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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Elkeles
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Carmen heute anscheinend zusammen ist.
    Alle in der Werkstatt ducken sich, als die Polizei mit ihren Taschenlampen in die Fenster leuchtet. Ich krieche hinter einen großen Werkzeugschrank und halte den Atem an. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist versuchter Mord in meinem Führungszeugnis. Ich habe bisher wundersamerweise eine Verhaftung vermeiden können, aber eines Tages wird meine Glückssträhne ein Ende haben.
    Ein Gangmitglied hat kaum eine Chance, den Bullen zu entgehen. Oder dem Gefängnis.
    Enriques Miene spricht Bände. Er hat endlich genug zusammengekratzt, um seinen Laden aufzumachen, und jetzt könnten vier Highschool-Idioten seinem Traum allein dadurch ein Ende setzen, dass sie auch nur einen Mucks machen. Die Bullen werden meinen Cousin mit uns anderen festnehmen, dafür werden die alten Latino-Blood-Tattoos auf seinem Nacken schon sorgen.
    Und innerhalb von einer Woche kann er seinen Laden dichtmachen.

    An der Tür der Werkstatt wird gerüttelt. Ich zucke zusammen und bete, dass sie verschlossen ist.
    Die Bullen lassen von der Tür ab und leuchten stattdessen erneut mit ihren Taschenlampen in die Werkstatt. Ich frage mich, wer ihnen den Tipp gegeben hat. Niemand aus der Nachbarschaft würde es wagen. Ein geheimer Code des Schweigens und der Verbrüderung schützt die Familien.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit fahren die Bullen weiter.
    »Verdammt, das war knapp«, sagt Javier.
    »Zu knapp«, stimmt Enrique zu. »Wartet zehn Minuten, dann verschwindet von hier.«
    Carmen steigt aus dem Auto. Eigentlich stolpert sie mehr. »Hi, Alex. Ich habe dich heute Abend vermisst.«
    Mein Blick ruht auf Sam. »Ja, ich sehe wie sehr.«
    »Sam? Ach, den mag ich eigentlich gar nicht«, säuselt sie und kommt näher. Ich rieche den Grasgeruch, der ihr anhängt. »Ich warte darauf, dass du zu mir zurückkommst.«
    »Das wird nicht passieren.«
    »Liegt es an deiner dämlichen Chemiepartnerin?« Sie packt mein Kinn, versucht mich zu zwingen, sie anzusehen. Ihre langen Nägel graben sich in meine Haut.
    Ich packe sie an den Handgelenken und ziehe ihre Arme zur Seite. Die ganze Zeit über frage ich mich, wie aus meiner knallharten Ex-Freundin eine gefühlskalte Schlampe werden konnte.
    »Brittany hat nichts mit der Sache zwischen dir und mir zu tun. Ich hab gehört, du hast sie gedizzt.«
    »Hat Isa dir das erzählt?«, fragt sie. Ihre Augen verengen sich zu Schlitzen.
    »Hör einfach auf damit«, sage ich und ignoriere ihre Frage. »Oder du wirst mit sehr viel mehr klarkommen müssen, als nur mit einem verbitterten Ex-Freund.«

    »Bist du verbittert, Alex? Du verhältst dich nämlich nicht so. Du verhältst dich, als wäre es dir scheißegal.«
    Sie hat recht. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass sie sich durch fremde Betten schlief, brauchte ich eine Weile, bis ich darüber hinweg war. Über sie hinweg war. Ich malte mir aus, was andere Kerle ihr boten, das ich ihr nicht geben konnte.
    »Mir war es nicht scheißegal«, sage ich. »Aber jetzt ist es das.« Carmen verpasst mir eine Ohrfeige. »Fick dich, Alex.«
    »Ehestreitigkeiten?«, fragt Javier gedehnt vom Fahrersitz des Autos.
    » Cállate «, erwidern Carmen und ich im Chor.
    Und dann macht Carmen auf dem Absatz kehrt, stolziert zum Auto zurück und lässt sich auf den Rücksitz gleiten. Ich beobachte, wie sie Sams Kopf zu sich zieht. Die Geräusche ihrer wilden Knutscherei und ihr Gestöhne erfüllen den Raum.
    Javier ruft: »Enrique, öffne die Tür. Wir hauen ab.«
    Raul, der zum Pissen auf dem Klo war, fragt mich: »Alex, kommst du? Wir brauchen dich, Mann. Paco kämpft heute Nacht im Gilson Park gegen die Satin Hood. Du weißt, die Hood kämpfen nie fair.«
    Paco hat mir nichts von dem Kampf erzählt. Wahrscheinlich, weil er genau wusste, dass ich versuchen würde, es ihm auszureden. Manchmal bringt sich mein bester Freund in Situationen, aus denen er nicht mehr rauskommt.
    Und manchmal lassen mir diese Situationen keine andere Wahl als mitzumischen.
    »Ich bin dabei«, sage ich und springe auf den Beifahrersitz, sodass Raul nichts anderes übrigbleibt, als sich auf die Rückbank zu den beiden Turteltauben zu quetschen.
    Einen Block vom Park entfernt, werden wir langsamer. Eine unerträgliche Spannung liegt in der Luft, ich fühle sie in den
Knochen. Wo ist Paco? Lässt er sich gerade in irgendeiner Hintergasse die Seele aus dem Leib prügeln?
    Es ist dunkel. Flackernde Schatten bereiten mir eine Gänsehaut. Alles wirkt bedrohlich, sogar die

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