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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Elkeles
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»Hector?« Das Letzte, was ich will, ist, dass mein Bruder in Hectors Dunstkreis gerät.
    Wil, dessen riesiges Shirt über die Hose hängt, verpasst Carlo einen Schlag auf die Schulter, damit er die Klappe hält. Mein Bruder schließt seinen Mund, als könnte jeden Moment etwas hineinfliegen. Ich schwöre, ich verpasse ihm einen Tritt in den Hintern, der ihn von hier bis Mexiko katapultiert, wenn er auch nur eine Sekunde darüber nachdenkt, ein Latino Blood zu werden.
    »Fuentes, spielst du jetzt oder nicht?«, brüllt jemand vom Spielfeld aus.
    Ich verberge meine Wut und frage meinen Bruder und seinen sogenannten Freund: »Spielt ihr mit?«
    »Nö. Wir hängen lieber bei mir ab«, erwidert Wil.
    Ich zucke die Achseln, als wäre es mir völlig gleich, obwohl das ganz und gar nicht der Fall ist. Qué me importa!
    Ich kehre aufs Spielfeld zurück, auch wenn ich Carlos viel lieber am Ohr packen und nach Haus schleifen würde. Aber ich kann mir nicht erlauben, eine Szene zu provozieren, von der Hector womöglich erfährt und beginnt, meine Loyalität in Frage zu stellen.
    Manchmal fühlt es sich an, als sei mein Leben eine einzige große Lüge.
    Carlos verschwindet mit Wil. Das in Kombination mit der Tatsache, dass ich Brittany einfach nicht aus dem Schädel bekomme, macht mich verrückt. Als das Spiel endlich weitergeht, bin ich völlig durch den Wind. Plötzlich habe ich das Gefühl, die Spieler der andern Mannschaft seien nicht mehr die Jungs,
die ich seit Ewigkeiten kenne, sondern meine Feinde, die zwischen mir und allem stehen, das ich im Leben erreichen will. Ich erkämpfe mir den Ball.
    »Foul!«, schreit mich der Cousin einer meiner Freunde an, als ich mit ihm zusammenpralle.
    Ich hebe abwehrend die Hände. »Das war kein Foul.«
    »Du hast mich gestoßen.«
    »Sei kein panocha «, erwidere ich im vollen Bewusstsein, es gewaltig zu übertreiben.
    Ich will den Kampf. Ich fordere ihn geradezu heraus. Und er weiß es. Der Typ ist ungefähr so groß wie ich und ähnlich schwer. Mein Adrenalinpegel steigt rasant.
    »Du willst ein Stück von mir, pendejo ?«, sagt er, die Arme zur Seite gestreckt wie ein Vogel im Gleitflug.
    Einschüchterungsversuche ziehen bei mir nicht. »Komm und hol es dir.«
    Paco kommt angerannt und schiebt sich zwischen uns. »Alex, reg dich ab!«
    »Kämpft oder spielt!«, ruft jemand.
    »Er hat gesagt, ich hätte ihn gefoult«, stoße ich hervor, während das Blut in meinen Ohren rauscht.
    Paco zuckt gleichgültig die Schultern. »Hast du auch.«
    Wenn selbst mein bester Freund nicht mehr zu mir hält, ist das ein sicheres Zeichen, dass ich jedes Maß verloren habe. Ich sehe mich um. Alle warten darauf, was ich tun werde. Mein Adrenalin schreit nach Action, passend zu ihrer gestiegenen Erwartung. Will ich überhaupt kämpfen? Auf jeden Fall, und sei es nur, um diese unbändige Energie aus meinem Körper zu bekommen. Und um zu vergessen, und sei es nur für eine Minute, dass die Nummer meiner Chemiepartnerin in meinem Handy gespeichert ist. Und mein Bruder auf der Rekrutierungsliste der Latino Blood steht.

    Mein bester Freund drängt mich von dem Typen weg, der mir den Kopf abreißen will, und schubst mich an die Seitenlinie. Er ruft nach Ersatzspielern, die unsere Plätze auf dem Spielfeld einnehmen.
    »Warum hast du das getan?«, frage ich.
    »Um deine Haut zu retten, Mann. Alex, du bist komplett von der Rolle.«
    »Ich hätte diesen Kerl zusammengefaltet.«
    Paco sieht mir fest in die Augen und sagt: »Du bist hier derjenige, der sich wie ein panocha aufführt.«
    Ich schüttle seine Hände ab und stapfe davon, ohne einen Schimmer zu haben, wie ich innerhalb weniger Wochen mein Leben dermaßen gegen die Wand fahren konnte. Ich muss das wieder in Ordnung bringen. Ich kümmere mich um Carlos, wenn er heute Abend nach Hause kommt. Er wird sich eine Standpauke anhören müssen. Und Brittany …
    Sie wollte nicht, dass ich sie nach Hause fahre, weil sie nicht mit mir gesehen werden wollte. Scheiß drauf. Carlos ist nicht der Einzige, der sich eine Standpauke von mir verdient hat.
    Ich klappe mein Handy auf und wähle Brittanys Nummer.
    »Hallo?«
    »Hier ist Alex«, sage ich. »Wir treffen uns vor der Bücherei. Sofort.«
    »Ich kann nicht.«
    Das ist nicht die Brittany-Ellis-Show. Es ist die Alex-Fuentes-Show. »Der Deal lautet folgendermaßen, mamacita «, sage ich, während ich zu Hause ankomme und mich auf mein Motorrad schwinge. »Du bist entweder in fünfzehn Minuten vor der Bücherei

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