Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
von unserer eigenen Position aus. Nicht umsonst nennen viele das Anschreiben bei einer Bewerbung »Motivationsschreiben«. Das hat zu dem verheerenden Missverständnis geführt, das höchste Ziel einer Bewerbung läge darin, die Motivation des Bewerbers für die Stelle hieb- und stichfest zu belegen.
Ich hätte dieses Schreiben hier nicht abgedruckt, stellte es eine Ausnahme dar. Jeder Personaler wird Ihnen bestätigen, dass solche Schreiben die traurige Regel sind.
Und sie sind es nicht nur bei der Bewerbung: Sehr oft im Leben texten wir »Motivationsschreiben« und halten »Motivationsreden«, wenn wir etwas von anderen erreichen wollen.
So lassen Sie sich nicht von den falschen Scheinwerfern blenden
Ist es denn so schädlich, den anderen zu erläutern, warum etwas für Sie so wichtig ist? Nein, schädlich ist es nicht. Jedenfalls nicht immer. Sie helfen dem anderen, die Situation zu verstehen, Ihre Beweggründe zu begreifen. Der andere wird möglicherweise verstehen, dass er sehr zu Ihrem Wohl beitragen würde, wenn er dies oder das täte. Bloß: Den Impuls, dass er zu Ihrem Wohl beitragen will, den haben Sie mit der Erläuterung noch nicht gesetzt.
Die Menschen um uns herum unterliegen nämlich genauso dem Egozentrismus wie wir selbst. Sie denken Tag und Nacht vor allem daran, was sie selber wollen und brauchen. In diesem Gedankenapparat ist jede noch so schön aufbereitete Information darüber, was andere gerne hätten, nebensächlich.
Wir vergessen zu leicht, wie sehr alle anderen Menschen mit sich selbst und ihren eigenen Problemen beschäftigt sind. Wir laufen durch den Tag und denken bang: »Was denken die anderen von mir?« Dabei sind die anderen viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu überlegen: »Was denken die anderen von mir ?«
Selbst die größten »Peinlichkeiten« bleiben oft völlig unbemerkt: Wir denken, alle Welt schaut auf uns im Scheinwerferlicht – dabei nimmt gar niemand überhaupt Notiz von uns und unseren Nöten und Wünschen.
Diesen Effekt nennen wir in der Psychologie den »Spotlight-Effekt«. Er besagt: Wir überschätzen dramatisch das Interesse, das andere Menschen uns entgegenbringen. Der Spotlight-Effekt ist mehrfach experimentell bewiesen, und in Seminaren beweise ich ihn jedes Mal wieder neu: Ich schmuggle einen Lockvogel zwischen die Teilnehmer, der einen riesigen Zahnpastafleck auf seinem Hemd hat. Mit riesig meine ich: einen Durchmesser von fünf Zentimetern.
Ich frage dann das Publikum: »Wie fühlen Sie sich, wenn Sie morgens auf dem Weg zur Arbeit merken, dass Sie sich mit Zahnpasta bekleckert haben?«
Die Antwort der meisten: »Ich würde mich den ganzen Tag schämen, weil alle auf den Fleck starren.«
Dann frage ich: »Wer von Ihnen hat denn hier im Raum heute schon jemanden mit einem solchen Fleck gesehen?«
In der Regel ist der Lockvogel bis dahin nicht einmal den Leuten aufgefallen, die direkt neben ihm sitzen.
So sehr kreist jeder rund um die Uhr um sich selbst.
Die Kundenserviceabteilungen mancher großer Unternehmen sind Meister darin, sich nicht näher dafür zu interessieren, was ihr Gegenüber – der Kunde – will, welches Problem er genau hat. Sie reden, schreiben und werkeln ins Blaue hinein, dass es (k)eine Freude ist. Oder einen in den Wahnsinn treibt, je nachdem, wie fortgeschritten das Stadium ist. Wahrscheinlich haben Sie diese Erfahrungen auch schon gemacht: Sie rufen bei einer Hotline an oder schreiben eine E-Mail an einen sogenannten »Kundendialog«. Mündlich wie schriftlich bekommen Sie immer nur den gleichen Textbaustein als Antwort – der völlig an Ihrem Problem oder Ihrer Frage vorbeigeht. Natürlich fehlen dort nicht Beteuerungen wie »Ihr Anliegen ist uns wichtig«. Der Kundendialog ist ein Kunden monolog , und zwar einer mit vielen Wiederholungen. Und Sie fühlen sich unglaublich hilflos und fragen sich: Wie in aller Welt bekomme ich die Leute dazu, mir richtig zuzuhören?
Fairerweise sollte man sagen, dass nicht nur große Konzerne davon betroffen sind, bei denen die eine Hand nicht weiß, was die andere macht. Selbst kleine inhabergeführte Unternehmen, bei denen sich alle Hände in einer vereinen, bekommen es oft nicht besser hin. Eines sonnigen Maitages suchte ich zum Beispiel auf dem Münchner Viktualienmarkt frischen Waldmeister, weil ich für den Abend ein paar Freunde zu einer Maibowle eingeladen hatte. Ich versuchte es damit, mein Anliegen kurz zu schildern:
»Ich brauche große, reife Waldmeisterblätter, um
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