Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
deshalb leben und vorleben: Gegenseitige Achtung und Anerkennung, Respekt vor der Würde des anderen, Zivilcourage, Fairness, Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Leistungsbereitschaft und Zuverlässigkeit. Wir kennen leider alle den tatsächlichen Schulalltag. Ein achtloses und geringschätziges Miteinander, ein rüpelhaftes Benehmen und eine lieblose Lernatmosphäre lassen hier jegliches Selbstwertgefühl verdorren. Man kann allerdings niemals bei einem Heranwachsenden Werte als gegeben voraussetzen. Es sind Tugenden, die der Erwachsene vorleben muss. Werte liefern Menschen mit Rückgrat. Sie geben Orientierung und Halt auf
dem Selbstfindungsprozess zur eigenen Identität. Das muss überall Schule machen!
Der Preis ist, was wir bezahlen. Der Wert ist, was wir bekommen.
(Warren Buffett)
Schule braucht Wertschätzung
Wichtig für das Selbstwertgefühl eines Menschen und auch für die Entwicklung seiner Wertvorstellungen ist der Aspekt, wie viel Wertschätzung diesem Menschen offensichtlich von außen entgegengebracht wird. In diesem Zusammenhang ist es eine sehr simple, aber dennoch oft ignorierte Tatsache, dass die Umgebung eines Menschen eine große Rolle spielt: Ob er in einem liebevoll gepflegten Ambiente oder einem heruntergekommenen Umfeld lebt, ist ein klares Symbol für diese Wertschätzung. Die direkte Umgebung hat damit in der Schule einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität eines guten Unterrichts und den Lernerfolg der Schüler. Unter diesem Aspekt ist es erschreckend, in welchem Zustand sich viele deutsche Schulen befinden. Ref 43
Experimente mit Vandalismus haben gezeigt, dass Zerstörungswut eine Eigendynamik entwickelt, wenn erst einmal irgendwo mit der Zerstörung begonnen wird. Ist eine bestimmte Grundlage geschaffen, nehmen die Dinge ihren Lauf. Die Broken-Windows-Theorie, für die diese These in einem Experiment überprüft wurde, stützt sich unter anderem auf ein Experiment des Psychologen Philip Zimbardo, bei dem je ein Auto in einem besseren Stadtviertel und eines in einem sozialen Brennpunkt abgestellt wurden. Man schlug dann die Windschutzscheibe ein und beobachtete die Auswirkungen. Nach und nach nahmen beide Autos mehr und mehr Schaden.
Schließlich begann der Vandalismus auf andere Autos, Plakatwände und Fensterscheiben überzugreifen. Nachdem das Auto entfernt worden und der Platz wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt worden war, normalisierten sich die Verhältnisse wieder. Die Entwicklung von Vandalismus läuft demnach ganz unabhängig davon ab, wer damit anfängt – der soziale Status oder die Bildung spielen keine größere Rolle. Es entsteht quasi ein Sog der Zerstörung, der eine gewisse Eigendynamik entwickelt.
Daraus ergibt sich für den Bereich Schule eine weitere wichtige Schlussfolgerung: Auch das Stören des Unterrichts ist häufig das Resultat einer lieblosen Umgebung. Hier spürt der Schüler vor allem eines – dass er nur geduldet ist. Dass er es nicht wert ist, in einem schönen Umfeld zu lernen und zu leben. Dass man ihm ohnehin nicht zutraut, diese Umgebung selbst auch sorgsam zu behandeln.
Schulen, die den Schüler zum Verweilen und zum selbstbestimmten, verantwortlichen Tun einladen, sehen ganz anders aus. Es sind Orte, an denen sich der Mensch gern aufhält, die er deshalb auch pfleglich behandelt. Jeder Raum kann schön gestaltet sein, auch wenn wenig Geld zur Verfügung steht. Schüler übernehmen gern Verantwortung. Wenn man sie lässt, dann helfen sie hingebungsvoll, eine schöne Umgebung zu schaffen und diese auch zu erhalten. Mir scheint, der Aspekt der Wertschätzung ist in erster Linie eine Einstellung des Lehrers zu seinem Beruf: Wie wichtig ist mir der Schüler? Wie sehr ist der Beruf auch eine Berufung für mich?
Wertschätzung – auch zwischen Schülern und Lehrern
Wertschätzung meint immer: Was erachtet eine Person als so wertvoll, dass sie diesem Gegenstand, dem Thema oder auch einem Menschen ihre ganze Aufmerksamkeit widmet? Aufmerken hat mit dem Hinschauen und Hinhören zu tun. Interesse
bekundet man an den Dingen, die einen völlig gefangen nehmen. Sie sind so wichtig, dass man sich eingehender mit ihnen beschäftigen möchte.
Ein Mensch, der sich so wahrgenommen fühlen darf, wird sich wahrhaftig wertgeschätzt fühlen. Und diese Wertschätzung ist wiederum die Grundlage, um Selbstwertgefühl aufbauen und zu einer starken Persönlichkeit heranreifen zu können. Ob Heranwachsende sich zu zuversichtlichen Personen
Weitere Kostenlose Bücher