Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
die Schülern erlauben, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Lehrer sollten einmal im Buch des größten Pädagogen, den die Welt je hatte, nachschlagen: »Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.« Dieser Satz beinhaltet die Aufforderung an die Erwachsenen, von den Kindern die Unbekümmertheit zu lernen: Grübelt weniger, glaubt an euch, habt Vertrauen! Probiert euch aus, erforscht eure Umwelt, bewahrt euch eure Neugierde, behaltet die guten Erfahrungen und hängt nicht an den schlechten! Lebt in der Gegenwart – ohne euer Handeln durch eingebildete Horrorszenarien in der Zukunft zu hemmen!
Wer so lebt, der bleibt aktiv und kostet die ganze Lebensfülle aus. Die ideale Schule presst junge Menschen nicht in ein Korsett, sondern lehrt sie das einzig Wahre und Wichtige: Wie entwickle ich mich weiter – denn ich selbst bin es, der Schule macht. Ref 40 Ref 41
Das wichtigste Wissen ist zu wissen, was wichtig ist.
(Andreas Tenzer)
Wissen begreifen – so funktioniert das Lernen
Direkt an das »Was lernt man?« schließt sich meiner Meinung nach die Frage an: Wie lernt man in der Schule der Zukunft? Wichtig dabei ist: Leben will begriffen werden. Dafür bedarf es des Weges vom Bekannten in die Abstraktion. Wer je ein Ikearegal aufgestellt hat, der weiß, dass man mit der Beschreibung nicht unbedingt zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommt. Da muss man manchmal die Teile vor sich ausbreiten, um zu verstehen, wie das Möbelstück zusammengebaut werden soll. So funktioniert Leben.
Sehr schön kommt dieser methodische Ansatz meiner Meinung nach in der Montessoripädagogik zum Ausdruck. Zuerst wird dabei eine Identifikation mit dem Arbeitsmaterial hergestellt, dann wird der Kontext anschaulich und schrittweise erweitert. Erst zum Schluss findet eine Verfremdung des Kontextes durch einen Wissenstransfer in die Umgebung statt. In unseren Schulen wird jedoch völlig abstrakt gelernt. Da geht es um Formeln zum Auftrieb, die Schüler auswendig lernen sollen. Völlig abstrakt – statt sich von dem Forschergeist infizieren lassen zu können und zu erkunden: Warum sinkt ein Stück Eisen im Wasser – ganze Schiffe aber nicht?
Die in unseren Schulen übliche abstrakte Art zu lernen führt zu Verständnisproblemen, weil der emotionale Bezug ausbleibt. Wir wissen aber mittlerweile, dass Lernen über positive Emotionen gesteuert wird. Es wird erzählt, dass selbst Archimedes seine Entdeckungen zum Auftrieb beim Baden machte, was ihn dermaßen begeisterte, dass er gar nackt auf die Straße gelaufen und seine Erkenntnisse laut herausgerufen haben soll.
Was uns berührt, dem wenden wir uns zu. Nur, was soll beim Auswendiglernen von Schulbüchern gefühlt werden? Etwa Entdeckerlust oder Neugierde? Stures Lernen ist kein wirkliches, kein erfolgreiches Lernen, weil sich der Sinn
nicht erschließt. In einem Interview äußerte sich Prof. Manfred Spitzer einmal zu der Frage, was er als Erstes verändern würde, wenn er Bildungsminister wäre. Er antwortete, dass er Schüler in Klassenarbeiten über alles prüfen würde, nur nicht darüber, was sie in den letzten sechs Wochen erarbeitet hätten. Dann müssten sich die Pädagogen endlich einmal zusammensetzen und gemeinsam darüber nachdenken, was mit Nachhaltigkeit gelernt werden soll, von welchem Wissen ein Schüler wirklich lebenslang profitieren kann.
Um den gemeinsamen Tiefschlaf an den Schulen zu beenden, muss der Lernprozess von der Lebenswelt des Schülers her aufgerollt werden. Der Lernende muss Aufgaben finden, mit denen er seine Fragen beantworten kann. So wird er sich auch in die Materie vertiefen, Zusammenhänge verstehen, sie sprachlich oder mathematisch durchdringen und mit den eigenen Vorstellungen abgleichen wollen. Es gibt viele Wege, das umzusetzen. In vielen Reformschulen stellen die Schüler beispielsweise ihre Schulbücher selbst her. So müssen sie sich mit ihrem Wissen beschäftigen, es mit eigenen Worten, nach eigenen Gedanken formulieren und zu Papier bringen.
Es ist nicht nötig, Wissen in die Köpfe zu stopfen. Wir können darauf vertrauen, dass sich Wissen in jedem Individuum seinen Weg vom Unbewussten ins Bewusstsein bahnt. Wer das Leben begreifen will, darf nicht einfach glauben, was man ihm sagt oder schreibt. Sondern er muss selbst beobachten und eigenständig denken – so macht man Schule! Ref 42
Stärken stärken
Was macht den Menschen stark? Ganz einfach: alle Faktoren, die ihn befähigen, selbst
Weitere Kostenlose Bücher