Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
nebeneinander und warten. Der Teilnehmer arbeitet für einen Handyfabrikanten und will die Gelegenheit nutzen, mich, den fremden Mitwartenden, als Kunden zu gewinnen. Er hat noch eine Minute bis zum Boarding.
Fast alle Teilnehmer reden sofort drauflos und erläutern mir ins Blaue hinein, welche großartigen Eigenschaften dieses neue Handy aus ihrem Hause hat. Dann ist die Minute auch schon um. Nur einer von zehn beginnt mit Fragen an mich wie: »Wer sind Sie, was machen Sie, was brauchen Sie?«
In Kapitel 2 haben wir über die egozentrische Umgebung gesprochen: Jeder sieht die Welt von seinem Standpunkt aus, beschäftigt sich fast zu 100 Prozent der Zeit mit seinen Wünschen, seinen Problemen, seinen Sorgen.
So funktioniert die menschliche Psyche.
An unser Ziel kommen wir, wenn wir den Standard-Modus der menschlichen Psyche zugleich erkennen und für uns selbst verlassen: Wenn wir selbst den Egozentrismus überwinden und in sein Gegenteil verkehren.
So nutzen Sie das Wunderkind der Wissenschaft
Dieses Gegenteil nennt man Empathie. Empathie bedeutet so viel wie »in den Schuhen des anderen gehen.« Die Welt für einen klitzekleinen Augenblick aus der Sicht des anderen sehen. Die Sorgen des anderen spüren, seine Bedürfnisse, seine Gefühle.
Ganz unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen haben in den letzten Jahren die Empathie als ein zentrales Element für ganz unterschiedliche Bereiche entdeckt: für Führungskompetenz, für Verkaufskompetenz, für pädagogische Kompetenz, für funktionierende Paarbeziehungen, in der Psychotherapie, als Teil der sozialen und der emotionalen Intelligenz. Die Empathie gilt heute vielen als das Wundermittel für eine menschlichere, friedlichere Welt, in der jeder die Bedürfnisse des anderen respektiert und trotzdem – oder gerade deswegen – auch selbst bekommt, was er will.
Zur Empathie hat daher ein regelrechter Forschungsboom eingesetzt. Es gibt inzwischen unterschiedliche Tests, um die Empathiefähigkeit von Menschen zu beurteilen. Neurowissenschaftler haben sogenannte Spiegelneuronen entdeckt: Sie weisen in unserem Gehirn die gleiche Aktivität auf, egal, ob wir selbst eine bestimmte Handlung ausführen oder jemandem dabei zusehen, der diese Handlung ausführt. Spiegelneuronen werden inzwischen als eine mögliche biologische Grundlage für die Empathie angesehen.
Das Prinzip der Empathie hört sich unglaublich banal an – und doch nutzen wir es im Alltag fast nie. Sonst würde nicht so viel darüber geforscht – und sonst hätten wir überhaupt keine zwischenmenschlichen Probleme. Und bekämen immer, was wir wollen. In der Praxis ist die Empathie also offenbar lange nicht so einfach, wie sie klingt.
Selbst die Profis tun sich immer wieder schwer damit: In einer Umfrage bemängelten Mitarbeiter in Abgeordnetenbüros, es gebe immer noch zu viele Lobbyisten, die »ernsthaft meinen, dass Politik nach rationalen Gesichtspunkten abläuft«, und sich nicht darum kümmern, »aus welcher Perspektive« ihre Gesprächspartner ganz persönlich die Sache sehen, wie »sie ticken«. Die sich im Traum nicht vorstellen können, dass es auch andere Sichtweisen gibt als ihre eigene. Selbst hier ist es verdammt schwer mit dieser Empathie.
Wie soll es uns da im ganz normalen Alltag anders gehen? Erinnern Sie sich nur einmal an Ihren letzten Streit mit dem Partner, an Ihre letzte Diskussion mit den Kindern, an Ihr letztes unschönes Gespräch mit der Kollegin: Versuchen Sie, in drei Sätzen zu formulieren, was der andere damals genau von Ihnen wollte. Wenn Sie das können, dann sind Sie schon ein gutes Stück auf dem Weg der Empathie gegangen. Die meisten Menschen hören in einer Diskussion gar nicht so genau zu, worum es dem anderen eigentlich geht. Wir geben uns keine große Mühe, einen fremden Standpunkt zu verstehen, weil er uns nicht interessiert. Oft sagen wir das dem anderen auch klar ins Gesicht: »Ich verstehe gar nicht, was du eigentlich von mir willst.« Und das finden wir nicht weiter problematisch.
Aber ohne dieses Verständnis bekommen wir niemals unseren eigenen Willen erfüllt.
So räumen Sie Hindernisse aus
Das Problem ist: Wir haben einen natürlichen Schutzschild dagegen, uns näher auf fremde Standpunkte einzulassen.
Es war 20 Minuten vor Fristablauf, und die Dame am Telefon klang wirklich verzweifelt – und ehrlich überrascht: »Aber wer kann das denn anders sehen? Das gibt’s doch gar nicht!«
Sie war Senior Manager in der Abteilung »Regulierung« eines
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