Du oder das ganze Leben
abbekommen hast«, sagt Darlene leise, als ich mich neben sie ins Gras setze.
»Sollen wir Partner tauschen?«, frage ich, obwohl ich weiß, dass Mrs Peterson das nie erlauben würde. Das hat sie klar und deutlich gesagt.
Darlene verzieht angewidert das Gesicht und steckt sich andeutungsweise den Finger in den Hals. »Nie im Leben«, flüstert sie. »Ich würde mich doch nicht mit einem von der Southside abgeben. Sich mit denen einzulassen bringt nur Ärger. Erinnerst du dich an letztes Jahr, als Alyssa McDaniel mit diesem Typen gegangen ist … wie war noch gleich sein Name?«
»Jason Avila?«, sage ich leise.
Darlene schüttelt sich leicht. »In kürzester Zeit war Alyssa nicht mehr angesagt, sondern die totale Außenseiterin. Die Mädchen von der Southside haben sie gehasst, weil sie sich einen ihrer Jungs geschnappt hat, und sie hat aufgehört, sich mit uns zu treffen. Gott sei Dank hat Alyssa mit ihm Schluss gemacht.«
Ms Small kommt mit ihrem CD-Player in der Hand auf uns zu. Sie beschwert sich darüber, dass jemand ihn nicht an seinen üblichen Platz zurückgestellt habe und sie deshalb zu spät sei.
Als Ms Small uns anweist, mit dem Dehnen zu beginnen, drängt Sierra Darlene beiseite, damit sie mit mir reden kann.
»Du steckst in großen Schwierigkeiten, Süße«, sagt Sierra.
»Warum?«
Sierra hat ihre Augen und Ohren überall. An der Fairfield geschieht nichts, von dem sie nichts weiß.
Und schon legt sie los: »Es geht das Gerücht um, dass Carmen Sanchez nach dir sucht.«
Oh nein. Carmen ist Alex’ Exfreundin. Ich versuche, nicht auszuflippen und sofort vom Schlimmsten auszugehen, aber Carmen ist echt tough, von den rotlackierten Fingernägeln bis hinunter zu den schwarzen Stilettostiefeln. Ist sie eifersüchtig, weil ich Alex’ Chemiepartnerin bin oder denkt sie, ich habe ihren Freund beim Direx angeschwärzt?
Die Wahrheit ist, ich war es nicht. Ich wurde in Aguirres Büro gerufen, weil jemand, der den Vorfall auf dem Parkplatz beobachtet hatte und Zeuge unseres Schlagabtauschs geworden war, es gemeldet hatte. Was vollkommen lächerlich ist, weil ja gar nichts passiert war.
Aguirre hat mir nicht geglaubt. Er dachte, ich hätte Angst, ihm die Wahrheit zu sagen. Dabei hatte ich in dem Moment nicht die geringste Angst.
Aber ich habe jetzt welche.
Carmen Sanchez kann mich gnadenlos fertigmachen, wann immer sie will. Sie weiß, wie man einen Kampf gewinnt, ob mit Fäusten oder Waffen. Die einzige Waffe, mit der ich mich auskenne, sind, nun ja, meine Pompons. Ihr mögt mich für verrückt halten, aber irgendwie bezweifle ich, dass meine Poms ein Mädchen wie Carmen einschüchtern werden.
Bei einem Wortgefecht gäbe ich vielleicht eine gute Figur ab, aber bei einem Faustkampf, keine Chance. Jungs kämpfen ja
deshalb, weil sie dieses primitive Ur-Gen haben, das sie dazu bringt, sich körperlich beweisen zu wollen.
Vielleicht will Carmen mir auch etwas beweisen, aber dafür gibt es nicht den geringsten Grund. Ich bin keine Bedrohung für sie, doch wie soll ich ihr das klarmachen? Leider ist es nicht so, als könnte ich zu ihr gehen und sagen: »Hey, Carmen, ich werd mich nicht an deinen Freund ranschmeißen und ich habe ihn auch nicht an Aguirre verpfiffen.« Oder vielleicht sollte ich genau das tun?
Die meisten Leute denken, mir kann nichts etwas anhaben. Und daran soll sich auch nichts ändern. Dafür habe ich zu lange und zu hart an meiner Fassade gearbeitet. Ich werde nicht alles aufs Spiel setzen, weil irgendein Gangmitglied und seine Freundin mich auf die Probe stellen wollen.
»Ich mach mir deshalb keine Sorgen«, erkläre ich Sierra.
Meine beste Freundin schüttelt den Kopf. »Ich kenne dich, Brit. Du bist nervös«, flüstert sie.
Diese Aussage beunruhigt mich mehr als die Vorstellung, dass Carmen nach mir sucht, weil für mich das Wichtigste ist, alle auf Abstand zu halten. Keiner soll mitbekommen, wie es sich wirklich anfühlt, ich zu sein oder in meinem Haus zu leben. Aber ich habe zugelassen, dass Sierra mehr über mich weiß als jeder andere. Ich frage mich, ob ich ab und zu etwas auf Distanz gehen sollte.
Mein Verstand sagt mir, dass ich paranoid bin. Sierra ist eine wahre Freundin, sie war sogar für mich da, als ich letztes Jahr wegen des Nervenzusammenbruchs meiner Mutter geheult habe, ihr aber den Grund nicht verraten wollte. Sie tröstete mich, obwohl ich mich weigerte, ihr die Einzelheiten zu schildern.
Ich möchte nicht so enden wie meine Mom. Das ist meine größte
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