Du oder das ganze Leben
ich.
Colin wirft mir sein strahlendes Eine-Millionen-Watt-Lächeln zu. »Aber klar doch.«
»Bring sie bitte bis halb elf zurück«, ruft meine Mom uns hinterher. Als ob ein Mädchen mit festen Ausgehzeiten automatisch moralisch höher stünde. Es ist lächerlich, aber ich sehe Shelley an und schlucke meine Widerworte runter.
»Sie können sich darauf verlassen, Mrs Ellis«, erwidert Colin.
Als wir in seinem Mercedes sitzen, frage ich: »Welchen Film wollen wir sehen?«
»Planänderung. Die Firma meines Vaters hat Tickets für ein Spiel der Cubs. In einer VIP-Lounge direkt hinter der Homeplate. Baby, wir werden die Cubbies sehen.«
»Wie cool. Meinst du, wir sind um halb elf wieder da?« Denn zweifellos wird meine Mom mich auf der Türschwelle erwarten.
»Wenn sie keine zusätzlichen Innings spielen. Glaubt deine Mom etwa, du verwandelst dich in einen Kürbis oder so?«
Ich nehme seine Hand in meine. »Nein. Es ist nur, dass ich nicht möchte, dass sie sich aufregt.«
»Ich will dir nicht zu nahe treten, aber deine Mom ist seltsam. Ich würde sie nicht von der Bettkante stoßen, aber sie ist total durchgeknallt.«
Ich ziehe meine Hand zurück. »Iih! Colin, du hast gerade gesagt, du würdet mit meiner Mutter ins Bett gehen! Das ist so was von widerlich.«
»Bitte, Brit.« Er wirft mir einen kurzen Blick zu. »Deine Mom sieht eher aus wie deine Zwillingsschwester und nicht wie deine Mutter. Sie ist heiß.«
Sie trainiert viel, ich muss zugeben, ihr Körper sieht eher wie der einer Dreißigjährigen als der einer Fünfundvierzigjährigen aus. Aber mir vorzustellen, dass mein Freund auf meine Mutter steht, ist einfach ekelhaft.
Beim Stadion angekommen führt mich Colin zu der Firmenloge seines Vaters. Sie ist voller Leute aus den verschiedenen Downtown-Anwaltskanzleien. Colins Eltern begrüßen uns. Seine Mom umarmt mich und küsst die Luft über meiner Wange, bevor wir uns unter die Leute mischen.
Ich beobachte, wie Colin sich mit den anderen Leuten in der Loge unterhält. Er fühlt sich so wohl dabei wie ein Fisch im Wasser. Er ist in seinem Element. Er schüttelt Hände, lächelt breit und lacht über jeden Witz, sei er nun lustig oder nicht.
»Lass uns das Spiel von den Sitzen da vorn aus ansehen«, sagt er und führt mich zu den Logenplätzen, nachdem wir uns an der Theke mit Hot Dogs und Getränken eingedeckt haben.
»Ich hoffe auf ein Praktikum bei Harris, Lundstrom und Wallace nächsten Sommer«, erzählt er mir leise. »Also muss ich diesen Typen ein bisschen um den Bart gehen.«
Als Mr Lundstrom sich neben uns setzt, wechselt Colin in den Geschäftsmodus. Ich sehe voller Bewunderung zu, wie er sich mit Mr Lundstrom unterhält, als wären sie alte Freunde. Mein Freund hat definitiv die Gabe, Menschen um den Finger zu wickeln.
»Ich habe gehört, du möchtest in die Fußstapfen deines Vaters treten«, sagt Mr Lundstrom.
»Ja, Sir«, erwidert Colin. Dann unterhalten sie sich über Football und Aktienwerte und was immer Colin noch einfällt, damit Mr Lundstroms Redefluss nicht versiegt.
Megan ruft mich auf dem Handy an und ich fasse die Höhepunkte des Spiels für sie zusammen und wir quatschen, während ich darauf warte, dass Colin sein Gespräch mit Mr Lundstrom beendet. Sie erzählt mir, wie cool es in dieser Diskothek mit Namen Club Mystique gewesen ist, die auch Leuten unter einundzwanzig Einlass gewährt. Sie ist sich sicher, Sierra und ich werden es dort lieben.
In der kurzen Pause im siebten Inning stehen Colin und ich auf und singen das traditionelle Take me out to the Ball Game mit. Wir singen total schief, aber das spielt keine Rolle, denn es klingt, als sängen Tausende Cub-Fans genauso falsch wie wir. Es fühlt sich gut an, auf diese Art mit Colin zusammen zu sein, Spaß zu haben. Und ich denke, dass ich in letzter Zeit zu kritisch war, was unsere Beziehung angeht.
Um Viertel vor zehn drehe ich mich zu Colin und sage ihm, dass wir aufbrechen müssen, auch wenn das Spiel noch nicht vorbei ist.
Er nimmt meine Hand in seine. Ich gehe davon aus, dass er das Gespräch mit Mr Lundstrom abbrechen und sich empfehlen wird. Stattdessen ruft Mr Lundstrom Mr Wallace dazu.
Während die Minuten verrinnen, werde ich immer nervöser. Zu Hause gibt es schon genug Spannungen. Ich möchte keine weiteren verursachen. »Colin …«, sage ich und drücke seine Hand.
Er legt mir zur Antwort den Arm um die Schulter.
Auf dem Höhepunkt des neunten Innings, es ist inzwischen nach zehn, sage ich:
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