Du oder der Rest der Welt
und nicht diese alte Ziege Frieda Fitzgibbons, würde ich bestimmt zum Unterricht kommen.« Er wackelt vielsagend mit seinen buschigen weißen Augebrauen und gibt mir einen Klaps auf den Hintern.
Ich drohe ihm mit dem Zeigefinger. »Hat Ihnen noch niemand gesagt, dass das sexuelle Belästigung ist?«, necke ich ihn.
»Ich bin ein geiler alter Mann, Süße. Zu meiner Zeit gab es so was wie sexuelle Belästigung noch nicht, und die Frauen ließen es zu, dass wir ihre Getränke bezahlten und ihnen die Türen aufhielten … und sie in den Hintern kniffen.«
»Ich lass mir gern von Männern die Tür aufhalten, solange sie dafür keinen Gefallen von mir erwarten. Auf das Potätscheln und -kneifen könnte ich dagegen gut verzichten.«
Er scheucht mich weg. »Ach, ihr Mädchen heutzutage wollt alles auf einmal … und noch viel mehr.«
»Hör nicht auf ihn, Kiara«, sagt Sylvia und winkt mich zu sich. »Du solltest dir einen netten Jungen suchen, einen echten Gentleman.«
»So was gibt es doch gar nicht«, mischt sich Mildred ein, die neben ihr sitzt.
Ein netter Junge. Ja, ich habe gedacht, Michael wäre nett – dabei hat er es noch nicht mal fertiggebracht, mich wie ein Gentleman abzuservieren. »Vielleicht bleibe ich einfach den Rest meines Lebens Single.«
Mildred und Sylvia schütteln vehement den Kopf, ihr schütteres weißes Haar fliegt hin und her. »Nein!«, protestieren beide.
»Das willst du nicht wirklich«, sagte Sylvia.
»Tu ich nicht?«
»Nö.« Sie wirft Mr Whittaker einen Blick zu. »Weil wir sie brauchen – die Männer –, obgleich sie die Inkarnation des Teufels sind.« Sie bedeutet mir, näher zu kommen. »Ich hätte nichts dagegen, wenn er meinen Hintern tätscheln würde.«
»Amen, Schwester«, sagt Mildred und streicht mit dem Pinsel über die Leinwand. Sie malt eine Silhouette, die verdächtig nach einem nackten Mann aussieht. »Warum bittest du diesen netten Burschen Tuck nicht mal, mitzukommen und für uns Modell zu stehen? Du hast gesagt, wir könnten auch mal lebende Objekte malen.«
»Ich hatte an einen Hund gedacht«, erwidere ich.
»Nein. Besorg uns ein männliches Modell.«
»Ich male doch keinen Kerl«, ruft Mr Whittaker quer durch den Raum. »Kiara soll Modell stehen.«
»Ich kann noch nichts versprechen«, sage ich der Klasse. Ich werde Tuck nachher anrufen und ihn fragen, ob er Modell für meine alten Leutchen spielen will. So wie ich ihn kenne, macht er vielleicht mit.
Carlos
»Heeey«, singt Madison. »Ich bin zurück.«
Und sie hat ungefähr zehn weitere Leute im Schlepptau, die sich jetzt alle um die Bong versammeln. Die Pfeife macht die Runde. Ich frage mich, was Kiara und ihre Freunde heute Nacht machen. Ich wette, sie lernt für die Prüfungen oder so, damit sie auf ein gutes College gehen kann, während ich auf einer Bong-und-Pillen-Party bin.
Nick reiht die Pillen auf einem Tablett auf. Irgendwie erinnert mich das an die Pu-pu-Platte vom Chinesen.
Als Madison mir die Bong mit einem breiten Grinsen reicht, möchte ich Kiara und Prüfungen, das College und das Vernünftigsein einfach vergessen. Ich bin ein Gangster, also sollte ich mich endlich wie einer benehmen.
Ich nehme einen Hit und ziehe den süßen Rauch tief in meine Lunge. Der Stoff ist ganz schön stark, denn ich spüre seine Wirkung bereits, als ich die Bong an die Person weitergebe, die neben mir sitzt. Als die Wasserpfeife mich erneut erreicht, nehme ich einen langen, langsamen Zug. Beim vierten Mal bin ich so stoned, dass mir Kiara und ihre Plätzchen und Alex, der sich ständig in mein Leben einmischt, ebenso egal sind wie die Tatsache, dass ich Brittany angelogen habe, als ich ihr versprochen habe, ich würde heute Nacht weder trinken noch Drogen nehmen.
In diesem Moment möchte ich nur über solch lebenswichtige, brennenden Fragen nachdenken, wie … »Warum rasiert Nazi-Schatzi ihren Damenbart nicht?«
»Vielleicht ist sie in Wahrheit ein Mann, und die Frauenkleidung ist nur Tarnung«, sagt Nick.
»Aber warum würde ein Mann sich zur Tarnung als hässliche Frau verkleiden?«, frage ich. Also mal echt.
»Vielleicht ist er ein hässlicher Mann und hat keine andere Wahl.«
»Klingt logisch.« Ich sehe zu, wie Madison einen weiteren Zug nimmt. Sie merkt, dass ich sie beobachte, lächelt mir zu und rutscht auf meinen Schoß. Dann fährt sie sich mit der Zunge über die Lippen. Wenn man sich ihre lange Zunge mit der spitzen Zungenspitze so ansieht, könnte man meinen, sie hätte Leguane
Weitere Kostenlose Bücher