Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
»Einen kleinen Berg, einen mittelgroßen Berg und einen ganz großen Berg.«
Dann setzt er eine Puppe auf den höchsten Berg und lässt sie nach unten schauen.
Und er fragt die Kinder: »Was sieht die Puppe?«
Die Kinder antworten wieder: »Einen kleinen Berg, einen mittelgroßen Berg und einen ganz großen Berg.«
Dabei würde man von dort oben aus nur nach unten schauen und zwei kleinere Berge sehen.
Die Kinder sind also intellektuell nicht in der Lage, sich eine andere Position als die eigene auch nur vorzustellen. Deshalb versteht ein kleines Kind auch nicht, wenn man ihm im Supermarkt sagt: »Bitte hör auf zu schreien, das ist sonst für die Mama sehr peinlich.«
Später, wenn wir älter werden, lernen wir dazu. Wir können dann den Egozentrismus in unserem Kopf überwinden.
Doch er bleibt unser Standard-Betriebsmodus.
Denn unser Gehirn ist sehr faul. Dieser Umstand wird in diesem Buch noch oft eine Rolle spielen. Unter mehreren Möglichkeiten wählt unser Gehirn immer diejenige, die ihm am wenigsten Arbeit bereitet – wenn wir nicht bewusst eingreifen und ihm eine andere Route vorgeben. Doch das kostet viel Aufmerksamkeit und Anstrengung – wie alles, was vom Standard-Betriebsmodus abweicht. Unser Gehirn liebt hingegen den Autopiloten – und zum Autopiloten gehört der Egozentrismus. Deshalb fallen wir rund um die Uhr auf unseren Egozentrismus herein.
Kürzlich bat mich ein Freund darum, eine Bewerbung für ihn durchzusehen. Er hatte sich auf mehrere Stellen beworben und war noch nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Das machte mich neugierig, denn er war sehr gut qualifiziert. Also sah ich mir seine Unterlagen an. Hier ist sein Anschreiben – in Klammern habe ich, etwas überspitzt, die Gedanken eingefügt, die es bei manchem Personaler auslösen könnte:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Stelle als Referent in Ihrer Rechtsabteilung scheint wie geschaffen für mich:
[Aha. Sind Sie denn auch geschaffen für uns ?]
Ich wollte schon immer gerne in einem Unternehmen der Luxusgüterindustrie arbeiten.
[Und unser Unternehmenszweck besteht nun einmal darin, Kindheitswünsche zu erfüllen.]
Schon während meines Jurastudiums in Köln und Genf sammelte ich erste Erfahrungen, als ich nebenbei für einen namhaften Uhrenhersteller jobbte. Ich merkte dabei, dass mich die Arbeit für die »schönen Dinge des Lebens« sehr erfüllt, vielleicht sogar glücklich macht, auch wenn ich weiß, dass das starke Worte sind.
[Prima, dann brauchen wir Ihnen ja kein Gehalt mehr zu zahlen. Für das große Glück in Ihrem Leben sind Sie sicher bereit, eine kleine Aufwandsentschädigung an unser Unternehmen zu leisten.]
Nach dem Examen entschloss ich mich zunächst, für eine Versicherung zu arbeiten. Doch das war so gar nicht meine Welt. Da wollte ich nur noch raus!
[Ich platze vor Spannung, wie diese Geschichte aus Ihrem Leben ausgehen wird …]
Zum Glück konnte ich dann eine Stelle bei einem exklusiven Möbelhersteller antreten.
[Puh …]
Dort arbeite ich erfolgreich seit nunmehr vier Jahren und möchte mich weiterentwickeln und meine Kenntnisse und Erfahrungen ausbauen.
[Sie wollen ja gleich drei Dinge auf einmal. Wie wär’s mit einem Überraschungsei?]
Die Tätigkeit bei Ihnen wäre nun die Krönung meines bisherigen Berufsweges. Da ich seit meiner Kindheit begeisterter Tennisspieler bin, kenne ich Ihre Sportkollektionen schon seit Langem »hautnah«. Eine Tätigkeit in Ihrer Rechtsabteilung würde mir nun Gelegenheit geben, mich für Produkte einzusetzen, die ich mag, und dabei meine besonderen Kenntnisse im Marken- und Wettbewerbsrecht aus einem Schwerpunktseminar im Studium besser zu nutzen.
[Wir bauen Ihnen auch einen Hallentennisplatz, damit Ihr früher Tennisunterricht nicht umsonst war.]
Ich würde mich sehr freuen, Ihnen bei einem persönlichen Gespräch meine Motivation weiter erläutern zu können.
[Danke, die haben wir verstanden.]
Im Vergleich zu den üblichen »… hiermit bewerbe ich mich auf die o. g. Stelle …«-Schreiben wirkt dieser Brief recht frisch und unkonventionell. Auch enthält er durchaus wichtige Informationen für das Unternehmen: Dass der Bewerber eine für die Stelle passende Spezialausbildung hat, dass er die Produkte des Unternehmens gut kennt und mag und dass er über einschlägige Berufserfahrung verfügt.
Das Problem liegt in der Darstellung. Und die Darstellung in diesem Schreiben zeigt lehrbuchartig, wie wir ticken: Wir gehen immer
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