Du oder das ganze Leben
Projektarbeit«, sagt er. »Handwärmer. Petersons Kurs. Chemie.«
Ich schüttle den Kopf, um all die lächerlichen Gedanken aus meinem hormongesteuerten Teeniehirn zu schleudern. Ich muss geistig umnachtet sein. »Ja genau, Handwärmer.« Ich öffne mein Chemiebuch.
»Brittany?«
»Was?«, erwidere ich, die Wörter auf der Buchseite anstarrend. Ich habe keinen Schimmer, was ich da gerade lese, denn das Ganze ist mir so peinlich, dass ich mich nicht konzentrieren kann.
»Du hast mich angesehen, als wolltest du mich küssen.«
Ich lache gezwungen. »Ja, klar«, sage ich sarkastisch.
»Keiner sieht uns zu, du könntest es also versuchen. Ich will ja nicht angeben, aber ich bin so was wie ein Experte auf dem Gebiet.«
Er schenkt mir ein laszives Lächeln, eins, das wahrscheinlich geschaffen wurde, um Mädchenherzen auf der ganzen Welt zum Schmelzen zu bringen.
»Alex, du bist nicht mein Typ.« Ich muss ihm kontra geben, damit er aufhört, mich anzusehen, als hätte er Dinge mit mir vor, die ich bisher nur vom Hörensagen kenne.
»Du stehst wohl nur auf weiße Typen?«
»Hör auf damit«, fauche ich ihn mit zusammengebissenen Zähnen an.
»Womit?«, fragt er und wird plötzlich ernst. »Es ist doch die Wahrheit, oder?«
Mrs Peterson ist mit einem Mal wieder bei uns. »Wie kommt ihr mit eurem Exposé zurecht?«, will sie wissen.
Ich setze ein künstliches Lächeln auf. »Fantastisch.« Unter dem strengen Blick von Mrs Peterson hole ich die Blätter mit den Recherchen aus der Tasche, die ich zu Hause gemacht habe. »Ich habe gestern Abend einiges über Handwärmer herausgefunden. Wir müssen eine Lösung von sechzig Gramm Natriumacetat und hundert Milliliter Wasser bei einundzwanzig Grad erhitzen.«
»Falsch«, sagt Alex.
Ich blicke hoch und merke, dass Mrs Peterson gegangen ist. »Wie bitte?«
Alex verschränkt die Arme vor der Brust. »Du liegst falsch.«
»Das glaube ich nicht.«
»Glaubst du etwa, du liegst nie daneben?«
Er sagt es, als sei ich eine kleine dumme Superblondine, was mein Blut erst richtig zum Kochen bringt. »Natürlich tue ich
das«, sage ich. Ich lasse meine Stimme so hoch und atemlos klingen wie die eines echten Blondchens. »Erst letzte Woche habe ich zartrosa Lipgloss von Bobbi Brown gekauft, wo doch ein kräftiges Pink so viel besser zu meinem Teint gepasst hätte. Überflüssig zu erwähnen, dass dieser Kauf ein totaler Reinfall war.« Wahrscheinlich hat er erwartet, etwas in der Art aus meinem Mund kommen zu hören. Ich frage mich, ob er mir die Nummer abnimmt oder ob er meinen sarkastischen Unterton bemerkt hat.
»Darauf würde ich wetten«, sagt er.
»Und du? Hast du etwa noch nie falsch gelegen?«, frage ich ihn.
»Doch, selbstverständlich«, erwidert er. »Letzte Woche, als ich diese Bank neben dem Walgreens ausgeraubt habe, hab ich dem Mann hinter dem Schalter befohlen, alle Fünfziger rauszurücken, die er in der Kasse hatte. Dabei hätte ich mir lieber die Zwanziger geben lassen sollen, denn davon waren viel mehr da.«
Okay, er hat also mitbekommen, dass ich ihn verarscht habe. Und er hat den Ball mit seinem eigenen lächerlichen Szenario sofort zu mir zurückgespielt, was mich etwas durcheinanderbringt, da es heißt, dass wir einander auf irgendeine kranke Art und Weise doch ähnlich sind. Ich lege eine Hand auf die Brust und schnappe nach Luft, spiele das Spiel mit. »Was für eine Katastrophe.«
»Ich schätze also, wir können beide falsch liegen.«
Ich recke das Kinn in die Luft und verkünde eigensinnig: »Was Chemie angeht, liege ich richtig. Im Gegensatz zu dir nehme ich diesen Kurs nämlich ernst.«
»Dann lass uns wetten. Wenn ich recht habe, küsst du mich«, schlägt er vor.
»Und wenn ich recht habe?«
»Such dir was aus.«
Ich grinse. Das ist, als würde man einem Kind seine Süßigkeiten wegnehmen. Mr Machos Ego wird einen empfindlichen Dämpfer erleiden und ich bin nur allzu glücklich darüber, dass ich diejenige sein werde, die ihm diesen Dämpfer verpasst. »Wenn ich gewinne, wirst du mich und diese Arbeit ernst nehmen«, erkläre ich ihm. »Du nervst mich nicht mehr, du gibst keine blöden Kommentare mehr ab.«
»Einverstanden. Ich würde mir übrigens mies vorkommen, wenn ich dir nicht erzählen würde, dass ich ein fotografisches Gedächtnis besitze.«
»Alex, ich würde mich mies fühlen, wenn ich dir nicht sagen würde, dass ich die Infos direkt aus dem Buch abgeschrieben habe.« Ich blicke auf meine Rechercheergebnisse, dann
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