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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Elkeles
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außerhalb der Schule führst, deine Zukunft bestimmt«, sagt sie mit einem Mal sehr ernst.
    Ich schiebe das Bandana in die Gesäßtasche meiner Jeans. Sie hat nicht die geringste Ahnung, wie sehr das Leben, das ich außerhalb der Schule führe, mit dem verwoben ist, das ich hier drinnen führe. Ein roter Backsteinbau kann mich nicht von der Außenwelt schützen. Himmel, ich könnte mich noch nicht einmal hier verstecken, wenn ich es wollte. »Ich weiß schon, was Sie als Nächstes sagen werden … wenn du je einen Freund brauchst, Alex, bin ich für dich da.«
    »Falsch, ich bin nicht dein Freund. Wenn ich es wäre, wärst du kein Gangmitglied. Aber ich habe deine Klausurergebnisse gesehen. Du bist ein cleverer Junge, der etwas aus sich machen kann, wenn er die Schule ernst nimmt.«
    Etwas aus sich machen. Das ist alles relativ, oder? »Kann ich jetzt in den Unterricht zurück?«, frage ich, weil ich darauf nichts zu erwidern weiß. Es ist anzunehmen, dass meine Chemielehrerin und mein neuer Direx nicht auf meiner Seite sind … aber ich bin nicht länger sicher, dass sie deshalb automatisch auf der anderen stehen. Irgendwie bringt das sämtliche meiner Theorien ins Wanken.
    »Ja, geh zum Unterricht, Alex.«
    Ich denke immer noch über das nach, was Peterson gesagt
hat, als ich sie hinter mir herrufen höre: »Und wenn du mich noch einmal Nadine nennst, darfst du dich über einen weiteren Nachsitzzettel freuen und einen Essay zum Thema Respekt verfassen. Denk dran, ich bin nicht dein Freund.«
    Während ich den Gang entlanggehe, lächle ich in mich hinein. Diese Frau setzt ihre blauen Nachsitzzettel und Essaydrohungen wie scharfe Munition ein.

11
    Brittany
    Von der Sportstunde ist nur noch eine halbe Stunde übrig. Während ich mich umziehe, denke ich über das nach, was in Dr. Aguirres Büro passiert ist. Mrs Peterson hat mich ebenso zusammengestaucht wie Alex.
    Mein Jahr als Senior hat kaum begonnen und Alex Fuentes hält bereits alle Fäden in der Hand.
    Als ich meine Sporthose hochziehe, verrät mir ein Klackklackklack auf dem harten Zementboden, dass ich nicht länger allein in der Umkleide bin. Ich presse erschrocken mein T-Shirt an die Brust. Es ist Carmen Sanchez, die auf mich zukommt.
    Oh nein.
    »Heute muss mein Glückstag sein«, sagt sie. Ihr Blick versucht, mich einzuschüchtern. Sie gleicht einem zum Angriff bereiten Puma, auch wenn Pumas kein langes, glattes braunes Haar haben. Aber sie besitzen Krallen. Und Carmens Krallen sind knallrot lackiert.
    Sie kommt ein paar Schritte näher.
    Ich will zurückweichen. Ehrlich gesagt, will ich davonlaufen. Aber ich tue es nicht, hauptsächlich, weil sie bestimmt hinter mir her käme.
    »Weißt du«, sagt sie und verzieht ihren Mund zu einem boshaften Grinsen, »ich habe mich schon immer gefragt, welche
Farbe wohl der BH von Brittany Ellis hat. Rosa. Wie passend. Ich wette, er war genauso teuer wie deine Blondierung.«
    »Du bist doch nicht hier, um über BHs und Blondierungen zu reden, Carmen«, erwidere ich, während ich mir mein T-Shirt über den Kopf ziehe. Ich schlucke schwer, bevor ich hinzufüge: »Du willst mich fertigmachen.«
    »Wenn sich eine ho an meinen Mann ranmacht, muss ich mein Revier verteidigen.«
    »Ich will nichts von deinem Mann, Carmen. Ich habe meinen eigenen.«
    »Oh, bitte! Mädchen wie du wollen doch, dass alle Typen sich in sie verknallen, nur damit ihr die freie Wahl habt, wann immer ihr wollt.« Oh, oh, ich stecke in großen Schwierigkeiten. Sie redet sich immer mehr in Rage. »Ich habe gehört, du verbreitest Müll über mich. Du glaubst wohl, du kannst dir alles erlauben, du piekfeines Miststück. Mal gucken, wie du mit einer aufgeplatzten Lippe und einem großen blauen Auge aussiehst. Kommst du dann mit einer Mülltüte über dem Kopf zur Schule? Oder verkriechst du dich in deinem großen Haus und kommst nie wieder raus?«
    Ich sehe Carmen an, während sie auf mich zukommt. Sehe sie wirklich an. Woher weiß sie nur so genau, wie wichtig mir das Bild ist, das alle von mir haben? Wie viel mir die Kontrolle darüber bedeutet. Ihr dagegen ist es völlig egal, ob sie suspendiert wird oder gar von der Schule fliegt.
    »Antworte gefälligst!«, brüllt sie und verpasst mir einen kräftigen Schubser. Ich knalle mit der Schulter gegen den Spind hinter mir.
    Ich habe ihr wohl nicht zugehört, denn ich habe keinen Schimmer, auf welche Frage sie eine Antwort erwartet. Mir schießt durch den Kopf, was mich wohl erwartet, wenn ich mit blauen

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