Du oder das ganze Leben
Bäume, die sich im Wind wiegen. Tagsüber sieht Gilson Park wie jeder andere Vorortpark aus. Bis auf die LB-Graffiti an den Gebäuden, die den Park umgeben. Das ist unser Revier. Wir haben es markiert.
Wir bewegen uns in den Vororten von Chicago, herrschen in unserer Nachbarschaft und den Straßen, die hierher führen. Es ist ein Straßenkrieg, bei dem andere Gangs mit uns kämpfen, um uns unser Revier streitig zu machen. Drei Blocks weiter stehen Villen und Millionen-Dollar-Häuser. Aber hier, in der knallharten Realität, wütet der Straßenkrieg weiter. Den Leuten in ihren sauteuren Hütten ist noch nicht mal bewusst, dass wenige Meter von ihren Hintergärten entfernt jeden Moment die Schlacht beginnen kann.
»Da ist er«, sage ich und deute auf zwei Silhouetten, die ein paar Schritte von den Schaukeln entfernt stehen. Die Straßenlaternen sind aus, aber ich erkenne sofort, welcher der beiden Paco ist. Er hat einen gedrungenen Körper und seine Haltung erinnert an einen Wrestler kurz vor dem Kampf. Das ist sein Markenzeichen.
Als die eine Silhouette die andere stößt, springe ich aus dem Auto, obwohl es sich noch bewegt. Denn fünf weitere Hoods kommen die Straße hinunter. Ich bin bereit, Seite an Seite mit meinem besten Freund zu kämpfen. Den Gedanken, dass diese Auseinandersetzung für uns alle in der Leichenhalle enden könnte, schiebe ich beiseite. Wenn ich voller Selbstbewusstsein und Feuer in einen Kampf hineingehe, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, gewinne ich ihn. Wenn ich zu viel darüber nachdenke, wäre das mein Untergang.
Ich stürme auf Paco und den Satin Hood zu und bin an der
Seite meines besten Freundes, bevor die anderen die beiden erreichen. Paco schlägt sich gut, aber der Satin Hood ist wie ein Wurm, er entwindet sich Pacos Griff. Ich packe den Hood grob am T-Shirt und zerre ihn hoch, meine Fäuste erledigen den Rest.
Bevor er wieder aufstehen und mich angreifen kann, starre ich Paco wütend an.
»Ich übernehm ihn, Alex«, sagt Paco und wischt sich das Blut von seiner Lippe.
»Na schön, aber was ist mit denen?«, frage ich, den Blick fest auf die fünf Hoods hinter ihm gerichtet.
Jetzt, wo ich sie mir genauer ansehe, erkenne ich, dass diese Typen alle Frischlinge sind. Bis obenhin voll mit Testosteron und sonst fast nichts. Mit Frischlingen werde ich fertig. Aber Frischlinge mit einer Waffe sind durchaus gefährlich.
Javier, Carmen, Sam und Raul stehen neben mir. Ich muss zugeben, wir sind eine furchteinflößende Truppe, sogar Carmen. Unsere Blutsschwester kann sich in einem Kampf behaupten und ihre Fingernägel sind nahezu tödlich.
Der Typ, den ich von Paco weggezerrt habe, steht auf und zeigt auf mich. »Du bist tot.«
»Hör zu, enano «, erwidere ich. Kleine Typen hassen es, wenn man sich über ihre Größe lustig macht und ich kann einfach nicht widerstehen. »Kehrt auf euer eigenes Grün zurück und überlasst dieses Drecksloch uns.«
Enano zeigt auf Paco. »Er hat mein Lenkrad gestohlen, Mann.«
Ich blicke zu Paco rüber. Es sieht ihm ähnlich, etwas so Dämliches zu stehlen, um einen Satin Hood zu verspotten. Als ich zu Enano zurückblicke, sehe ich, dass er jetzt ein Klappmesser in der Hand hält. Und er zielt damit direkt auf mich.
Oh, Mann. Wenn ich mit diesen Hoods fertig bin, werde ich meinen besten Freund umbringen.
13
Brittany
Seit wir das Thema für unsere Facharbeit bekommen haben, war mein Chemiepartner nicht mehr in der Schule. Eine Woche später schlendert er schließlich in die Klasse. Ich bin total angepisst, denn egal, was bei mir zu Hause abgeht, ich komme immer zur Schule.
»Nett von dir, mal wieder vorbeizuschauen«, sage ich.
»Nett, dass es dir auffällt«, erwidert er und zieht das Bandana vom Kopf.
Mrs Peterson betritt den Raum. Als sie Alex sieht, wirkt sie erleichtert. Sie atmet kurz durch, dann sagt sie: »Eigentlich wollte ich heute einen unangekündigten Test schreiben, aber stattdessen lasse ich euch mit euren Partnern in der Bibliothek recherchieren. Ein grober Entwurf eurer Arbeit ist in zwei Wochen fällig.«
Colin und ich gehen Hand in Hand zur Bibliothek. Alex ist irgendwo hinter uns und unterhält sich auf Spanisch mit seinen Freunden.
Colin drückt meine Hand. »Sollen wir uns nach dem Training treffen?«
»Ich kann nicht. Nach dem Cheerleading muss ich direkt nach Hause.« Baghda hat am Samstag das Handtuch geschmissen und meine Mom ist total ausgetickt. Bis sie jemand anderen findet, muss ich sie
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