Du Mich Auch
alles«, philosophierte sie. »Ich glaube, ab heute habe ich vor nichts mehr Angst.«
»Das ist auch der Sinn der Sache«, sagte Beatrice. »Wisst ihr noch, wie depri wir waren, damals beim Klassentreffen? Seit wir auf dem Kriegspfad sind, ist die volle Power wieder da. Und einschüchtern lassen wir uns sowieso nicht mehr.«
»Was sie wohl mit Hans-Hermann angestellt haben?«, fragte Evi.
»In seinem Zustand haben sie ihn kaum der Polizei präsentiert«, antwortete Beatrice. »Macht keinen guten Eindruck, ein Kerl in Socken und Unterhose, der weggetreten in der Ecke hängt. Den haben sie bestimmt im Hinterzimmer versteckt. Vor morgen Mittag kommt der nicht nach Hause.«
Evi horchte auf. »Sagt mal, wenn keiner auf euch wartet – wollt ihr nicht hier übernachten? Platz ist genug. Ich beziehe euch das Ehebett und schlafe im Gästezimmer. Morgen früh mache ich uns dann lecker Frühstück.«
»Typisch Evi«, lachte Beatrice. »Immer hart am Futternapf. Du würdest noch auf dem Mond ein Vier-Gänge-Menü servieren.«
»Also, ich finde die Idee gar nicht so übel«, sagte Katharina. »Horst spielt morgen den lieben Papi. Der steht erst Montagmorgen wieder auf der Matte. Gibt es hier übrigens ein Radio?«
»Ja, wieso?«, fragte Evi.
»Lass mal hören, ob sie in den Nachrichten schon was bringen.«
Evi knipste ihr altes Küchenradio an. Sie drehte so lange an den Sendern herum, bis die sachliche Stimme eines Nachrichtensprechers zu hören war.
»Seid mal still!«, rief Katharina.
Aufgeregt lauschten sie. Der Sprecher näselte sich durch diverse politische News. Gesundheitsreform. Rentenerhöhung. Staatsbesuch eines gekrönten Herrscherpaars. Dann machte er eine kleine Pause. »Berlin. Vor einer Stunde wurde Großalarm in einem Nachtlokal an der Heerstraße ausgelöst.«
»Lauter!«, befahl Beatrice
Folgsam betätigte Evi den Lautstärkeregler.
»Die Feuerwehr hatte insgesamt fünf Wagen im Einsatz«, verkündete der Sprecher. »Menschen kamen nicht zu Schaden. Offenbar handelte es sich um falschen Alarm. Die Polizei fahndet nach drei Frauen mittleren Alters. Eine von ihnen trug eine Krankenschwesteruniform. Die genaue Beschreibung der Gesuchten finden Sie im Internet auf www.polizeiberlin.de . Zweckdienliche Hinweise werden an jeder Dienststelle entgegengenommen. Und nun zum Wetter.«
Evi stellte das Radio aus. Wie versteinert sahen sie sich an. Dann fingen sie an zu lachen.
»Die können lange nach den Feuerteufelchen suchen!«, prustete Beatrice. »Uschi, Kiki und Jeanette haben sich soeben von ihrem einträglichen Nebenjob verabschiedet.«
»Wir müssen den ganzen Sexkrempel entsorgen«, sagte Katharina, deren Verstand wieder zu arbeiten begann. »Meine Perücke liegt irgendwo im Kleingartenverein Sonnenglück, aber alles andere sollte unauffindbar sein.«
Nachdenklich schlürfte Evi ihre heiße Schokolade. »Der Kamin. Wir haben ihn noch nie benutzt, aber ich glaube, dass er funktionstüchtig ist.«
»Wie romantisch«, erwiderte Beatrice. »Genau so machen wir’s. Aber den Schwesternkittel behalte ich, als Souvenir. Na dann, legen wir ab.«
Evi lächelte, froh, dass sie auch mal eine gute Idee gehabt hatte. »Ich hole euch Nachthemden und warme Decken.«
Kurze Zeit später hockten sie im Wohnzimmer auf dem Teppich und sahen zu, wie die Überbleibsel ihrer erotischen Mission in Flammen aufgingen. Knackend schmolzen die Lackstiefel. Die Corsagen knisterten. Die zerrissenen Strümpfe brannten lichterloh so wie die Perücken. Es stank infernalisch. Dann war nur noch ein schwarzer Klumpen übrig.
»Eigentlich schade um das sexy Zeug«, sinnierte Beatrice. »Irgendwie hat es doch auch Spaß gemacht, oder?«
»Stimmt«, sagte Katharina. »Irgendwie.«
»Ihr musstet ja auch nicht ins Séparée«, schmollte Evi. »Ich bin fast in Ohnmacht gefallen, als ich die Bescherung sah.«
»Hans-Hermann ist history«, sagte Beatrice. »Der lässt so schnell seine Hose nicht mehr runter.«
Evi griff zum Kaminbesteck und stocherte in der glühenden Asche herum. Ein paar trockene Holzscheite, die immer nur als Dekoration im Kamin herumgelegen hatten, fingen Feuer. Die drei rückten näher zusammen und starrten versonnen in die Flammen.
»So wie damals am Baggersee, als wir nachts Lagerfeuer gemacht haben, wisst ihr noch?«, schwärmte Evi.
»Wie könnten wir das vergessen«, sagte Beatrice. »Damals haben wir allerdings Cola mit Rum getrunken statt heißer Schokolade.«
Mit beiden Armen umschlang Katharina
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