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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Elkeles
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sondern blaues.
    »Nein, es ist nicht okay«, protestiert sie und schüttelt den Kopf. »Deine Stiche bluten.«
    »Die Wunde ist geklammert«, korrigiere ich sie oberlehrerhaft und versuche damit, die Stimmung aufzuheitern. Brittany ist noch weißer, als sie normalerweise ist. Und sie atmet schwer, beinah keuchend. Wenn sie in Ohnmacht fällt, werde ich die Wette gegen Lucky garantiert verlieren. Wenn sie mit einem kleinen Rinnsal meines Blutes schon solche Probleme hat, wie soll sie es dann gebacken kriegen, Sex mit mir zu haben? Außer, wir wären nicht nackt und sie müsste meine zahlreichen Narben nicht sehen. Oder wenn es dunkel wäre, dann könnte sie sich vormachen, ich wäre weiß und reich. Nein, verdammt, ich
will unbedingt, dass das Licht an ist! Ich will ihren Körper an meinem spüren und in ihren Augen lesen, dass sie weiß, sie ist mit mir zusammen und nicht mit irgendeinem anderen culero .
    »Alex, alles okay?«, fragt Brittany und sieht mich aufrichtig besorgt an.
    Soll ich ihr erzählen, dass ich neben der Spur bin, weil ich mir gerade vorgestellt habe, Sex mit ihr zu haben?
    Mrs P. kommt mit strengem Gesichtsausdruck durch den Gang auf uns zu. »Wir sind hier in einer Bibliothek, ihr zwei. Seid bitte etwas leiser.« Doch dann bemerkt sie die schmale Blutspur, die sich meinen Arm hinunterschlängelt und meinen Ärmel tränkt. »Brittany, bring ihn zur Krankenschwester. Alex, das nächste Mal kommst du bitte mit einem Verband über deiner Wunde zur Schule.«
    »Kein bisschen Mitgefühl Mrs P.? Ich verblute gerade jämmerlich.«
    »Tu etwas, um der Menschheit zu helfen, Alex. Dann bekommst du mein Mitgefühl. Leute, die sich auf Messerkämpfe einlassen, dürfen mit nichts als meiner Abscheu rechnen. Jetzt geh und lass dich verarzten.«
    Brittany nimmt mir die Bücher ab und sagt mit bebender Stimme: »Komm schon.«
    »Ich kann die Bücher selbst tragen«, sage ich zu ihr, als ich ihr aus der Bibliothek folge. In der Hoffnung, so die Blutung zu stoppen, drücke ich den Ärmel meines T-Shirts auf die Wunde.
    Sie geht vor mir her. Wenn ich ihr jetzt erzähle, dass ich ihre Hilfe beim Gehen brauche, weil ich das Gefühl habe, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen, würde sie mir dann glauben und zu meiner Rettung eilen? Vielleicht sollte ich stolpern … Aber, wie ich sie kenne, wäre ihr das egal.
    Direkt vor der Tür des Krankenzimmers dreht sie sich zu
mir um. Ihre Hände zittern. »Es tut mir so leid, Alex. I-ich … woll-wollte nicht …«
    Oh nein, sie wird hysterisch. Wenn sie anfängt zu weinen, werde ich nicht wissen, was ich tun soll. Mit weinenden Hühnern kenne ich mich überhaupt nicht aus. Ich glaube nicht, dass Carmen während unserer gesamten Beziehung auch nur einmal geweint hat. Ich würde noch nicht einmal meine Hand dafür ins Feuer legen, dass Carmen überhaupt Tränendrüsen hat. Auf jeden Fall hat mich das damals angemacht, weil gefühlsduselige Bräute mir Angst einjagen.
    »Ähm … bist du okay?«, frage ich.
    »Wenn sich das rumspricht, werde ich das nicht mehr los. Oh Gott, wenn Mrs Peterson meine Eltern anruft, bin ich tot. Oder ich werde mir zumindest wünschen, tot zu sein.« Sie redet und zittert immer weiter, als sei sie ein Auto mit miesen Stoßdämpfern ohne Bremsen.
    »Brittany?«
    »… und meine Mom wird mir die Schuld geben. Es ist meine Schuld, ich weiß. Aber sie wird dermaßen ausflippen und dann werde ich alles erklären müssen und hoffen, sie …«
    Bevor sie ein weiteres Wort sagen kann, brülle ich »Brittany!«. Sie sieht mich so verwirrt an, dass ich nicht weiß, ob ich Mitleid mit ihr haben oder verblüfft darüber sein soll, dass sie anscheinend nicht aufhören kann zu blubbern. »Du bist hier diejenige, die gerade ausflippt«, kommentiere ich das Offensichtliche.
    Ihre Augen, die normalerweise klar und wach blicken, sind jetzt verhangen und ausdruckslos, als wäre sie nicht ganz bei sich.
    Sie guckt nach unten, lässt ihren Blick schweifen, sieht überallhin, nur nicht zu mir.
    »Nein, tue ich nicht. Mir geht’s gut.«
    »Das kannst du deiner Großmutter erzählen. Sieh mich an.«

    Sie zögert. »Mir geht’s gut«, sagt sie und konzentriert ihren Blick auf einen Spind auf der anderen Seite des Flurs. »Vergiss einfach alles, was ich gerade gesagt habe.«
    »Wenn du mich nicht auf der Stelle anguckst, blute ich den ganzen Fußboden voll und brauch’ne beschissene Transfusion. Sieh mich an, verdammt noch mal.«
    Sie atmet immer noch schwer, als sie mich

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