Du oder die grosse Liebe
vollkommen anders als Schnee in Boulder.
Frau Remington erwartet mich am Empfang und teilt mich zur Arbeit mit einem Typen namens Richard ein. Er ist ein Mann mittleren Alters mit dünnem Haar, das sich kein bisschen bewegt. Entweder hat er es mit Haarspray zu Tode gebändigt oder es handelt sich um ein Haarteil.
In der Umkleide der Angestellten händigt man mir meine Uniform aus – weiße Hosen und ein steifes weißes Hemd, auf dessen Brust in eine kleine Krone das Wort Brickstone gestickt ist. Richard darf eine schwarze Hose und ein weißes Hemd tragen, dazu ein schwarzes Jackett und Fliege. Er sieht aus, als wolle er auf eine Hochzeit. Ich dagegen sehe aus wie ein Typ, der Eiskrem aus einem Eiswagen verkauft.
Ich verbringe den Abend als Richards Schatten. Mit zunehmender Stunde strömen die Gäste in den Salon. Ich helfe Richard, das Essen zu servieren, räume die Teller ab, fülle die Gläser auf und gleite mehr oder weniger problemlos durch den Abend.
Bis Nikki Cruz mit ein paar Freunden hereinspaziert. Abgesehen von ihr sind sie alle weiß, was mich nicht dermaßen ankotzen sollte, wie es der Fall ist. Es ist kein Wunder, dass Nikki ihre mexikanische Seite verleugnet … Sie gibt sich mit niemandem ab, der Mexikaner ist. Ich kenne keinen von ihren Leuten, aber einer der Jungs trägt ein schwarzes Poloshirt, auf das in goldenen Buchstaben die Worte Chicago Academy Golf Team gestickt sind.
Jeder weiß, dass die Chicago Academy eine exklusive private Highschool ist, auf die Kids mit einem Haufen Kohle gehen. Sie sind dafür bekannt, Megasnobs zu sein, die teure, spritschluckende Schlitten fahren. Ich wette, keiner dieser pendejos könnte einen Vergaser von einer Lichtmaschine unterscheiden.
Nikki hat ein tief ausgeschnittenes pinkfarbenes Sommerkleid an, das ihre Kurven betont. Verdammt, sie sieht heiß aus. Ich bin nicht der Einzige, dem das auffällt, denn die Typen von der Chicago Academy, die hinter ihr hermarschieren, starren ihr unverhohlen auf den Arsch.
Richard tippt mir auf die Schulter. »Du hast beinah Wasser über Mrs Steinberg geschüttet«, sagt er in einem nicht gerade begeisterten Ton.
»Entschuldigung«, murmle ich. Mist. Dass Nikki hier aufgetaucht ist, lenkt mich ab.
Ich beobachte, wie die Hostess Nikki und ihre Freunde zu einem Tisch in einer ruhigen Ecke beim Fenster führt. Wie es der Teufel will, gehört er zu Richards Bereich.
»Schenk ihnen Wasser ein«, sagt Richard und deutet auf Nikkis Tisch. Ihr leises Lachen über etwas, das eins der anderen Mädchen gesagt hat, dringt quer durch den Raum an mein Ohr.
Ich gehe mit einem Krug Eiswasser zu ihrem Tisch. Ich bin fürs Wasser verantwortlich. Alle Arten von Wasser. Der Hilfskellner ist für alle übrigen Getränke zuständig.
»Hätten Sie gerne Leitungswasser, Mineralwasser oder stilles Wasser?«, frage ich sie.
Nikki sieht mit großen Augen zu mir hoch. »Luis, was machst du hier?«
»Ich arbeite hier.«
»Du kennst ihn?«, fragt einer der Academy-Typen. Der Typ mustert mich, offenbar versucht er, mich einzuschätzen, dann fragt er sie: »Ist das dein Cousin?«
Nur weil wir beide Mexikaner sind, glaubt er, wir seien verwandt? Idiot.
»Nein, wir ähm …« Nikki stolpert über die Worte.
»Wir gehen zusammen zur Schule«, beende ich ihren Satz.
»Wie süß«, sagt der Typ. »Mein Dad ist auf die Fairfield gegangen, bevor sie South- und Northside zusammengelegt haben. Er sagt, jetzt sei sie unterstes Niveau.«
»Du bist so ein Snob«, sagt Nikki, eher belustigt als beleidigt über diesen Kommentar. »An der Fairfield herrscht Vielseitigkeit, kein spießiger Einheitsbrei wie an der Schule, auf die du gehst.«
»Du bist ebenso ein Snob, wie ich es bin, Süße«, sagt der Typ.
Derek und seine Freundin Kendall kommen rein und gesellen sich zu der Gruppe. Derek streckt die Hand aus, um meine zu schütteln. »Was geht, Mann? Du hast mir gar nicht erzählt, dass du hier arbeitest.«
»Mein Bruder kennt …«
Der Snob tippt mich am Ellbogen an. »Bring uns eine Flasche Mineralwasser«, befiehlt er und unterbricht mich mitten im Satz.
Derek knurrt ihn wütend an. »Mensch, Hunter. Bringen sie einem an deiner tollen Schule nicht bei, dass man andere nicht mitten im Satz unterbricht?«
Der Snob rollt mit den Augen. »Ich habe gerade achtzehn Löcher gespielt, Derek. Ich habe Durst. Verklag mich doch, weil ich den Kleinen um was zu trinken gebeten habe.«
»Schon gut«, sage ich zu dem Snob, aber insgeheim denke ich: den
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