Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Elkeles
Vom Netzwerk:
Baghda, schiebe sie beiseite und übernehme. Ich wechsle die Unterwäsche meiner Schwester seit wir Kinder sind. Es macht keinen Spaß, eine Person zu wickeln, die mehr wiegt als man selbst, aber wenn man es richtig macht, dauert es nicht lange und es ist keine große, kräftezehrende Sache.
    Meine Schwester lächelt breit, als sie mich sieht. »Biwiee!«
    Shelley kann keine Wörter artikulieren, aber sie benutzt verbale Laute, die ihnen nahekommen. »Biwiee« heißt »Brittany« und ich lächle zurück, als ich sie mir auf dem Bett zurechtlege. »Hallo Süße, freust du dich schon aufs Abendessen?«, frage ich, während ich feuchte Tücher aus der Box ziehe und versuche, nicht über das nachzudenken, was ich gerade tue.
    Baghda beobachtet von der Seite, wie ich Shelley eine neue Unterhose anziehe und ihre Beine in eine frisch gewaschene Jogginghose stecke. Ich versuche, ihr zu erklären, was ich gerade tue, aber ein Blick in ihre Richtung verrät mir, dass sie mir nicht zuhört.
    »Deine Mutter hat gesagt, ich könnte gehen, wenn du nach Hause kommst«, sagt Baghda gelangweilt.
    Ich wasche gerade meine Hände. »In Ordnung«, erwidere ich und bevor ich »bis morgen« sagen kann, hat sie sich schon aus dem Staub gemacht.
    Ich schiebe Shelley in ihrem Rollstuhl in die Küche. Unsere für gewöhnlich blitzsaubere Küche gleicht einem Schweinestall. Baghda hat die Teller nicht abgewaschen, die sich nun in der Spüle stapeln, und sie hat sich auch keine besondere Mühe gegeben,
die Sauerei aufzuwischen, die Shelley im Laufe des Tages veranstaltet hat.
    Ich bereite Shelleys Abendbrot zu und wische die Reste des Mittagessens vom Boden.
    Shelley presst langsam das Wort »Schule« hervor, es klingt in Wahrheit mehr wie »ule«, aber ich weiß, was sie meint.
    »Ja, heute war mein erster Schultag«, erzähle ich ihr, während ich ihr Essen püriere und auf den Tisch stelle. Ich löffle die breiähnliche Substanz in ihren Mund und erzähle weiter. »Meine neue Chemielehrerin, Mrs Peterson, sollte in einem Camp für schwer erziehbare Jugendliche arbeiten. Ich habe den Lehrplan durchgesehen. Diese Frau hält es keine Woche ohne einen Test oder eine Arbeit aus. Das Schuljahr wird echt nicht einfach werden.«
    Meine Schwester sieht mich aufmerksam an. Sie verarbeitet, was ich gerade erzählt habe. Ihr konzentrierter Ausdruck verrät mir, dass sie für mich da ist und mich versteht, ohne dass sie es in Worte kleiden müsste. Denn jedes Wort, das aus ihrem Mund kommt, ist hart erkämpft. Manchmal möchte ich die Worte für sie sprechen, weil ich ihre Frustration spüre, als wäre es meine eigene.
    »Du magst Baghda nicht?«, frage ich leise.
    Meine Schwester schüttelt den Kopf. Aber sie will nicht darüber reden, das verrät mir die Art, wie sie den Mund verzieht.
    »Hab ein bisschen Geduld mit ihr«, bitte ich sie. »Es ist nicht einfach, in einen fremden Haushalt zu kommen und nicht zu wissen, was man tun soll.«
    Als Shelley mit Essen fertig ist, bringe ich ihr ein paar Zeitschriften, damit sie sie durchblättern kann. Meine Schwester liebt Zeitschriften. Während sie damit beschäftigt ist, die Seiten umzublättern, mache ich mir ein Käsesandwich und setze mich an den Tisch, um meine Hausaufgaben zu erledigen, während ich esse.

    Ich höre, wie sich die Garagentür öffnet, als ich gerade das Blatt hervorhole, das Mrs Peterson mir für meinen Essay zum Thema Respekt gegeben hat.
    »Brit, wo bist du?«, ruft meine Mutter aus dem Flur.
    »In der Küche«, rufe ich zurück.
    Meine Mom schlendert mit einer Neiman-Marcus-Tüte über dem Arm in die Küche. »Hier, das ist für dich.«
    Ich greife in die Tüte und ziehe ein hellblaues Designertop daraus hervor. »Danke«, sage ich. In Shelleys Gegenwart will ich kein großes Aufheben darum machen, da Mom ihr nichts mitgebracht hat. Nicht, dass es meiner Schwester etwas ausmachen würde. Sie ist zu sehr in die Betrachtung der schlecht- und bestangezogensten Stars mitsamt ihrer glitzernden Klunker versunken.
    »Es passt gut zu der dunklen Jeans, die ich dir letzte Woche gekauft habe«, sagt Mom, während sie tiefgefrorene Steaks aus dem Eisschrank holt und sie zum Auftauen in die Mikrowelle legt. »Also, wie war es mit Baghda, als du nach Hause gekommen bist?«
    »Nicht so toll«, erzähle ich ihr. »Du musst sie wirklich anlernen.« Es überrascht mich nicht, dass sie darauf nichts erwidert.
    Mein Dad kommt wenig später über die Arbeit murrend zur Tür herein. Er besitzt eine

Weitere Kostenlose Bücher