal, wie sehr ich sie auch begehre.
    »Komm«, sage ich. »Gehen wir in dein Zimmer.«
    »Das ist eine gute Idee! Eine sehr gute Idee.« Sie zwinkert mir zu, oder versucht es zumindest, blinzelt aber eigentlich nur mit beiden Augen.
    Ich muss Gaby festhalten, als wir die Treppe hochgehen, sonst würde sie nach unten taumeln und sich noch den Kopf aufschlagen. Was mich wiederum an Kayla erinnert. Kayla, den blutigen Stein und den rauschenden, eiskalten Fluss.
    Zum Glück steht Gabys Haus auf einem Hügel, sodass es beim Heimweg immer bergab geht auf dem Longboard. Es ist so früh am Morgen, dass noch niemand unterwegs ist. Das Licht ist so weich wie Gabys Lippen, als ich sie zum Abschied geküsst habe. Sie rührte sich kaum. Ich schaffte es, ihr das T-Shirt wieder anzuziehen. Es war, als würde ich mit einer riesigen Schlenkerpuppe ringen. Bevor ich gegangen bin, habe ich den Kahlua weggestellt und das Glas abgespült. Als Letztes habe ich die Alarmanlage wieder eingeschaltet.
    Als ich die Tür aufstoße, fährt meine Mutter herum.
    »Ich bin’s nur«, rufe ich und sie wendet sich wieder ihrer Arbeit zu.
    Sie kniet am Boden, umgeben von ein paar Plastikkisten. Auf dem Boden verstreut liegen Kinderzeichnungen, Schmuck, Comics und Sammelfiguren. Außerdem jede Menge Plüschtiere, Elektrowerkzeuge und Klamotten, die ihr schon sechs Nummern zu groß gewesen wären, bevor sie abhängig geworden war. Sie sortiert alles, aber was in welche Kiste gehört und was nicht, weiß nur sie allein. Sie scheint jetzt noch mehr Plunder zu haben als vorher.
    »Mom! Du hast gesagt, du schleppst nicht noch mehr Zeug an.«
    »Ich sortiere es doch nur.« Sie macht einen Schmollmund, als hätte ich ihre Gefühle verletzt. »Das ist alles.«
    Wahrscheinlich wird sie die nächsten zwei Tage mit Sortieren beschäftigt sein. Dabei gehört ihr der Kram noch nicht einmal. Meine Mutter klaut.
    Eine Eigenschaft von Meth ist, dass man von einer bestimmten Sache wie besessen wird. Die ersten Male, als Mom high war, saß

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