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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Elkeles
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großer Bruder, Carlos. Se nos fue mi papá , also bin ich derjenige, der dir etwas Vernunft einprügeln muss.« Ich sehe die Waffe an. Ihr Gewicht verrät mir, dass sie geladen ist. Scheiße. Wenn sie aus Versehen losgeht, könnte Carlos getötet werden. Wenn Luis sie fände … Scheiße, das ist wirklich übel.
    Carlos versucht aufzustehen, aber ich stoße ihn auf das Bett zurück.
    »Du läufst mit einem Bandana rum«, beschwert er sich. »Warum darf ich das nicht?«
    »Du weißt, wieso. Ich bin in der Gang, du nicht. Du wirst lernen, du wirst aufs College gehen und du wirst ein Leben haben.«
    »Du hast unser ganzes Leben schon so schön durchgeplant, was?«, schleudert Carlos mir ins Gesicht. »Von wegen, ich habe auch einen Plan.«
    »Es ist hoffentlich nicht der Plan, aufgenommen zu werden.«
    Carlos schweigt.
    Ich befürchte, ihn bereits verloren zu haben, und mein Körper erstarrt. Ich kann verhindern, dass er in die Gang aufgenommen wird, aber nur, wenn er es zulässt. Ich blicke das Foto über Carlos Bett an, es ist Destiny. Er hat sie diesen Sommer in Chicago kennengelernt, als wir uns das Feuerwerk zum vierten Juli auf dem Navy Pier angeguckt haben. Ihre Familie lebt in Gurnee und Carlos ist wie besessen von ihr. Sie telefonieren jeden Abend. Sie ist klug, sie ist Mexikanerin und als Carlos mich ihr vorstellen wollte und sie mich und meine Tattoos gesehen hat, sprangen ihre Augen vor Angst wie Pingpongbälle hin und her. So als glaubte sie, augenblicklich erschossen zu werden, nur weil sie sich mir bis auf einen Meter genähert hatte.

    »Meinst du etwa, Destiny wird noch mit dir ausgehen, wenn du ein Gangmitglied geworden bist?«, frage ich.
    Keine Antwort, was gut ist. Er denkt nach.
    »Sie lässt dich fallen, bevor du fünfundzwanzig Kaliber sagen kannst.«
    Carlos’ Blick wandert zu dem Bild an der Wand.
    »Carlos, frag sie, auf welches College sie gehen will. Ich wette, sie hat schon Pläne. Wenn du dieselben Pläne haben willst, ist das machbar.«
    Mein Bruder sieht zu mir hoch. In ihm tobt ein Kampf zwischen dem, von dem er weiß, dass es einfach zu erreichen wäre – wie das Leben in einer Gang – und den komplizierteren Dingen, die er sich wünscht – wie Destiny.
    »Hör auf, mit Wil rumzuhängen. Finde ein paar neue Freunde und spiel im Fußballteam der Schule mit oder so. Verhalte dich wie ein ganz normaler Junge und lass mich den Rest erledigen.«
    Ich stopfe die Beretta in den Bund meiner Jeans und verlasse das Gebäude Richtung Lagerhaus.

27
    Brittany
    Ich bin zu spät zum Spiel gekommen. Nachdem Alex gegangen war, habe ich mich bis auf die Unterwäsche ausgezogen und bin in das Becken gesprungen, um meine Schlüssel wiederzubekommen. Dank Alex wurde ich degradiert. Darlene, ehemalige Zweite Cheerleaderin, ist nun offiziell Erste. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, um in der Mädchenumkleide mein Haar zu trocknen und neues Make-up aufzulegen. Ms Small war außer sich, dass ich zu spät kam. Sie hat zu mir gesagt, ich könne mich glücklich schätzen, bloß degradiert worden und nicht hochkantig aus dem Team geflogen zu sein.
    Nach dem Spiel liege ich mit meiner Schwester im Wohnzimmer auf der Couch. Mein Haar riecht immer noch nach Chlor, aber ich bin zu müde, als dass es mir etwas ausmachen würde. Meine Augen fallen langsam zu, während ich im Anschluss an das Abendessen eine Realitysoap gucke.
    »Brit, wach auf, Colin ist da«, sagt meine Mom da plötzlich und schüttelt mich.
    Ich blinzle zu Colin hoch, der über mir aufragt. Er wirft die Hände in die Luft. »Bist du abfahrbereit?«
    Oh, Mann. Ich habe Shanes Party ganz vergessen, dabei steht der Termin seit Monaten im Kalender. Ich bin so was von nicht in der Stimmung. »Wie wäre es, wenn wir sie ausfallen ließen und zu Hause blieben?«

    »Machst du Witze? Alle erwarten uns dort. Du wirst auf keinen Fall die fetteste Party des Jahres verpassen!« Er sieht meine Jogginghose und mein T-Shirt an, auf dem Schon beim Checkup gewesen? steht. Ich habe es letztes Jahr bekommen, als ich beim Brustkrebslauf mitgemacht habe. »Ich warte, während du dich fertig machst. Beeil dich. Warum ziehst du nicht das kurze Schwarze an, auf das ich so stehe?«
    Ich schleppe mich zu meinem Kleiderschrank, um mich umzuziehen. In der Ecke, neben meinem DKNY-Oberteil, liegt Alex’ Bandana. Ich habe es gestern Abend gewaschen, aber ich schließe meine Augen und presse es an meine Nase, um zu sehen, ob das Stück Stoff noch nach ihm riecht. Alles,

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