Du oder das ganze Leben
wie unmöglich ist.
Die Polizei nennt es eine Arrestzelle, aber das ist bloß ein überkandideltes Wort für diesen Käfig. Dios sei Dank, ist es das erste Mal, dass ich hier bin. Und verflucht noch mal, ich bete, dass es mein letztes sein wird. ¡Lo juro!
Der Gedanke verstört mich, denn schließlich bin ich stets davon ausgegangen, mein Leben für meine Brüder zu opfern. Also dürfte es auch keine Rolle spielen, ob ich es eingesperrt verbringe oder nicht. Und plötzlich spielt es doch eine Rolle. Denn ganz tief in mir drin will ich dieses verkorkste Leben gar nicht. Ich träume von einer Zukunft, auf die ich stolz sein kann. Ich möchte, dass meine Mutter stolz auf mich ist, weil aus mir etwas anderes als ein Gangmitglied geworden ist. Und ich wünsche mir verzweifelt, dass Brittany mich für einen von den Guten hält.
Ich schlage mit dem Kopf gegen die Gitterstäbe, aber die Gedanken lassen sich nicht vertreiben.
»Ich habe dich schon öfter gesehen. Ich gehe auch auf die Fairfield High«, sagt ein kleiner weißer Typ in meinem Alter. Der Fruchtzwerg trägt ein himbeerrotes Polohemd und weiße Hosen, als käme er von einem Seniorengolfturnier.
Bleichgesicht versucht cool auszusehen, aber mit dem Himbeershirt … Mann, cool auszusehen, als ob das jetzt noch eine Rolle spielte.
Der Typ könnte sich genauso gut reicher Schnösel von der Northside auf die Stirn tätowieren lassen.
»Weshalb bist du hier?«, fragt Bleichgesicht, als wäre es eine ganz normale Frage zwischen zwei ganz normalen Leuten an einem stinknormalen Tag.
»Tragen einer Waffe.«
»Messer oder Pistole?«
Ich werfe ihm einen wütenden Blick zu. »Spielt das eine verfickte Rolle?«
»Ich versuche nur, Konversation zu machen«, sagt Bleichgesicht pikiert.
Sind alle weißen Leute so und reden, nur um ihre eigene Stimme zu hören? »Weshalb bist du hier?«, frage ich ihn.
Bleichgesicht seufzt. »Mein Dad hat die Cops gerufen und ihnen erzählt, dass ich sein Auto gestohlen hätte.«
Ich rolle mit den Augen. »Dein alter Mann hat dich in dieses Loch gesteckt? Mit Absicht?«
»Er dachte, er könne mir damit eine Lektion erteilen.«
»Na klar«, sage ich. »Die Lektion ist, dass dein alter Mann ein Arschloch ist.« Daddy hätte seinem Sohn mal lieber beibringen sollen, nicht als modischer Unfall durch die Gegend zu laufen.
»Meine Mom wird mich hier rausholen.«
»Bist du sicher?«
Bleichgesicht nimmt Haltung an. »Sie ist Anwältin und mein Dad hat das schon mal gemacht. Ein paar Mal. Ich glaube, um meiner Mom ans Bein zu pinkeln und ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie sind geschieden.«
Ich schüttle den Kopf. Weiße Leute.
»Es ist wahr«, ereifert sich Bleichgesicht.
»Ich bin sicher, dass es das ist.«
»Fuentes, du kannst jetzt deinen Anruf machen«, bellt der Cop auf der anderen Seite der Gitterstäbe.
Mierda , bei dem ganzen Geblubber von Bleichgesicht habe ich immer noch nicht entschieden, wen ich anrufen soll, damit er meine Kaution zahlt.
Die Erkenntnis trifft mich wie das fette rote D auf meinem Chemietest. Es gibt nur einen Menschen, der das Geld und ein
Interesse daran hat, mich aus diesem Schlamassel zu – holen Hector. Der Kopf der Latino Blood.
Ich habe Hector noch nie um einen Gefallen gebeten. Denn man weiß nie, wann Hector einen bittet, diesen Gefallen zu erwidern. Und wenn ich Hector etwas schulde, schulde ich ihm mehr als nur Geld.
Manchmal stellt das Leben einen vor unangenehme Entscheidungen.
Drei Stunden später, nachdem der Richter mich endlos zugetextet und meine Kaution festgesetzt hat, holt Hector mich vom Gerichtsgebäude ab. Er ist ein kräftiger Mann, mit zurückgegeltem Haar, das dunkler ist als mein eigenes und einer Haltung, die einem unmissverständlich klarmacht, dass man ihn besser nicht hintergeht.
Ich habe eine Menge Respekt vor Hector, weil er derjenige ist, der mich in die Bruderschaft aufgenommen hat. Er ist in derselben Stadt aufgewachsen wie papá , hat ihn gekannt, seit sie Kinder waren. Hector hat ein Auge auf mich und meine Familie, seit mein Vater gestorben ist. Er hat mir Ausdrücke wie »zweite Generation« und »Vermächtnis« beigebracht. Das werde ich ihm nie vergessen.
Hector schlägt mir auf den Rücken, als wir zum Parkplatz gehen. »Du bist an Richter Garrett geraten. Er ist ein knallharter Hurensohn. Du hast Glück, dass die Kaution nicht höher war.«
Ich nicke, das Einzige, was ich jetzt will, ist nach Hause. Als wir das Gerichtsgebäude hinter uns lassen, sage
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