Du oder der Rest der Welt
zu.
Ich nicke zurück. »Was geht?«
Madison setzt sich zu Nick, greift sich die Bong und ein Feuerzeug, das danebenliegt, und nimmt einen wirklich langen Zug. Alle Achtung, das Mädchen weiß, wie man inhaliert.
»Nick wollte dich kennenlernen«, berichtet sie mir. Mir fällt auf, dass ihre Augen blutunterlaufen sind, und ich frage mich, wie viele Züge sie schon hatte, bevor ich gekommen bin.
Lacey steckt ihren Kopf in den Raum. »Madison, ich brauche dich!«, kreischt sie. »Komm her!«
Madison verspricht, gleich wieder zu kommen, und stolpert aus dem Zimmer.
Nick winkt mich auf das Sofa zu sich. »Setz dich.«
Der Typ ist viel zu glatt und ich bin plötzlich auf der Hut. Ich kenne das Spiel, weil ich schon hundert Nicks in meinem Leben gesehen habe. Himmel, in Mexiko war ich der Nick.
»Du dealst mit dem Zeug?«, frage ich.
Er gluckst. »Wenn du was kaufen willst, deale ich damit.« Er hält mir die Bong hin. »Mal ziehen?«
Ich halte die Bierdose hoch. »Später.«
Er sieht mich mit schmalen Augen an. »Du bist doch kein Bulle, oder?«
»Seh ich etwa aus wie einer?«
Er zuckt mit den Achseln. »Man kann nie wissen. Heutzutage kommen die Bullen in allen möglichen Größen und Formen daher.«
Ich muss plötzlich an Kiara denken. Sie ist tatsächlich zu meinem täglichen Unterhaltungsprogramm geworden. Jedes Mal, wenn ich mich ins Zeug lege, um sie auf die Palme zu bringen, weide ich mich an ihrer Reaktion. Ihre rosafarbenen Lippen bilden jedes Mal einen dünnen Strich, wenn ich einen verbotenen Kommentar abgebe oder mit einem Mädchen flirte. Egal, was ich ihr gegenüber behauptet habe, und egal, wie viele Plätzchenkrümel in meinem Spind verstreut sind, ich werde es vermissen, sie als Buddy zu haben.
Ich habe noch nicht entschieden, was ich tun werde, um mich bei ihr für die Plätzchennummer zu revanchieren. Was immer es sein wird, sie wird auf keinen Fall damit rechnen.
»Ich habe gehört, Madison will dir an die Wäsche«, sagt Nick und zieht gleichzeitig ein Tütchen mit Pillen aus seiner Hosentasche. Er lässt sie auf den Tisch kullern.
»Tatsächlich?«, frage ich. »Von wem hast du das gehört?«
»Von Madison. Und weißt du, was?«
»Was?«
Er schmeißt sich eine kleine blaue Pille in den Mund und wirft den Kopf zurück, um sie zu schlucken. »Was Madison will, bekommt sie normalerweise auch.«
Kiara
»Ich bin farbenblind«, beklagt sich Mr Whittaker mit wehleidiger, kratziger Stimme, während er einen Pinsel in einen Becher mit brauner Farbe tunkt und damit über die Leinwand streicht. »Ist das hier grün? Wie soll ich etwas Anständiges malen können, wenn die Farben nicht mal beschriftet sind?«
Der Malkurs in der Langzeitbetreuungseinrichtung The Highlands, auch bekannt als Altenheim, wird nie langweilig. Der eigentliche Kunstlehrer hat gekündigt, und da ich sowieso schon ehrenamtlich geholfen hatte, habe ich die Klasse mehr oder weniger übernommen. Die Verwaltung stellt die Materialien zur Verfügung, und ich überlege mir Motive für alle, die Freitagabend nach dem Essen noch den Pinsel schwingen möchten.
Als ich zu Mr Whittaker eile, kommt eine kleine alte Dame mit schlohweißem Haar zu uns geschlurft. Ihr Name ist Sylvia. »Er ist nicht farbenblind«, krächzt Sylvia, entdeckt eine leere Staffelei und nimmt davor Platz. »Er ist einfach nur blind wie ein Maulwurf.«
Mr Whittaker sieht mit seinem schmalen, wettergegerbten Gesicht zu mir hoch, während ich neben ihm knie und die Farbschälchen mit einem dicken schwarzen Edding beschrifte. »Sie ist gekränkt, weil ich sie letzte Woche beim Tanztee nicht aufgefordert habe«, sagt er.
»Es hat mich gekränkt, dass du gestern beim Abendessen vergessen hast, deine Dritten reinzutun.« Sie winkt resigniert ab. »Er hat mir seinen zahnlosen Gaumen präsentiert. Ein schöner Casanova bist du mir«, sagt sie verstimmt.
»Weiber«, knurrt Mr Whittaker.
»Vielleicht tanzen Sie einfach nächstes Mal mit ihr, wenn Tanztee ist«, schlage ich vor. »Helfen ihr, sich wieder jung zu fühlen.«
Er streckt seine knotigen, arthritischen Hände nach mir aus und zieht mich näher. »Ich habe zwei linke Füße. Aber verrat das bloß nicht Sylvia, sie würde bloß auf mir rumhacken.«
»Hier wird doch bestimmt Tanzunterricht angeboten«, flüstere ich gerade so laut in sein Ohr, dass er mich hört, aber der Rest der Klasse nicht.
»Ich kann kaum laufen. Und aus mir wird kein Fred Astaire mehr. Wenn du jedoch die Tanzlehrerin wärst
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